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Kindermangel in Deutschland - Bevölkerungsökonomische Analysen und familienpolitische Lösungen.


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Rezension von

Christoph Kramer

Kindermangel in Deutschland - Bevölkerungsökonomische Analysen und familienpolitische Lösungen. Gunter Steinmann ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Halle. Sein Buch untergliedert sich, genau wie der Titel verspricht, in einen längeren Teil mit bevölkerungsökonomischen Analysen und einen kürzeren mit familienpolitischen Lösungen. Die bevölkerungsökonomischen Diagnosen fallen erwartungsgemäß eher pessimistisch aus. Steinmann konstatiert ein Auseinanderklaffen der individuellen und der kollektiven ökonomischen Rationalität in der Nachwuchsfrage. Untersucht werden anhand der aktuellen öffentlichen Zahlen die Auswirkungen der demographischen Schrumpfung und Alterung der deutschen Gesellschaft auf die sozialen Sicherungssysteme, auf das Güterangebot und auf die Güternachfrage. Der Abschnitt über die Sozialsysteme beinhaltet Ausführungen zur Rentenversicherung, zur Kranken- und zur Pflegeversicherung. Steinmann meint, daß der Alterungsprozeß allein die Rentenversicherung noch nicht vor unlösbare Probleme stellt, wenn es nicht die durchschnittlich späten Berufseinstiegs- (z.B. Akademiker: 29 Jahre) und frühen Berufsausstiegszeiten in Deutschland gäbe. Staatliche Anreize zur Spätverrentung plus genügend Beschäftigungschancen für Ältere seien hier die Lösungswege. Bei der Krankenversicherung wird die Alterung eine Erhöhung der Ausgaben (z.B. Ausgaben für Sterbende, die jeweils ca. ein Drittel der Gesundheitsausgaben pro Kohorte ausmachen) bringen. Da die Beiträge der Rentner kaum steigen werden können, wird wohl v.a. der Beitragssatz für die Berufstätigen explodieren. Falls diese sich erfolgreich dagegen wehren, wird es zu einer stärkeren Einschränkung der Leistungen kommen. Oder es kommt zu einem Mix aus steigenden Beiträgen und stärkeren Leistungseinschränkungen der Kassen. (Letztlich hinge der Gang der Entwicklung hier von der gesellschaftlichen Macht der betroffenen Gruppen ab.) Der „Medikalisierungsthese“, nach der die steigende Lebenserwartung zu höheren durchschnittlichen Krankenkosten besonders ab dem 60. Lebensjahr führen wird, steht die „Kompressionsthese“ gegenüber, nach welcher der medizinische Fortschritt (v.a. Prävention) die Sterblichkeit und die Krankheiten in allen Altersgruppen zeitlich nach hinten verschieben und somit auch die durchschnittlichen Krankenkosten senken wird. Steinmann will sich hier nicht eindeutig festlegen und meint, daß es dank moderner Medizin sowohl mehr gesund als auch mehr krank verbrachte Lebensjahre geben wird, so daß sich die Kosten eventuell im Gleichgewicht halten könnten. Der gesetzlichen Pflegeversicherung gibt Steinmann nur sehr geringe Chancen, überhaupt in der bisherigen Form zu überleben. Dem Lobgesang vieler Ökonomen auf ein kapitalgedecktes Verfahren anstelle des bisher praktizierten Umlageverfahren will sich Steinmann nicht ohne weiteres anschließen. Eine schrumpfende Gesellschaft mit schrumpfenden Märkten erlebt Preis- und Mietverfall, so daß es in Frage steht, ob mit dem aufgebauten Kapitalstock im Alter genügend Rendite erwirtschaftet werden kann. Allerdings stünde dem Kapital dann immerhin der Weg der Internationalisierung offen, der allerdings nicht ganz risikofrei wäre (Wechselkursrisiken, unsichere Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern). Das Schrumpfen und Altern der Bevölkerung wird nach Steinmann voraussichtlich Produktüberkapazitäten in vielen Bereichen schaffen (nicht zuletzt durch die vielen Erbschaften, die als