ISBN | 3896783246 | |
Autor | Stefan Weiß | |
Verlag | Primus | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 157 | |
Erscheinungsjahr | 2006 | |
Extras | - |
Edward IV gehört zu den wenig bekannten englischen Königen, weil Shakespeare ihm anders als seinem Bruder Richard III kein Drama widmete. Die Größe dieses Monarchen lag darin, dass er Geld verdiente und Schulden bezahlte. Als einziger englischer König des Spätmittelalters hinterließ er einen ausgeglichenen Haushalt. Der Autor benutzt die Darstellung mittelalterlicher "Wirtschaftspolitik", um in dem kleinen Buch eine ganze Epoche wieder lebendig werden zu lassen und ist auf keinen Fall nur etwas für Historiker. Sehr gut gemacht sind die kleinen, rosa unterlegten Diskurse, in denen kurz und knapp einzelne wichtige Begriffe der mittelalterlichen Lebenswelt erläutert werden.
Die Darstellung vollzieht sich vor dem Hintergrund des englischen Bürgerkrieges im 15. Jahrhundert zwischen dem Hause Lancaster und dem Hause York, den so genannten Rosenkriegen. Der Autor beschreibt die Finanzverwaltung, die Bedeutung des Wollhandels, die Rolle des Handels für die diplomatischen Aktivitäten, etwa das Verhältnis zu den Herrschern von Frankreich und Burgund und zu der deutschen Hanse. Edward begründete die englische Tradition, in der anders als auf dem Kontinent bürgerliche und kaufmännische Tugenden und adliger Lebensstil schon sehr früh eine fruchtbare Synthese eingingen.
Sehr gut gewählt ist der Vergleich zwischen der königlichen Familie der York und den Medici. Auf der einen Seite haben wir einen Monarchen, der Aktivitäten als Kaufmann entwickelte, auf der anderen Seite eine Familie aus Händlern und Bankiers, die in Florenz immer mehr die Rolle einer Dynastie übernahmen. Dies zeigt wie fließend im Spätmittelalter die Grenzen zwischen Staat und privatem Haushalt waren. Insoweit ist dem Autor nicht zuzustimmen, als dass Edwards kaufmännische Aktivitäten tatsächlich nicht unbedingt im Gegensatz zur modernen Auffassung vom notwendigen Verzicht des Staates auf wirtschaftliche Aktivitäten stehen. Den Edward erscheint viel eher als Oberhaupt eines Familienunternehmens denn als Staatsführer im modernen Sinne.
Es gibt aber auch Dinge, die sich nicht geändert haben. Kreditwürdigkeit durch die Bereitschaft für die Schulden der Vergangenheit ein zustehen ist ein wichtiger moralischer und politischer Maßstab zur Bewertung staatlicher Ordnung geblieben. Edwards Übernahme der Verpflichtung als Angehöriger des Hauses York für die Schulden des Hauses Lancaster aufzukommen, war ebenso vorbildlich wie kontinuierliche Rückführung dieser Verpflichtungen durch kluges Wirtschaften. Ähnlich wie die Dichter haben auch Historiker eine Vorliebe für Gestalten der Geschichte, die durch Kriege und Gewalt etwas zerstört haben. Den Persönlichkeiten, die etwas aufgebaut haben, wurde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Stefan Weiß hat eine sehr schöne, gut lesbare Darstellung über einen wirklich großen König verfasst, der substanzielle Werte schuf, statt sie zu zerstören.
geschrieben am 18.12.2006 | 399 Wörter | 2477 Zeichen
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