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Philosophische Semiotik


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Rezension von

Daniel Bigalke

Philosophische Semiotik Eine solche philosophische Systematik des Gesamtsystems Sprache habe ich noch nie gesehen. Im Unterschied zu geschichtlichen Darstellungen der Sprachphilosophie, handelt es sich um eine Systematik aus einem Guss. Sprache wird erstens als eine besonderer Zeichengebrauch definiert (semiotisch): Was unterscheidet sprachliche Zeichen von anderen? Sprache wird zweitens durchgängig "pragmatisch" als Handlungen regulierendes Meta-Handeln verstanden. Trotz grundlegender Kritik an Morris` Pragmatik-Begriff knüpft Heinrichs an dessen berühmte Unterscheidung der semiotischen Dimensionen an. Dessen drei Dimensionen: Syntax (Verbindung der Zeichen), Semantik (Bedeutung der Zeichen) und Pragmatik (angeblich das Verhältnis der Benutzer zu den Zeichen) werden aus einleuchtenden Gründen radikal umdefiniert und erweitert, und so entstehen die vier Dimensionen, die in 5 Bänden behandelt werden. Kennzeichnend ist drittens die durchgehende Bedeutung der Reflexion, d.h. der Selbstbezüglichkeit. Sprache ist für Heinrichs die Weise, wie das Reflexionswesen Mensch sich interpersonalen Ausdruck verschafft, und lässt sich ganz und gar definieren als das Ausdruckssystem der menschlichen Selbstreflexion. Die Vierfachheit der Heinrichs` Sozial- und zuletzt Handlungstheorie prägenden Reflexionsstufen bestimmt mit quasi-mathematischer Konsequenz die gesamte Gliederung und rekonstruktive Methode dieses Sprach-Werkes. Band 1: Die Zeichendimension. Das elementare Spiel der Zeichengestalten (Sigmatik) behandelt - nach einer fulminanten generellen Einleitung - die Frage, wie Sprache sich als ein besonderes Zeichensystem etabliert. Es geht vor allem um die ursprüngliche Handlungseinbettung von Sprachzeichen durch die so genannten Sprachspiele. Dieser Begriff sowie der des Gebrauchs wird gegenüber der fundamentalen Verwechslung bei Ludwig Wittgenstein präzisiert: Meint Gebrauch ursprüngliche Bedeutungseinführung bzw. -erfassung oder aber interpersonalen (pragmatischen) Gebrauch zu weiterer Verständigung? Band 2: Die Bedeutungsdimension oder Semantik enthält die klassischen Themen der Semantik: die Sichtung des Wortschatzes sowie die grundlegenden Aussageformen. Die objektiven Bedeutungen der Sprache sind zutiefst subjektiv, nämlich durch das System der Reflexionsbegriffe, vorgeprägt. In unserem Wortschatz liegt unter der Oberfläche scheinbarer muttersprachlicher Unordnung eine tiefere, begriffliche und universale Ordnung verborgen. Es beginnt schon mit der Zuordnung der Wörter zu Wortarten, die erstmals reflexionslogisch begründet werden. Die Reflexionslogik ist freilich eine andere und reichere Logik als das, was als formale Logik gilt und von einer Richtung der "Sprachlogik" der Sprache übergestülpt werden soll. Heinrichs spricht im Gefolge des Logikers Gotthard Günther von mehrwertiger Logik. Die Bedeutung dieser Art von Semantik liegt nicht zuletzt darin, dass ein Maßstab geboten wird, das Universalsprachliche vom Einzelsprachlichen zu unterscheiden. Die meisten Menschen sind mit Recht zunächst von konkreten Spracherscheinungen beeindruckt. Sie können jedoch nicht unterscheiden, ob es das Besondere einer Muttersprache oder das Allgemein-Sprachliche ist, was sie fasziniert - oder etwa gerade das Zusammenspiel der beiden Ebenen. In dieser Semantik wird das unterscheidbar. Band 3: Die Handlungsdimension. Psychologik der Sprechakte und Dialoganalyse (Pragmatik). - Den schon in der vorhergehenden Handlungstheorie von Heinrichs behandelten großen Gattungen des Handelns entsprechen nun auf der Ebene des Sprach-Handelns: Erstens die objektive Informationspragmatik, zweitens die subjektive Ausdruckspragmatik, drittens die interpersonale Wirkungspragmatik sowie viertens die der Rollenausführung durch Sprache („ich eröffne hiermit die Sitzung", „ich heirate dich"). Es ist erstaunlich, wie viele der von der bisherigen Sprachpragmatik (im Gefolge