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Karl Vollmoeller – Dichter und Kulturmanager


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Rezension von

Frederik von Rosdorf

Karl Vollmoeller – Dichter und Kulturmanager Frederik D. Tunnat: Karl Vollmoeller – Dichter und Kulturmanager. Eine Biographie oder die Entdeckung eines Vergessenen Karl Vollmoeller ... wer? Ein Name der dem Journalisten und vermutlich auch dem durchschnittlichen Leser nichts mehr sagt. Bringt man Vollmoellers Namen jedoch in Verbindung zu seinen Freunden, Kollegen aus Literatur und Theater, dann nickt man erkennend: Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Heinrich Mann, Thomas Mann, Max Reinhardt, Ernst Hardt, August Strindberg, Arthur Schnitzler, Harry Graf Kessler, Frank Wedekind, Rainer Maria Rilke etc. Wer also, und was war Karl Vollmoeller? In seiner Biographie entwirft Frederik D. Tunnat das Bild einer höchst vielseitigen und vielschichtigen Persönlichkeit, die als begnadeter Lyriker im Kreis um Stefan George und Hugo von Hofmannsthal als 18jähriges Genie startete, um sich während der folgenden Jahre in rascher Folge einen Namen als Dramatiker an den Bühnen Englands, Italiens, Österreich-Ungarns, Deutschlands, Schwedens und der Schweiz zu machen. 1903 schrieb Stefan Zweig: „Meinem Empfinden nach steht Vollmoeller als Dichter in der ersten Reihe". Und Edward Jaime urteilte 1949 rückblickend: „Einer der bedeutendsten Dramatiker der Jahrhundertwende ... Seine Dramen sind fast die einzigen Beispiele symbolistischen Theaters und Deutschland geblieben." Vollmoeller, das was man ein Multitalent nennt, engagierte sich neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller und Dramatiker im technischen Bereich. So baute er gemeinsam mit einem Vorläufer der FIAT Automobilwerke, dem Unternehmer Robert Züst, in Mailand Autos, mit denen er sich an Autorennen der Jahrhundertwende beteiligte, etwa den Gordon Bennett Rennen in Europa und den USA, sowie im Jahr 1908 am ersten und wohl einzigen Autorennen um die ganze Welt. Gemeinsam mit einem Bruder, Hans Robert, konstruierte und baute Vollmoeller in Stuttgart vier Flugzeuge, mit denen sich die Brüder an Luftfahrtschauen, Wettbewerben und Rekorden beteiligten. 1911 flog die „Vollmoeller Nr.4" von den Wasen im heutigen Bad Cannstatt, einem Ortsteil Stuttgarts, bis an den Bodensee in der Gegend von Konstanz. Dieser Flugleidenschaft frönte Vollmoeller gemeinsam mit dem italienischen Dichter Gabriele d'Annunzio. Um 1910 wandte sich Vollmoeller dann dem Bereich der Pantomime sowie des Stummfilms zu. Er schrieb ein wortloses Theaterstück „Das Mirakel", das Max Reinhardt für den Freund und Geschäftspartner Vollmoeller inszenierte. Dieses Stück, das 1911 in London Premiere hatte, begründete den damaligen Weltruhm für Vollmoeller als Autoren sowie für Max Reinhardt als Regisseur. Die Verfilmung dieses Stücks brachte Vollmoeller nicht nur in ganz Europa, sondern auch in Nordamerika Ruhm und Anerkennung. Detailliert und kenntnisreich arbeitet Tunnat in seiner Biographie heraus, welche Motive Vollmoeller antrieben, sich der religiösen Thematik des Mirakels zuzuwenden. Gemeinsam mit Max Reinhardt, Edward G. Craig und Harry Graf Kessler treibt Vollmoeller um 1910 auch die Reformen des Theaters voran. Auch als begnadeter, kongenialer Übersetzer macht sich Vollmoeller zwischen 1902 und 1914 einen Namen. Er überträgt mehrere Werke D'Annunzios aus dem Italienischen, darüber hinaus übersetzt er Sophokles, Aischylos, Moliere, Dostojewski, Gozzi und Lope de Vega. Vollmoeller war studierter Archäologe und promovierter Philologe, der zwölf alte und neue Sprachen beherrschte. Von dieser Basis her entwickelte er seine Vorstellungen einer Rückbesinnung auf antike und mittelalterliche Formen des europäischen Theaters. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs stellt eine Zäsur in Vollmoellers Leben dar. Er muss zwar nicht als Soldat an die Front, doch nutzt man seine Fähigkeiten als Kriegsberichterstatter und als Kulturschaffender in der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes. Vollmoeller, der neben seinen zahlreichen Kontakten zu Literaten und Theaterschaffenden offensichtlich auch exzellente Kontakte zu Großindustriellen und Politikern unterhielt, gründet gemeinsam mit Gleichgesinnten einen Klub, die „Deutsche Gesellschaft 1914", die sich um parteiübergreifenden Konsens bemüht. Hier arbeitet er mit so mächtigen Männern wie Robert Bosch, Walther Rathenau, Wilhelm Solf, aber auch dem späteren Außenminister Richard von Kühlmann, dem kurzzeitigen Kanzler Graf Georg von Hertling, aber auch mit namhaften Sozialdemokraten wie Philipp Scheidemann, zusammen. Während der Kriegsjahre versucht