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Sein und Raum. Versuch nach Einstein und Heidegger


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Rezension von

Daniel Bigalke

Sein und Raum. Versuch nach Einstein und Heidegger Mit Martin Heidegger wurde in der Philosophie erstmals schlüssig hergeleitet, dass das Dasein grundsätzlich räumlich ist. Es richtet sich gegen die metaphysisch motivierte Meinung, der Mensch sei zunächst ein geistiges Ding, das dann nachträglich „in“ einen Raum versetzt wird. Dem Zuhandenen gehört also wesentlich ein Platz, womit das Dasein wesenhaft räumlich in der Weise der Ent-fernung und der der Ausrichtung ist. Und nur weil das Dasein räumlich ist, kann es dem Zuhandenen nach Heidegger auch ontisch begegnen. Es war Carl Schmitt, der den Raumbegriff und seine Wandlung anschließend geopolitisch beschrieb. Jedesmal wenn durch einen neuen Vorstoß geschichtliche Kräfte, durch eine Entfesselung neuer Energien, neue Länder und Meere in den Gesichtskreis des menschlichen Gesamtbewußtseins eintreten, ändern sich für ihn die Räume geschichtlicher Existenz. Neue Ordnungen und neues Leben neuer oder wiedergeborener Völker entstehen. Dann kann man von Raumrevolution sprechen. Beispiele sind die Auswirkungen der Eroberungen Alexander des Großen, das Römische Reich im ersten Jahrhundert unserer Zeit und die Auswirkungen der Kreuzzüge auf die Entwicklung Europas. Cäsar erreichte die Raumvorstellung Europa mit dem Blick nach Nordwesten, der Eroberung Englands. Das europäische Mittelalter verlandete vollständig. Der Verfall des Römischen Reiches, der Islam und die Einbrüche der Araber und Türken haben nach Schmitt jahrhundertlange Verlandung und Verdunkelung Europas mit sich gebracht. Wir können hier von Territorialisierung sprechen. Europa war eine feudal-agrarische Landmasse geworden. In der neuen gotischen Kunst, in Architektur, Plastik und Malerei überwindet eine mächtiger Rhythmus der Bewegung den statischen Raum der vorangehenden romanischen Kunst und setzt an seine stelle ein dynamisches Kräftespiel, einen Bewegungsraum. Das gotische Gewölbe ist ein Gefüge, in dem die Teile und Stücke sich gegenseitig durch ihre Schwere im Gleichgewicht halten und einander tragen. Die Frage des Raumes – verknüpft mit der des Seins überhaupt ist damit umfassender als es scheint. Dem Verstehen des Raumes widmet sich der vorliegende Band von Richard van de Sandt. Universum ohne Urknall? Vorrangigkeit des Raums Raum als Existential? Können wir das Rätsel des Ursprungs des Universums lösen? Befreit sich der Raum von der fast schon tradierten Einklammerung gegenüber der gewichtigen Zeit? Brauchen wir nicht eine stetige Verbesserung des Raumverständnisses und der Raumverhältnisse? Eben diese Fragen mit Blick auf Heidegger und stellenweise anknüpfend an Carl Schmitt stellt der Autor in seinem Buch. Ihm geht es darum zu ergründen, wie es zu verhindern sei, dass das Raumgefühl entgleist und ob das Denken des Innen und das Denken des Außen eine gemeinsame Plattform finden können. Interessant sind die Philosophen und Wissenschaftler die der Autor hierfür zitiert. Insbesondere knüpft er an die Theorie Albert Einsteins an. Die Raumologie ist für van de Sandt „keine Fabel“, sondern beschreibt unseren Aufenthalt in der Textur andauernd sich verschiebender Mannigfaltigkeiten. Damit ein Anfang sei, wurde der Raum geschaffen. Neben vielen rezipierten Theorien zum Thema sticht vor allem eine erwähnte hervor, wonach das Sein einen unvorstellbar vollkommenen Seinszustand im Punkt Omega anstrebe. Diese Theorie stammt aus der Feder des Evolutionsphilosophen und Mönches Teilhard de Chardin. Schade nur, dass van de Sandt diese Theorie nicht weiter entfaltet, de Chardin selbst auch nicht weiter erwähnt. Kernelemente der Schrift in Anknüpfung an Heidegger sind, dass das Sein wesentlich Da-Sein als Geworfensein ist, in welchem sich ein tägliches Ringen und Durchstehen, Sich-Aufrichten und Sich-Anstrengen abspielt, womit das Dasein seine Existenzfähigkeit zu beweisen hat. Das Sein ist in diesem Sinne immer Suche nach Halt auf dem persönlichen Feldweg. Das Hinaustreten in die Welt durch die Geburt als Erscheinen im Raum und als Beginn des Feldweges ist immer der Übergang zur Präsenz und diese Präsenz ist zugleich immer eine Präsenz als Sein im Raum. So nimmt dieses Bändchen stellenweise eine sehr treffliche fatalistische Haltung ein, die der Leser durchaus nachvollziehen kann: Sein-Können als Entscheidung aus dem Selbst und als Kampf im Leben, in dem es sich zu bewähren gilt. – Eine exakte, nahezu tiefenphilosophische Analyse des Seins. Das Buch verdient es, gelesen und verstanden zu werden.