von J. Austin und J. Searle) ungeklärten Probleme durch das konsequente methodische Vorangehen eine Lösung finden. Eine wahre Goldgrube für alle Lehrer und Trainer der Kommunikation durch Sprache. Hier wird Sprache als soziales Handeln in seiner ganzen Breite thematisiert - ohne die falsche Gleichschaltung von Handeln und Meta-Handeln durch Sprache. Band 4: Die Satzbauformel. Eine philosophisch begründende Grammatik (Syntax). - Seit Noam Chomskys Entwürfen zu einer universalen generativen Grammatik in den 60er Jahren (die heute trotz stärkstem Widerhall als gescheitert gilt) hat man einen solchen Anspruch nicht vernommen. Heinrichs akzeptiert den Anspruch, jedoch nicht die Methoden der Durchführung von Chomskys universalgrammatischem Projekt. Seine Kritik betrifft vor allem das zweiwertige Verfahren der Baum-Diagramme bei Chomsky. Heinrichs` in allen vorhergehenden Bänden praktizierte mehrwertige Logik führt zu anschaulichen Kreisdiagrammen, mit der jeder grammatische Satz analysiert werden kann, und dies sogar anschaulich. Auf dem Hintergrund der allen Sprachen gemeinsamen syntaktischen (ebenso wie sigmatischen, semantischen und pragmatischen) Tiefenstrukturen eröffnen sich die Möglichkeiten der Übersetzung, besonders der maschinellen, in ungeahnter Weise. Es gibt Computerlinguisten, die sich bereits um diesen philosophisch fundierten Entwurf von Sprachtheorie kümmern. Doch die Kluft zwischen Sprachinformatik und Philosophie klafft derzeit noch weiter als die zwischen Linguistik allgemein und Philosophie. Heinrichs will zuerst diese letztere, in 200 Jahren gewachsene Kluft überbrücken. Band 5: Textsorten und Stilfiguren oder Die Festspiele des Stils (Stilistik). - Stilistik ist für Heinrichs nichts anderes als die Aufgipfelung der Syntax, der Verbindungsdimension der Sprache, in einer syntaktischen Syntax. Es geht um satzüberschreitende Figuren, allerdings nicht nur im quantitativen, sondern im qualitativen Sinn: Die normale Satzsyntax wird in den Stilfiguren vorausgesetzt und meta-syntaktisch überstiegen. Der Autor findet auch im scheinbaren Wirrwarr der Stilfiguren die reflexionstheoretische Ordnung: 1. die Wiederholungsfiguren, 2. die Analogiefiguren (Metaphern, Gleichnisse usw.), 3. die Maskenspiele der Sprache mit der Wahrheit, wie z.B. Übertreibung und Ironie, 4. Die „Spiegel-Spiele" der Wortspiele, Antithesen und alles, was in der traditionellen Rhetorik bekannt oder noch unbekannt, in jedem Fall bis dato ungeordnet war. Der scheinbar vermessene Anspruch artikuliert sich schon auf dem Umschlag: „Ist es möglich, das Zeitalter des traditionellen Jagens und Sammelns und das der provinziell-willkürlichen Ad-Hoc-Theorien in Sachen Stilfiguren zu beenden? Einordnung der Stilphänomene in ein sprachtheoretisches Ganzes - auf welcher anderen Grundlage als derjenigen der vorhergehenden 4 Bände 'Sprache' wäre das möglich?" Die zahllosen Beispiele aus Lyrik und Sponti-Sprache lassen den stilsensiblen Leser aus dem Staunen nicht heraus kommen. Wer daran zweifelt, ob Sprachtheorie, gar philosophische, heute einen praktischen Wert hat, sollte vielleicht mit diesem letzten Band anfangen, nicht nur als Student der Philosophie oder Linguistik oder Literaturwissenschaft, sondern einfach als Sprachliebhaber. Es gibt derzeit weltweit keine ernsthafte Konkurrenz zu den Beschreibungsmöglichkeiten dieser Stilistik. Der Clou aber ist, dass ihre Figuren bloß die reichhaltigen Sahnehäubchen und Früchte auf einer solide gebauten Torte sind. Das komplette Werk ist einmalig und äußerst empfehlenswert! Selbst wenn hier und da Korrekturen notwendig werden sollten, so ist in sensationeller Weise eine ganz neue Ebene der Verbindung von empirischer Linguistik und philosophischer Logik eröffnet. Es wird nur leider wieder einmal Jahrzehnte brauchen, bis die universitären Erkenntnis-Beamten und spezialistischen Fach-Leute da mitkommen und das anerkennen werden. Angenommen, dieses typische Produkt deutscher Reflexionsphilosophie läge auf Englisch vor - wäre die Rezeption in den USA leichter und schneller?