Vollmoeller gemeinsam mit Frank Wedekind, Heinrich Mann, Wilhelm Herzog und Maximilian Harden eine unabhängige Tageszeitung zu gründen. Neben der Darstellung des Lebens und öffentlichen Wirkens Vollmoellers rekonstruiert Frederik D. Tunnat mit großem Sachverstand und viel Feingefühl auch das literarische Werk des Autoren und Dramatikers. So zeigt er die, teilweise bereits in dessen Jugend wurzelnden Ursachen und Motive eines nicht einheitlichen, sondern sehr eigenwilligen Werkes auf, das sich jedoch durch zwei Konstante auszeichnet; so gestaltet Vollmoeller im Laufe seines Lebens zwei Trilogien, an denen er teilweise 50 Jahre lang arbeitete. Nach dem Ende des 1. Weltkriegs zieht sich Vollmoeller fast vollständig ins Ausland zurück und lebt entweder in Venedig, in Basel oder in Hollywood. Er wird, wie sein Biograph ausführt, mehr und mehr zu einem Manager in Sachen Kultur, indem er zwischen den Filmzentren Babelsberg und Hollywood pendelt und Kontakte und Kontrakte vermittelt. Sein Tätigkeitsschwerpunkt verlagert sich für zwei Jahrzehnte hin zu Film und Talentförderung. Er nimmt sich begabter junger Schauspielerinnen und Schauspieler an, fördert zudem Tänzer/innen und hilft jungen Regisseuren. So unterschiedliche Menschen wie Josephine Baker, Marlene Dietrich oder Josef von Sternberg, aber auch Emil Jannings verdanken Vollmoeller ihren internationalen Durchbruch. Frederik D. Tunnat arbeitet speziell an der Thematik der Umstellung vom Stumm- zum Tonfilm Ende der Zwanziger Jahre Vollmoellers Wirken sowohl in Berlin als in Hollywood heraus. Filme wie „Thunderbolt", „Lady of the Pavements" und insbesondere „Der Blaue Engel" tragen seine Handschrift und sind mit Vollmoellers Namen verbunden. Tunnat spürt in einem umfangreichen Kapitel den Hintergründen der Entstehung des Kultfilms „Der Blaue Engel" nach und rückt Vollmoellers Anteil am Zustandekommen und Gelingen dieses großartigen Films zurecht. So entlarvt er anhand einer Vielzahl von Quellen und Zitaten die falschen Aussagen Carl Zuckmayers und Josef von Sternbergs, die sich gegenseitig die alleinige Autorenschaft des Welterfolgs anmaßen. Auch enttarnt Tunnat die Mär um die Entdeckung des späteren Weltstars Marlene Dietrich. Josef von Sternberg äußerte sich in seiner Autobiographie: „Vollmoeller war ... eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Er war Dichter und ... sozusagen im Nebenberuf eine wandelnde Enzyklopädie alles Menschlichen ... kannte die berühmtesten Menschen ... und war für viele ein Beichtvater – auch für mich ... er war überall zu Hause und ständig auf Reisen." Ausführlich wird Vollmoellers Arbeit zur Zeit der Machtergreifung der Nazis bis zu seiner Emigration in die USA im Jahr 1939 beschrieben; sein „Flirt" mit dem faschistischen Regime in Italien. Sein langes Lavieren zwischen den deutschen Exilanten und den Regimes in Italien und Deutschland wird ihm Anfang 1942, nach dem Kriegseintritt der USA zum Verhängnis. Vollmoeller wird 13 Monate lang interniert und verstirbt drei Mal beinahe, angesichts äußerst menschenunwürdiger Haftbedingungen. Der letzte Abschnitt der Biographie widmet sich Vollmoellers New Yorker Jahre, während derer er seine 2. Trilogie mit einem voluminösen Altersroman, sowie mit einer Reihe von Altersgedichten abschließt. Dieser einzige Roman Vollmoellers erschien niemals auf Deutsch, sondern nur in New York und London auf Englisch. Tunnat macht deutlich, wie elementar wichtig für die Einordnung Vollmoellers in die deutsche Literaturgeschichte gerade dessen Alterswerk ist, das weder von der deutschen Öffentlichkeit, noch von der Literaturwissenschaft nach dem Krieg bisher wahrgenommen und gewürdigt wurde. Die Biographie schließt mit der wahrlich mythenreichen Beschreibung von Vollmoellers Sterben in Hollywood im Oktober 1948. Sein Tod, insbesondere das äußerst merkwürdige Vorgehen des FBI im Vor- und Umfeld von Vollmoellers Tod lässt in der Tat Raum für zahlreiche Fragen und beschließt ein schillerndes, teilweise widersprüchliches Leben eines heute in Deutschland, wie die Biographie nachweist, zu Unrecht Vergessenen. Ein hoch interessantes, gut geschriebenes Buch, das sich passagenweise wie ein Roman liest. Man spürt die große Nähe und Affinität des Biographen zu seinem Objekt. Das erklärt vielleicht, weshalb Frederik D. Tunnat nach fünfjährigen Vorarbeiten, zweijährigen Recherchen und einjähriger Niederschrift ein sehr fundiertes, kenntnisreiches Werk präsentiert, das anhand des Fokus auf Leben und Werk von Karl Vollmoeller, ein spannendes, faktenreiches Zeitgemälde der ersten fünf Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, weniger aus deutschem, als aus europäischem und teilweise nordamerikanischem Blickwinkel bietet.

