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Ketzer, Held und Prediger


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Rezension von

Hiram Kümper

Ketzer, Held und Prediger Von unser aller Doktor Martin kann man in diesem Jahr sicher mehr als genug bekommen. Verklärt, verteufelt, idealisiert und kritisiert – und irgendwo unter diesem Geröll von Apologie und Indienstnahme liegt dann verschüttet der historische Reformator. Ob wir ihn jemals wieder einigermaßen freilegen werden können, darüber könnte man füglich streiten. Dass aber mitunter der erinnerte, der inszenierte, der gemachte Luther über die Zeit gar nicht viel weniger wirkmächtig gewesen ist als reale Reformator zu seinen Lebzeiten, darüber dürfte mittlerweile Einigkeit bestehen. Das zeigt auch der opulent illustrierte Band, den der evangelische Kirchenhistoriker Marcel Nieder (Universität Duisburg-Essen) jüngst herausgegeben hat. Er führt auf gut eingängliche Weise durch die Geschichte dieser Lutherbilder und ihrer Wirkweisen. Wer sich aufmerksamer mit der Literatur zur Luther-Rezeption der letzten Jahrzehnte beschäftigt hat, wird darin im Kern naturgemäß nicht viel umwerfend Neues finden – aber doch immer wieder neue Beispiele und spannende Detailwendungen aus dem bunten (und manchmal auch etwas abstrusen) Strauß von Bildern und Deutungen, den Vertreter aller christlichen Konfessionen immer wieder neu um Luther flochten. Die vom Herausgeber eingeladenen Experten – alles ausgewiesene Kirchenhistoriker – steuern je ein Kapitel zu einem Jahrhundert der Luther-Rezeption bei; mal natürlich ein „langes“, mal ein „kürzeres“ Jahrhundert. Dabei kommen stets einigermaßen ausgewogen nicht nur Lutheraner, sondern auch Reformierte und Katholiken zu Wort (und Bild). Jubiläen werden ebenso thematisiert wie Biographik und im 20. Jahrhundert das Ausstellungswesen. Der angenehm jargonfreien Darstellung korrespondiert ein aufgeräumter Anmerkungsapparat, der die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit garantiert. Nur den Bildnachweis im Anhang hätte man sich manchmal konkreter gewünscht: Denn Abbildungen, die über Bildagenturen wie akg-images bezogen wurden, werden auch nur darüber nachgewiesen – und eben nicht über ihren eigentlichen Herkunftskontext in Museum, Archiv, Bibliothek o.ä. Das holen die Bildunterschriften zum Teil, aber eben auch nicht immer ein. Trotz dieser Petitesse, ganz ohne Frage: Dieser Band ist ein gelungener Beitrag für alle, denen der Pomp des Reformationsjubiläums etwas suspekt geworden ist, die sich aber ihren Luther trotzdem nicht nehmen lassen, sondern ihn (und ihr eigenes, traditionsbelastet Bild) vielleicht etwas differenzierter sehen wollen. Reflexive Kost also, sehr angenehm serviert.

Von unser aller Doktor Martin kann man in diesem Jahr sicher mehr als genug bekommen. Verklärt, verteufelt, idealisiert und kritisiert – und irgendwo unter diesem Geröll von Apologie und Indienstnahme liegt dann verschüttet der historische Reformator. Ob wir ihn jemals wieder einigermaßen freilegen werden können, darüber könnte man füglich streiten. Dass aber mitunter der erinnerte, der inszenierte, der gemachte Luther über die Zeit gar nicht viel weniger wirkmächtig gewesen ist als reale Reformator zu seinen Lebzeiten, darüber dürfte mittlerweile Einigkeit bestehen.

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Das zeigt auch der opulent illustrierte Band, den der evangelische Kirchenhistoriker Marcel Nieder (Universität Duisburg-Essen) jüngst herausgegeben hat. Er führt auf gut eingängliche Weise durch die Geschichte dieser Lutherbilder und ihrer Wirkweisen. Wer sich aufmerksamer mit der Literatur zur Luther-Rezeption der letzten Jahrzehnte beschäftigt hat, wird darin im Kern naturgemäß nicht viel umwerfend Neues finden – aber doch immer wieder neue Beispiele und spannende Detailwendungen aus dem bunten (und manchmal auch etwas abstrusen) Strauß von Bildern und Deutungen, den Vertreter aller christlichen Konfessionen immer wieder neu um Luther flochten.

Die vom Herausgeber eingeladenen Experten – alles ausgewiesene Kirchenhistoriker – steuern je ein Kapitel zu einem Jahrhundert der Luther-Rezeption bei; mal natürlich ein „langes“, mal ein „kürzeres“ Jahrhundert. Dabei kommen stets einigermaßen ausgewogen nicht nur Lutheraner, sondern auch Reformierte und Katholiken zu Wort (und Bild). Jubiläen werden ebenso thematisiert wie Biographik und im 20. Jahrhundert das Ausstellungswesen. Der angenehm jargonfreien Darstellung korrespondiert ein aufgeräumter Anmerkungsapparat, der die wissenschaftliche Nachvollziehbarkeit garantiert. Nur den Bildnachweis im Anhang hätte man sich manchmal konkreter gewünscht: Denn Abbildungen, die über Bildagenturen wie akg-images bezogen wurden, werden auch nur darüber nachgewiesen – und eben nicht über ihren eigentlichen Herkunftskontext in Museum, Archiv, Bibliothek o.ä. Das holen die Bildunterschriften zum Teil, aber eben auch nicht immer ein.

Trotz dieser Petitesse, ganz ohne Frage: Dieser Band ist ein gelungener Beitrag für alle, denen der Pomp des Reformationsjubiläums etwas suspekt geworden ist, die sich aber ihren Luther trotzdem nicht nehmen lassen, sondern ihn (und ihr eigenes, traditionsbelastet Bild) vielleicht etwas differenzierter sehen wollen. Reflexive Kost also, sehr angenehm serviert.

geschrieben am 25.08.2017 | 340 Wörter | 2188 Zeichen

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