Eine solche philosophische Systematik des Gesamtsystems Sprache habe ich noch nie gesehen. Im Unterschied zu geschichtlichen Darstellungen der Sprachphilosophie, handelt es sich um eine Systematik aus einem Guss. Sprache wird erstens als eine besonderer Zeichengebrauch definiert (semiotisch): Was unterscheidet sprachliche Zeichen von anderen? Sprache wird zweitens durchgängig "pragmatisch" als Handlungen regulierendes Meta-Handeln verstanden. Trotz grundlegender Kritik an Morris` Pragmatik-Begriff knüpft Heinrichs an dessen berühmte Unterscheidung der semiotischen Dimensionen an. Dessen drei Dimensionen: Syntax (Verbindung der Zeichen), Semantik (Bedeutung der Zeichen) und Pragmatik (angeblich das Verhältnis der Benutzer zu den Zeichen) werden aus einleuchtenden Gründen radikal umdefiniert und erweitert, und so entstehen die vier Dimensionen, die in 5 Bänden behandelt werden. Kennzeichnend ist drittens die durchgehende Bedeutung der Reflexion, d.h. der Selbstbezüglichkeit. Sprache ist für Heinrichs die Weise, wie das Reflexionswesen Mensch sich interpersonalen Ausdruck verschafft, und lässt sich ganz und gar definieren als das Ausdruckssystem der menschlichen Selbstreflexion. Die Vierfachheit der Heinrichs` Sozial- und zuletzt Handlungstheorie prägenden Reflexionsstufen bestimmt mit quasi-mathematischer Konsequenz die gesamte Gliederung und rekonstruktive Methode dieses Sprach-Werkes.

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Band 1: Die Zeichendimension. Das elementare Spiel der Zeichengestalten (Sigmatik) behandelt - nach einer fulminanten generellen Einleitung - die Frage, wie Sprache sich als ein besonderes Zeichensystem etabliert. Es geht vor allem um die ursprüngliche Handlungseinbettung von Sprachzeichen durch die so genannten Sprachspiele. Dieser Begriff sowie der des Gebrauchs wird gegenüber der fundamentalen Verwechslung bei Ludwig Wittgenstein präzisiert: Meint Gebrauch ursprüngliche Bedeutungseinführung bzw. -erfassung oder aber interpersonalen (pragmatischen) Gebrauch zu weiterer Verständigung?

Band 2: Die Bedeutungsdimension oder Semantik enthält die klassischen Themen der Semantik: die Sichtung des Wortschatzes sowie die grundlegenden Aussageformen. Die objektiven Bedeutungen der Sprache sind zutiefst subjektiv, nämlich durch das System der Reflexionsbegriffe, vorgeprägt. In unserem Wortschatz liegt unter der Oberfläche scheinbarer muttersprachlicher Unordnung eine tiefere, begriffliche und universale Ordnung verborgen. Es beginnt schon mit der Zuordnung der Wörter zu Wortarten, die erstmals reflexionslogisch begründet werden. Die Reflexionslogik ist freilich eine andere und reichere Logik als das, was als formale Logik gilt und von einer Richtung der "Sprachlogik" der Sprache übergestülpt werden soll. Heinrichs spricht im Gefolge des Logikers Gotthard Günther von mehrwertiger Logik. Die Bedeutung dieser Art von Semantik liegt nicht zuletzt darin, dass ein Maßstab geboten wird, das Universalsprachliche vom Einzelsprachlichen zu unterscheiden. Die meisten Menschen sind mit Recht zunächst von konkreten Spracherscheinungen beeindruckt. Sie können jedoch nicht unterscheiden, ob es das Besondere einer Muttersprache oder das Allgemein-Sprachliche ist, was sie fasziniert - oder etwa gerade das Zusammenspiel der beiden Ebenen. In dieser Semantik wird das unterscheidbar.

Band 3: Die Handlungsdimension. Psychologik der Sprechakte und Dialoganalyse (Pragmatik). - Den schon in der vorhergehenden Handlungstheorie von Heinrichs behandelten großen Gattungen des Handelns entsprechen nun auf der Ebene des Sprach-Handelns: Erstens die objektive Informationspragmatik, zweitens die subjektive Ausdruckspragmatik, drittens die interpersonale Wirkungspragmatik sowie viertens die der Rollenausführung durch Sprache („ich eröffne hiermit die Sitzung", „ich heirate dich"). Es ist erstaunlich, wie viele der von der bisherigen Sprachpragmatik (im Gefolge von J. Austin und J. Searle) ungeklärten Probleme durch das konsequente methodische Vorangehen eine Lösung finden. Eine wahre Goldgrube für alle Lehrer und Trainer der Kommunikation durch Sprache. Hier wird Sprache als soziales Handeln in seiner ganzen Breite thematisiert - ohne die falsche Gleichschaltung von Handeln und Meta-Handeln durch Sprache.