Frederik D. Tunnat: Karl Vollmoeller – Dichter und Kulturmanager. Eine Biographie oder die Entdeckung eines Vergessenen Karl Vollmoeller ... wer? Ein Name der dem Journalisten und vermutlich auch dem durchschnittlichen Leser nichts mehr sagt. Bringt man Vollmoellers Namen jedoch in Verbindung zu seinen Freunden, Kollegen aus Literatur und Theater, dann nickt man erkennend: Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Heinrich Mann, Thomas Mann, Max Reinhardt, Ernst Hardt, August Strindberg, Arthur Schnitzler, Harry Graf Kessler, Frank Wedekind, Rainer Maria Rilke etc.

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Wer also, und was war Karl Vollmoeller? In seiner Biographie entwirft Frederik D. Tunnat das Bild einer höchst vielseitigen und vielschichtigen Persönlichkeit, die als begnadeter Lyriker im Kreis um Stefan George und Hugo von Hofmannsthal als 18jähriges Genie startete, um sich während der folgenden Jahre in rascher Folge einen Namen als Dramatiker an den Bühnen Englands, Italiens, Österreich-Ungarns, Deutschlands, Schwedens und der Schweiz zu machen.

1903 schrieb Stefan Zweig: „Meinem Empfinden nach steht Vollmoeller als Dichter in der ersten Reihe". Und Edward Jaime urteilte 1949 rückblickend: „Einer der bedeutendsten Dramatiker der Jahrhundertwende ... Seine Dramen sind fast die einzigen Beispiele symbolistischen Theaters und Deutschland geblieben."

Vollmoeller, das was man ein Multitalent nennt, engagierte sich neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller und Dramatiker im technischen Bereich. So baute er gemeinsam mit einem Vorläufer der FIAT Automobilwerke, dem Unternehmer Robert Züst, in Mailand Autos, mit denen er sich an Autorennen der Jahrhundertwende beteiligte, etwa den Gordon Bennett Rennen in Europa und den USA, sowie im Jahr 1908 am ersten und wohl einzigen Autorennen um die ganze Welt.

