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Karl


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Rezension von

Matthias Pierre Lubinsky

Karl Karl Lagerfeld wird vom US-amerikanischen Nachrichtenmagazin Time als einziger Deutscher unter den 100 wichtigsten Personen der Welt gelistet. Das in den USA meinungsbildende Wirtschaftsmagazin Forbes hält ihn für den einflussreichsten Deutschen: Karl Lagerfeld Nun hat Paul Sahner, Chefreporter von Bunte, ein Buch geschrieben. Es trägt den einfachen und eingängigen Titel »Karl«. Ein dezenter Hinweis auf die Sonderstellung, die der Chicki-Küsschen-Schreiber gegenüber dem großen deutschen Dandy genießt. Man nennt sich beim Vornamen, - auch wenn Lagerfeld nur das ‚Sie’ gestattet. Das sagt schon eine Menge über das Verhältnis der beiden. Lagerfeld, der zweifellos zur absoluten Spitze und gleichzeitig intellektuellen Elite des internationalen Jetset gehört, lässt den Reporter in gewisser Nähe an sich heran. Da es durchaus dümmere Interviewer gibt, öffnet sich der Modezar gegenüber Sahner stärker als beispielsweise bei Johannes Baptist Kerner. Der Umgang hier ist geprägt von Respekt voreinander. Auch wenn der Münchner Klatsch-Reporter letztlich für Lagerfeld eine wichtige Selbstvermarktungshilfe ist, erhält der Leser zuweilen süffisante Einblicke in das Dasein der Dandyfigur »Karl Lagerfeld«. Diese darf natürlich nicht mit der Person selben Namens verwechselt werden. Als Sahner Lagerfeld nach seinem wahren Alter fragt, gibt sich der gelangweilt bis gereizt. »Diese Frage langweilt mich in der Tat beträchtlich, mon ami! Lieber hätte ich Ihnen erzählt, dass ich ausschließlich künstliche Kamine habe, weil ich als Kind fast verbrannt wäre, dass ich täglich meine Bettwäsche wechsle oder dass ich selbstverständlich jeden Tag mein blütenweißes Nachthemd austausche, da man ja nie weiß, was über Nacht alles passieren kann, und ich mich nie gehen lassen mag wie eine alte Schlampe. Ich hätte auch gern ganz ausführlich von meinem Patenonkel gesprochen, dem einzigen Mann, der mich je geohrfeigt hat, und das nur, weil ich als Zehnjähriger nicht wusste, wer Freiherr von Freiligrath war. Ich hätte Ihnen auch detailliert erzählen können, dass meine Mutter mich früher immer maßregelte: ‚Sprich bitte schneller, damit du mit dem Stuss, den du redest, bald zu Ende kommst.’ (…)« In dem dicken Buch - es hat immerhin fast 450 Seiten und ist auf schweres Hochglanzpapier gedruckt - wird die Reinheit von Lagerfelds dandysme wie selten deutlich. Er macht keinen Hehl daraus, dass Reporter und Leser nur das vivre masqué zu sehen bekommen. Dandyesk hat er dennoch seine Freude an Fragen, bei deren Beantwortung er aufpassen muss. Eine gewisse Schwäche des Buches ist, dass es als Biographie beworben wird, in Wahrheit aber aus zusammengeschriebenen Interviews besteht. Das mindert seinen Wert letztlich jedoch nicht. Denn das, was Lagerfeld selbst über sich und seine Sicht auf die Welt sagt, ist allemal intelligenter und interessanter als praktisch alles, was ÜBER ihn von anderen geschrieben wurde. Und Paul Sahner begleitet den multitalentierten europäischen Kulturbürger seit nunmehr 15 Jahren. So verdichtet sich bei der Lektüre das Bild eines bedeutenden Dandys, - vermutlich des bedeutendsten lebenden Dandys weltweit. Sein Leben ist das des Dorian Grey und das von Huysmans Romanfigur Des Esseintes aus »À rebours«. Es ist ein dandyistischer Entwicklungsroman, wie Stendhals »Le rouge ou le noir«. Darin gestattet uns Paul Sahner einen türschlitzbreiten Einblick.