Mit Martin Heidegger wurde in der Philosophie erstmals schlüssig hergeleitet, dass das Dasein grundsätzlich räumlich ist. Es richtet sich gegen die metaphysisch motivierte Meinung, der Mensch sei zunächst ein geistiges Ding, das dann nachträglich „in“ einen Raum versetzt wird. Dem Zuhandenen gehört also wesentlich ein Platz, womit das Dasein wesenhaft räumlich in der Weise der Ent-fernung und der der Ausrichtung ist. Und nur weil das Dasein räumlich ist, kann es dem Zuhandenen nach Heidegger auch ontisch begegnen.

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Es war Carl Schmitt, der den Raumbegriff und seine Wandlung anschließend geopolitisch beschrieb. Jedesmal wenn durch einen neuen Vorstoß geschichtliche Kräfte, durch eine Entfesselung neuer Energien, neue Länder und Meere in den Gesichtskreis des menschlichen Gesamtbewußtseins eintreten, ändern sich für ihn die Räume geschichtlicher Existenz. Neue Ordnungen und neues Leben neuer oder wiedergeborener Völker entstehen. Dann kann man von Raumrevolution sprechen. Beispiele sind die Auswirkungen der Eroberungen Alexander des Großen, das Römische Reich im ersten Jahrhundert unserer Zeit und die Auswirkungen der Kreuzzüge auf die Entwicklung Europas. Cäsar erreichte die Raumvorstellung Europa mit dem Blick nach Nordwesten, der Eroberung Englands. Das europäische Mittelalter verlandete vollständig. Der Verfall des Römischen Reiches, der Islam und die Einbrüche der Araber und Türken haben nach Schmitt jahrhundertlange Verlandung und Verdunkelung Europas mit sich gebracht. Wir können hier von Territorialisierung sprechen. Europa war eine feudal-agrarische Landmasse geworden. In der neuen gotischen Kunst, in Architektur, Plastik und Malerei überwindet eine mächtiger Rhythmus der Bewegung den statischen Raum der vorangehenden romanischen Kunst und setzt an seine stelle ein dynamisches Kräftespiel, einen Bewegungsraum. Das gotische Gewölbe ist ein Gefüge, in dem die Teile und Stücke sich gegenseitig durch ihre Schwere im Gleichgewicht halten und einander tragen.

Die Frage des Raumes – verknüpft mit der des Seins überhaupt ist damit umfassender als es scheint.

Dem Verstehen des Raumes widmet sich der vorliegende Band von Richard van de Sandt. Universum ohne Urknall? Vorrangigkeit des Raums Raum als Existential? Können wir das Rätsel des Ursprungs des Universums lösen? Befreit sich der Raum von der fast schon tradierten Einklammerung gegenüber der gewichtigen Zeit? Brauchen wir nicht eine stetige Verbesserung des Raumverständnisses und der Raumverhältnisse? Eben diese Fragen mit Blick auf Heidegger und stellenweise anknüpfend an Carl Schmitt stellt der Autor in seinem Buch. Ihm geht es darum zu ergründen, wie es zu verhindern sei, dass das Raumgefühl entgleist und ob das Denken des Innen und das Denken des Außen eine gemeinsame Plattform finden können. Interessant sind die Philosophen und Wissenschaftler die der Autor hierfür zitiert. Insbesondere knüpft er an die Theorie Albert Einsteins an. Die Raumologie ist für van de Sandt „keine Fabel“, sondern beschreibt unseren Aufenthalt in der Textur andauernd sich verschiebender Mannigfaltigkeiten. Damit ein Anfang sei, wurde der Raum geschaffen. Neben vielen rezipierten Theorien zum Thema sticht vor allem eine erwähnte hervor, wonach das Sein einen unvorstellbar vollkommenen Seinszustand im Punkt Omega anstrebe. Diese Theorie stammt aus der Feder des Evolutionsphilosophen und Mönches Teilhard de Chardin. Schade nur, dass van de Sandt diese Theorie nicht weiter entfaltet, de Chardin selbst auch nicht weiter erwähnt.

Kernelemente der Schrift in Anknüpfung an Heidegger sind, dass das Sein wesentlich Da-Sein als Geworfensein ist, in welchem sich ein tägliches Ringen und Durchstehen, Sich-Aufrichten und Sich-Anstrengen abspielt, womit das Dasein seine Existenzfähigkeit zu beweisen hat. Das Sein ist in diesem Sinne immer Suche nach Halt auf dem persönlichen Feldweg. Das Hinaustreten in die Welt durch die Geburt als Erscheinen im Raum und als Beginn des Feldweges ist immer der Übergang zur Präsenz und diese Präsenz ist zugleich immer eine Präsenz als Sein im Raum. So nimmt dieses Bändchen stellenweise eine sehr treffliche fatalistische Haltung ein, die der Leser durchaus nachvollziehen kann: Sein-Können als Entscheidung aus dem Selbst und als Kampf im Leben, in dem es sich zu bewähren gilt. – Eine exakte, nahezu tiefenphilosophische Analyse des Seins.

Das Buch verdient es, gelesen und verstanden zu werden.

geschrieben am 11.11.2008 | 638 Wörter | 3784 Zeichen

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