Gemeinsam mit einem Bruder, Hans Robert, konstruierte und baute Vollmoeller in Stuttgart vier Flugzeuge, mit denen sich die Brüder an Luftfahrtschauen, Wettbewerben und Rekorden beteiligten.

1911 flog die „Vollmoeller Nr.4" von den Wasen im heutigen Bad Cannstatt, einem Ortsteil Stuttgarts, bis an den Bodensee in der Gegend von Konstanz. Dieser Flugleidenschaft frönte Vollmoeller gemeinsam mit dem italienischen Dichter Gabriele d'Annunzio. Um 1910 wandte sich Vollmoeller dann dem Bereich der Pantomime sowie des Stummfilms zu. Er schrieb ein wortloses Theaterstück „Das Mirakel", das Max Reinhardt für den Freund und Geschäftspartner Vollmoeller inszenierte. Dieses Stück, das 1911 in London Premiere hatte, begründete den damaligen Weltruhm für Vollmoeller als Autoren sowie für Max Reinhardt als Regisseur. Die Verfilmung dieses Stücks brachte Vollmoeller nicht nur in ganz Europa, sondern auch in Nordamerika Ruhm und Anerkennung. Detailliert und kenntnisreich arbeitet Tunnat in seiner Biographie heraus, welche Motive Vollmoeller antrieben, sich der religiösen Thematik des Mirakels zuzuwenden. Gemeinsam mit Max Reinhardt, Edward G. Craig und Harry Graf Kessler treibt Vollmoeller um 1910 auch die Reformen des Theaters voran.

Auch als begnadeter, kongenialer Übersetzer macht sich Vollmoeller zwischen 1902 und 1914 einen Namen. Er überträgt mehrere Werke D'Annunzios aus dem Italienischen, darüber hinaus übersetzt er Sophokles, Aischylos, Moliere, Dostojewski, Gozzi und Lope de Vega. Vollmoeller war studierter Archäologe und promovierter Philologe, der zwölf alte und neue Sprachen beherrschte. Von dieser Basis her entwickelte er seine Vorstellungen einer Rückbesinnung auf antike und mittelalterliche Formen des europäischen Theaters. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs stellt eine Zäsur in Vollmoellers Leben dar. Er muss zwar nicht als Soldat an die Front, doch nutzt man seine Fähigkeiten als Kriegsberichterstatter und als Kulturschaffender in der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes. Vollmoeller, der neben seinen zahlreichen Kontakten zu Literaten und Theaterschaffenden offensichtlich auch exzellente Kontakte zu Großindustriellen und Politikern unterhielt, gründet gemeinsam mit Gleichgesinnten einen Klub, die „Deutsche Gesellschaft 1914", die sich um parteiübergreifenden Konsens bemüht. Hier arbeitet er mit so mächtigen Männern wie Robert Bosch, Walther Rathenau, Wilhelm Solf, aber auch dem späteren Außenminister Richard von Kühlmann, dem kurzzeitigen Kanzler Graf Georg von Hertling, aber auch mit namhaften Sozialdemokraten wie Philipp Scheidemann, zusammen.

Während der Kriegsjahre versucht Vollmoeller gemeinsam mit Frank Wedekind, Heinrich Mann, Wilhelm Herzog und Maximilian Harden eine unabhängige Tageszeitung zu gründen.

Neben der Darstellung des Lebens und öffentlichen Wirkens Vollmoellers rekonstruiert Frederik D. Tunnat mit großem Sachverstand und viel Feingefühl auch das literarische Werk des Autoren und Dramatikers. So zeigt er die, teilweise bereits in dessen Jugend wurzelnden Ursachen und Motive eines nicht einheitlichen, sondern sehr eigenwilligen Werkes auf, das sich jedoch durch zwei Konstante auszeichnet; so gestaltet Vollmoeller im Laufe seines Lebens zwei Trilogien, an denen er teilweise 50 Jahre lang arbeitete.

Nach dem Ende des 1. Weltkriegs zieht sich Vollmoeller fast vollständig ins Ausland zurück und lebt entweder in Venedig, in Basel oder in Hollywood. Er wird, wie sein Biograph ausführt, mehr und mehr zu einem Manager in Sachen Kultur, indem er zwischen den Filmzentren Babelsberg und Hollywood pendelt und Kontakte und Kontrakte vermittelt. Sein Tätigkeitsschwerpunkt verlagert sich für zwei Jahrzehnte hin zu Film und Talentförderung. Er nimmt sich begabter junger Schauspielerinnen und Schauspieler an, fördert zudem Tänzer/innen und hilft jungen Regisseuren. So unterschiedliche Menschen wie Josephine Baker, Marlene Dietrich oder Josef von Sternberg, aber auch Emil Jannings verdanken Vollmoeller ihren internationalen Durchbruch.