Band 4: Die Satzbauformel. Eine philosophisch begründende Grammatik (Syntax). - Seit Noam Chomskys Entwürfen zu einer universalen generativen Grammatik in den 60er Jahren (die heute trotz stärkstem Widerhall als gescheitert gilt) hat man einen solchen Anspruch nicht vernommen. Heinrichs akzeptiert den Anspruch, jedoch nicht die Methoden der Durchführung von Chomskys universalgrammatischem Projekt. Seine Kritik betrifft vor allem das zweiwertige Verfahren der Baum-Diagramme bei Chomsky. Heinrichs` in allen vorhergehenden Bänden praktizierte mehrwertige Logik führt zu anschaulichen Kreisdiagrammen, mit der jeder grammatische Satz analysiert werden kann, und dies sogar anschaulich.

Auf dem Hintergrund der allen Sprachen gemeinsamen syntaktischen (ebenso wie sigmatischen, semantischen und pragmatischen) Tiefenstrukturen eröffnen sich die Möglichkeiten der Übersetzung, besonders der maschinellen, in ungeahnter Weise. Es gibt Computerlinguisten, die sich bereits um diesen philosophisch fundierten Entwurf von Sprachtheorie kümmern. Doch die Kluft zwischen Sprachinformatik und Philosophie klafft derzeit noch weiter als die zwischen Linguistik allgemein und Philosophie. Heinrichs will zuerst diese letztere, in 200 Jahren gewachsene Kluft überbrücken.

Band 5: Textsorten und Stilfiguren oder Die Festspiele des Stils (Stilistik). - Stilistik ist für Heinrichs nichts anderes als die Aufgipfelung der Syntax, der Verbindungsdimension der Sprache, in einer syntaktischen Syntax. Es geht um satzüberschreitende Figuren, allerdings nicht nur im quantitativen, sondern im qualitativen Sinn: Die normale Satzsyntax wird in den Stilfiguren vorausgesetzt und meta-syntaktisch überstiegen. Der Autor findet auch im scheinbaren Wirrwarr der Stilfiguren die reflexionstheoretische Ordnung: 1. die Wiederholungsfiguren, 2. die Analogiefiguren (Metaphern, Gleichnisse usw.), 3. die Maskenspiele der Sprache mit der Wahrheit, wie z.B. Übertreibung und Ironie, 4. Die „Spiegel-Spiele" der Wortspiele, Antithesen und alles, was in der traditionellen Rhetorik bekannt oder noch unbekannt, in jedem Fall bis dato ungeordnet war. Der scheinbar vermessene Anspruch artikuliert sich schon auf dem Umschlag: „Ist es möglich, das Zeitalter des traditionellen Jagens und Sammelns und das der provinziell-willkürlichen Ad-Hoc-Theorien in Sachen Stilfiguren zu beenden? Einordnung der Stilphänomene in ein sprachtheoretisches Ganzes - auf welcher anderen Grundlage als derjenigen der vorhergehenden 4 Bände 'Sprache' wäre das möglich?" Die zahllosen Beispiele aus Lyrik und Sponti-Sprache lassen den stilsensiblen Leser aus dem Staunen nicht heraus kommen.

Wer daran zweifelt, ob Sprachtheorie, gar philosophische, heute einen praktischen Wert hat, sollte vielleicht mit diesem letzten Band anfangen, nicht nur als Student der Philosophie oder Linguistik oder Literaturwissenschaft, sondern einfach als Sprachliebhaber. Es gibt derzeit weltweit keine ernsthafte Konkurrenz zu den Beschreibungsmöglichkeiten dieser Stilistik. Der Clou aber ist, dass ihre Figuren bloß die reichhaltigen Sahnehäubchen und Früchte auf einer solide gebauten Torte sind. Das komplette Werk ist einmalig und äußerst empfehlenswert! Selbst wenn hier und da Korrekturen notwendig werden sollten, so ist in sensationeller Weise eine ganz neue Ebene der Verbindung von empirischer Linguistik und philosophischer Logik eröffnet. Es wird nur leider wieder einmal Jahrzehnte brauchen, bis die universitären Erkenntnis-Beamten und spezialistischen Fach-Leute da mitkommen und das anerkennen werden. Angenommen, dieses typische Produkt deutscher Reflexionsphilosophie läge auf Englisch vor - wäre die Rezeption in den USA leichter und schneller?

geschrieben am 14.02.2012 | 1004 Wörter | 6908 Zeichen

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