Karl Lagerfeld wird vom US-amerikanischen Nachrichtenmagazin Time als einziger Deutscher unter den 100 wichtigsten Personen der Welt gelistet. Das in den USA meinungsbildende Wirtschaftsmagazin Forbes hält ihn für den einflussreichsten Deutschen: Karl Lagerfeld

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Nun hat Paul Sahner, Chefreporter von Bunte, ein Buch geschrieben. Es trägt den einfachen und eingängigen Titel »Karl«. Ein dezenter Hinweis auf die Sonderstellung, die der Chicki-Küsschen-Schreiber gegenüber dem großen deutschen Dandy genießt. Man nennt sich beim Vornamen, - auch wenn Lagerfeld nur das ‚Sie’ gestattet. Das sagt schon eine Menge über das Verhältnis der beiden. Lagerfeld, der zweifellos zur absoluten Spitze und gleichzeitig intellektuellen Elite des internationalen Jetset gehört, lässt den Reporter in gewisser Nähe an sich heran. Da es durchaus dümmere Interviewer gibt, öffnet sich der Modezar gegenüber Sahner stärker als beispielsweise bei Johannes Baptist Kerner. Der Umgang hier ist geprägt von Respekt voreinander. Auch wenn der Münchner Klatsch-Reporter letztlich für Lagerfeld eine wichtige Selbstvermarktungshilfe ist, erhält der Leser zuweilen süffisante Einblicke in das Dasein der Dandyfigur »Karl Lagerfeld«. Diese darf natürlich nicht mit der Person selben Namens verwechselt werden.

Als Sahner Lagerfeld nach seinem wahren Alter fragt, gibt sich der gelangweilt bis gereizt. »Diese Frage langweilt mich in der Tat beträchtlich, mon ami! Lieber hätte ich Ihnen erzählt, dass ich ausschließlich künstliche Kamine habe, weil ich als Kind fast verbrannt wäre, dass ich täglich meine Bettwäsche wechsle oder dass ich selbstverständlich jeden Tag mein blütenweißes Nachthemd austausche, da man ja nie weiß, was über Nacht alles passieren kann, und ich mich nie gehen lassen mag wie eine alte Schlampe. Ich hätte auch gern ganz ausführlich von meinem Patenonkel gesprochen, dem einzigen Mann, der mich je geohrfeigt hat, und das nur, weil ich als Zehnjähriger nicht wusste, wer Freiherr von Freiligrath war. Ich hätte Ihnen auch detailliert erzählen können, dass meine Mutter mich früher immer maßregelte: ‚Sprich bitte schneller, damit du mit dem Stuss, den du redest, bald zu Ende kommst.’ (…)«

In dem dicken Buch - es hat immerhin fast 450 Seiten und ist auf schweres Hochglanzpapier gedruckt - wird die Reinheit von Lagerfelds dandysme wie selten deutlich. Er macht keinen Hehl daraus, dass Reporter und Leser nur das vivre masqué zu sehen bekommen. Dandyesk hat er dennoch seine Freude an Fragen, bei deren Beantwortung er aufpassen muss.

Eine gewisse Schwäche des Buches ist, dass es als Biographie beworben wird, in Wahrheit aber aus zusammengeschriebenen Interviews besteht. Das mindert seinen Wert letztlich jedoch nicht. Denn das, was Lagerfeld selbst über sich und seine Sicht auf die Welt sagt, ist allemal intelligenter und interessanter als praktisch alles, was ÜBER ihn von anderen geschrieben wurde. Und Paul Sahner begleitet den multitalentierten europäischen Kulturbürger seit nunmehr 15 Jahren. So verdichtet sich bei der Lektüre das Bild eines bedeutenden Dandys, - vermutlich des bedeutendsten lebenden Dandys weltweit. Sein Leben ist das des Dorian Grey und das von Huysmans Romanfigur Des Esseintes aus »À rebours«. Es ist ein dandyistischer Entwicklungsroman, wie Stendhals »Le rouge ou le noir«. Darin gestattet uns Paul Sahner einen türschlitzbreiten Einblick.

geschrieben am 04.09.2009 | 492 Wörter | 2883 Zeichen

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