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Die deutsche Nachkriegsfotografie.


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Rezension von

Nicolai Hannig

Die deutsche Nachkriegsfotografie. Das Bildgedächtnis der Bundesrepublik ist ein reichhaltiges. Dies schien nicht zuletzt wieder in den jüngsten Jubiläumssendungen zum sechzigsten Geburtstag auf. Dass es allerdings nicht nur die Bewegtbilder, sondern vor allem die Fotografien waren, die die deutsche Mentalität in einprägsame Bildformen gossen, zeigt Jörn Glasenapp auf eindrucksvolle Weise in seiner deutschen Fotogeschichte. Dabei geht es dem Kölner Kultur- und Medienwissenschaftler nicht nur um die einzelnen Bilder selbst. Vielmehr rückt er ihren Gebrauch, ihre Verbreitung, Rezeption und ihre zeitgenössische ästhetische Bewertung in den Vordergrund. Sein Weg durch die fotohistorische Mentalitätsgeschichte der Deutschen führt ihn auf den ersten Blick über die klassischen Stationen der Nachkriegsgeschichte: zur viel zitierten „Stunde Null“, zum Wirtschaftswunder bis hin zur Sexwelle der 70er Jahre. Doch rasch wird deutlich, dass ein Blick auf den Bildhaushalt vielerorts zu anderen Akzentsetzungen führt. So erscheint die Trümmerfotografie der unmittelbaren Nachkriegszeit beispielsweise als ein ästhetisch artikulierter Revanchismus. In stilbildenden Bildbänden hoben Fotografen oftmals die eingeschliffene Rollenverteilung von Tätern und Opfern auf und kehrten sie in ihr Gegenteil. Die Ruinenlandschaften der ehemals prächtigen Stadtzentren festigten visuell ein deutsches Martyrium und relativierten so für viele Betrachter die deutsche Schuld. Zudem rücken in einer Visual History Deutschlands notwendigerweise ganz andere Protagonisten und Akteure ins Blickfeld. Prominente Fotoreporter wie Robert Lebeck, der ohne Zweifel zu den großen Stars der Zeit avancierte, Fototheoretiker wie der einflussreiche Karl Pawek oder der „Mädchenfotograf“ David Hamilton prägten eben nicht nur die Entwicklungen innerhalb ihrer Zunft, sondern bestimmten als eine Art ästhetischer Avantgarde zeitweise das Stilinventar der gesamten Medienöffentlichkeit. Lebecks Fotoreportagen, etwa über den kongolesischen Degendieb, der 1960 dem belgischen König Baudouin seinen Degen stahl, wurden zum Symbol des Freiheitsstrebens in den ehemaligen europäischen Kolonien und entfalteten eine ganz neue globale Bildsprache. An diesen Beispielen wird deutlich, dass sich Glasenapps Gesamtdarstellung keineswegs nur an Fotohistoriker wendet. Durch seine Einbeziehung der dominierenden Fotodiskurse sowie durch die ständige kulturhistorische Grundierung seiner Analysen macht er seine Arbeit anschlussfähig auch für die großen Linien deutscher Gesellschaftsgeschichte. In seinen vielen Bildanalysen, die die aufwendig gestaltete und reich illustrierte Fotogeschichte spicken, zeigt er zudem, wie wertvoll Fotografien als Quellen für eine Perspektiverweiterung der immer dichter werdenden Zeitgeschichtsforschung sind.

Das Bildgedächtnis der Bundesrepublik ist ein reichhaltiges. Dies schien nicht zuletzt wieder in den jüngsten Jubiläumssendungen zum sechzigsten Geburtstag auf. Dass es allerdings nicht nur die Bewegtbilder, sondern vor allem die Fotografien waren, die die deutsche Mentalität in einprägsame Bildformen gossen, zeigt Jörn Glasenapp auf eindrucksvolle Weise in seiner deutschen Fotogeschichte. Dabei geht es dem Kölner Kultur- und Medienwissenschaftler nicht nur um die einzelnen Bilder selbst. Vielmehr rückt er ihren Gebrauch, ihre Verbreitung, Rezeption und ihre zeitgenössische ästhetische Bewertung in den Vordergrund.

Sein Weg durch die fotohistorische Mentalitätsgeschichte der Deutschen führt ihn auf den ersten Blick über die klassischen Stationen der Nachkriegsgeschichte: zur viel zitierten „Stunde Null“, zum Wirtschaftswunder bis hin zur Sexwelle der 70er Jahre. Doch rasch wird deutlich, dass ein Blick auf den Bildhaushalt vielerorts zu anderen Akzentsetzungen führt. So erscheint die Trümmerfotografie der unmittelbaren Nachkriegszeit beispielsweise als ein ästhetisch artikulierter Revanchismus. In stilbildenden Bildbänden hoben Fotografen oftmals die eingeschliffene Rollenverteilung von Tätern und Opfern auf und kehrten sie in ihr Gegenteil. Die Ruinenlandschaften der ehemals prächtigen Stadtzentren festigten visuell ein deutsches Martyrium und relativierten so für viele Betrachter die deutsche Schuld. Zudem rücken in einer Visual History Deutschlands notwendigerweise ganz andere Protagonisten und Akteure ins Blickfeld. Prominente Fotoreporter wie Robert Lebeck, der ohne Zweifel zu den großen Stars der Zeit avancierte, Fototheoretiker wie der einflussreiche Karl Pawek oder der „Mädchenfotograf“ David Hamilton prägten eben nicht nur die Entwicklungen innerhalb ihrer Zunft, sondern bestimmten als eine Art ästhetischer Avantgarde zeitweise das Stilinventar der gesamten Medienöffentlichkeit. Lebecks Fotoreportagen, etwa über den kongolesischen Degendieb, der 1960 dem belgischen König Baudouin seinen Degen stahl, wurden zum Symbol des Freiheitsstrebens in den ehemaligen europäischen Kolonien und entfalteten eine ganz neue globale Bildsprache.

An diesen Beispielen wird deutlich, dass sich Glasenapps Gesamtdarstellung keineswegs nur an Fotohistoriker wendet. Durch seine Einbeziehung der dominierenden Fotodiskurse sowie durch die ständige kulturhistorische Grundierung seiner Analysen macht er seine Arbeit anschlussfähig auch für die großen Linien deutscher Gesellschaftsgeschichte. In seinen vielen Bildanalysen, die die aufwendig gestaltete und reich illustrierte Fotogeschichte spicken, zeigt er zudem, wie wertvoll Fotografien als Quellen für eine Perspektiverweiterung der immer dichter werdenden Zeitgeschichtsforschung sind.

geschrieben am 13.07.2009 | 350 Wörter | 2417 Zeichen

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