Frederik D. Tunnat arbeitet speziell an der Thematik der Umstellung vom Stumm- zum Tonfilm Ende der Zwanziger Jahre Vollmoellers Wirken sowohl in Berlin als in Hollywood heraus. Filme wie „Thunderbolt", „Lady of the Pavements" und insbesondere „Der Blaue Engel" tragen seine Handschrift und sind mit Vollmoellers Namen verbunden. Tunnat spürt in einem umfangreichen Kapitel den Hintergründen der Entstehung des Kultfilms „Der Blaue Engel" nach und rückt Vollmoellers Anteil am Zustandekommen und Gelingen dieses großartigen Films zurecht. So entlarvt er anhand einer Vielzahl von Quellen und Zitaten die falschen Aussagen Carl Zuckmayers und Josef von Sternbergs, die sich gegenseitig die alleinige Autorenschaft des Welterfolgs anmaßen. Auch enttarnt Tunnat die Mär um die Entdeckung des späteren Weltstars Marlene Dietrich. Josef von Sternberg äußerte sich in seiner

Autobiographie: „Vollmoeller war ... eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Er war Dichter und ... sozusagen im Nebenberuf eine wandelnde Enzyklopädie alles Menschlichen ... kannte die berühmtesten Menschen ... und war für viele ein Beichtvater – auch für mich ... er war überall zu Hause und ständig auf Reisen."

Ausführlich wird Vollmoellers Arbeit zur Zeit der Machtergreifung der Nazis bis zu seiner Emigration in die USA im Jahr 1939 beschrieben; sein „Flirt" mit dem faschistischen Regime in Italien. Sein langes Lavieren zwischen den deutschen Exilanten und den Regimes in Italien und Deutschland wird ihm Anfang 1942, nach dem Kriegseintritt der USA zum Verhängnis. Vollmoeller wird 13 Monate lang interniert und verstirbt drei Mal beinahe, angesichts äußerst menschenunwürdiger Haftbedingungen.

Der letzte Abschnitt der Biographie widmet sich Vollmoellers New Yorker Jahre, während derer er seine 2. Trilogie mit einem voluminösen Altersroman, sowie mit einer Reihe von Altersgedichten abschließt.

Dieser einzige Roman Vollmoellers erschien niemals auf Deutsch, sondern nur in New York und London auf Englisch. Tunnat macht deutlich, wie elementar wichtig für die Einordnung Vollmoellers in die deutsche Literaturgeschichte gerade dessen Alterswerk ist, das weder von der deutschen Öffentlichkeit, noch von der Literaturwissenschaft nach dem Krieg bisher wahrgenommen und gewürdigt wurde.

Die Biographie schließt mit der wahrlich mythenreichen Beschreibung von Vollmoellers Sterben in Hollywood im Oktober 1948. Sein Tod, insbesondere das äußerst merkwürdige Vorgehen des FBI im Vor- und Umfeld von Vollmoellers Tod lässt in der Tat Raum für zahlreiche Fragen und beschließt ein schillerndes, teilweise widersprüchliches Leben eines heute in Deutschland, wie die Biographie nachweist, zu Unrecht Vergessenen.

Ein hoch interessantes, gut geschriebenes Buch, das sich passagenweise wie ein Roman liest. Man spürt die große Nähe und Affinität des Biographen zu seinem Objekt. Das erklärt vielleicht, weshalb Frederik D. Tunnat nach fünfjährigen Vorarbeiten, zweijährigen Recherchen und einjähriger Niederschrift ein sehr fundiertes, kenntnisreiches Werk präsentiert, das anhand des Fokus auf Leben und Werk von Karl Vollmoeller, ein spannendes, faktenreiches Zeitgemälde der ersten fünf Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, weniger aus deutschem, als aus europäischem und teilweise nordamerikanischem Blickwinkel bietet.

geschrieben am 01.04.2008 | 1247 Wörter | 7829 Zeichen

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