tw. Vermögenswerte auf den Markt drängen werden ohne auf eine allzu große Nachfrage zu treffen) und damit einen Preisverfall einleiten und die Investitionsnachfrage in Deutschland schwächen. Ausgenommen davon sind lediglich Bereiche wie Gesundheit und Altenbetreuung. Am stärksten betrifft die Schrumpfung den Bereich Verkehr und Nachrichten, d.h. Automobilindustrie, Eisenbahn, Medien und neue Kommunikationstechnologien müssen mit den stärksten Einbußen im Inland rechnen. Das Problem besteht v.a. in der zunehmenden Anzahl von Rentnerhaushalten mit einer konservativen Konsumstruktur und geringen Haushaltseinkommen. Weniger Menschen heißt auch: mehr Staatsschulden pro Einwohner, d.h. ein Anreiz für höhere Besteuerung der Bürger. Dadurch dürfte das verfügbare Einkommen und die Güternachfrage insgesamt noch stärker gesenkt werden, nicht zuletzt auch wegen der zu erwartenden weiterhin hohen Kapitalexportquote, vorwiegend in die USA (Wobei andererseits ab 2030 durch das Ausscheiden der Babyboomer das im Ausland angelegte Kapital in stärkerem Maße nach Deutschland zurückfließen könnte). Wegen des Preisverfalls wird es vermutlich hohe private und staatliche Vermögensverluste geben, v.a. bei Immobilien, für die weit weniger Bedarf bestehen wird. Davon ausgenommen ist natürlich die Kranken- und Pflegeinfrastruktur, bei der sogar ein zusätzlicher Investitionsbedarf bestehen wird, der wiederum die Steuern noch weiter in die Höhe treibt. Bei der Güterproduktion sind die negativen Folgen des demographischen Wandels nach Steinmann: weniger Produktionsanreize, vermutlich auch weniger Produktionspotential (Sach- und Humankapitalausstattung pro Kopf – dies sei aber empirisch nicht bestätigt), weniger technischer Fortschritt, weniger Kapitalintensität (wenn die Kapitalvernichtung schneller abläuft als die Schrumpfung der Erwerbstätigenzahl wird es die von vielen bei isolierter Betrachtung erwartete Erhöhung der Kapitalausstattung pro Kopf nicht geben), weniger Humankapitalqualität (v.a. wg. der Verminderung der wichtigen „Innovationskompetenz“), verlängerte Arbeitszeiten und vermutlich auch höhere Arbeitslosigkeit. Besonders der Preisverfall bei der Binnennachfrage und die wachsende Steuer- und Abgabenlast werden der Produktion in Deutschland zu schaffen machen. Alles, was nicht in Gesundheits- und Pflegedienstleistungen oder im Export abgesetzt werden kann, wird sich daher vermutlich langfristig als Investitionsobjekt in Deutschland kaum noch lohnen. Das betrifft z.B. Transportdienstleistungen, Druck- und Medienerzeugnisse in deutscher Sprache, deutsche Rechtsberatung usw. Gerade in diesen Branchen wird es vermutlich auch zu einem verstärkten Abbau von Arbeitsplätzen kommen. Die Risikofreudigkeit und Langfristigkeit bei Investitionen nimmt zudem im Alter ab. Alte legen ihr Vermögen potentiell konventioneller an und geben einer raschen Kapitalamortisation potentiell den Vorzug vor langfristigen Investitionen, deren Früchte dann vielleicht außerhalb der eigenen Lebensspanne liegen würden. Ein ganz ähnliches Investitionsverhalten ist bei auswärtigen Investoren in eine alternde und schrumpfende Gesellschaft zu erwarten. Interessant wird es bei Steinmanns Vorschlägen zu „familienpolitischen Lösungen“ der demographischen Krise. Zunächst ermittelt Steinmann in der Gruppe der gut ausgebildeten Frauen die vorrangige Zielgruppe sämtlicher familienpolitischer Maßnahmen. Deren Nutzen von Kindern müßte sich fühlbar erhöhen, z.B. durch Familiensplitting nach französischem Vorbild und Erhöhung des Erziehungsgeldes (das jetzt eingeführte Elterngeld geht nach Steinmann genau in die richtige Richtung, wird aber wegen der staatlichen Bevormundung des ehelichen Verhaltens bezüglich der beiden Partnermonate gerügt). Neben dem „Einkommensnutzen“ von Kindern sollte sich für gut ausgebildete Eltern v.a. der „Sicherungsnutzen“ erhöhen. Die bisherige Regelung der Rentenbeitragszeiten für Erziehung setze eher positive Anreize für Geringverdiener und Geringqualifizierte. An dem Mangel, daß sie unabhängig von der Qualität der Kindererziehung und Ausbildung gewährt werden würde, litte auch die von Hans Werner Sinn vorgeschlagene staatliche Kinderrente. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Sven Tagge hat Steinmann daher das Konzept einer (umlagefinanzierten) „gesetzlichen Familienrentenversicherung“ ausgearbeitet. Dabei sollen die Rentner neben einer allgemeinen Rente, die sich wie bisher am Lebensarbeitseinkommen des Rentners orientiert, noch einen zusätzlichen intrafamiliären Rentenbeitrag erhalten, der an der Anzahl und dem aktuellen Einkommen der Kinder des Rentners ausgerichtet ist, d.h. je mehr und je besser qualifizierte Kinder er hat, desto höher fällt die Rente eines Menschen aus. Ähnliche Reprivatisierungsideen der Altenversorgung formuliert Steinmann auch für die Kranken- und Pflegeversicherung. Kinder könnten vor die Wahl gestellt werden, für ihre Eltern Pflege und Krankenversicherungsbeiträge mitzuleisten oder ersatzweise die Pflegedienste selbst zu übernehmen. In diesem Modell würden Kinder wieder tendenziell zum Eigentum ihrer Eltern mit allen Folgen, die man aus der Vergangenheit bzw. zeitlich parallel existierenden Kulturen ohne deutsches Rentensystem kennt: Einschränkungsversuche der biographischen und beruflichen Wahlfreiheit der Kinder durch die Eltern, Bevorzugung von Söhnen gegenüber Töchtern usw. Schließlich fordert Steinmann noch die Verringerung der elterlichen Opportunitätskosten und „Risikokosten“ durch Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, Ganztagsschulen usw. Interessant ist hierbei der Vorschlag einer Begrenzung der Finanzierungspflicht der Eltern auf die Schulausbildung der Kinder. D.h., für die Finanzierung ihrer Berufs- oder Hochschulausbildung müßten die Kinder dann via Bankkrediten o.ä. selbst sorgen, was nach Auffassung Steinmanns die Effizienz der Ausbildung wesentlich erhöhen könnte (Anreize zur sorgfältigen Wahl des Studienfaches, Vermeidung von Studienabbrüchen, Verkürzung der Studienzeiten usw.). Schließlich sollte der Staat aufhören, Abtreibungskosten für Frauen zu übernehmen, obwohl diese über moderne Verhütungsmittel gut aufgeklärt sind und diese Mittel relativ preiswert erhalten können. Dafür sollten lieber vermehrt Kosten für Versuche zur künstlichen Befruchtung übernommen werden. Fazit: Gunter Steinmann bietet einen sehr guten, auf aktuellen statistischen Zahlenangaben beruhenden Überblick über die wesentlichen Aspekte der demographischen Problematik und versucht Lösungswege zu skizzieren. Ob man den verhaltenen Optimismus bezüglich einer tatsächlichen Möglichkeit zur Lösung der Probleme angesichts der deutschen Realitäten so noch teilen kann, muß der kritische Leser für sich selbst entscheiden.

Gunter Steinmann ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Halle. Sein Buch untergliedert sich, genau wie der Titel verspricht, in einen längeren Teil mit bevölkerungsökonomischen Analysen und einen kürzeren mit familienpolitischen Lösungen.

Die bevölkerungsökonomischen Diagnosen fallen erwartungsgemäß eher pessimistisch aus. Steinmann konstatiert ein Auseinanderklaffen der individuellen und der kollektiven ökonomischen Rationalität in der Nachwuchsfrage. Untersucht werden anhand der aktuellen öffentlichen Zahlen die Auswirkungen der demographischen Schrumpfung und Alterung der deutschen Gesellschaft auf die sozialen Sicherungssysteme, auf das Güterangebot und auf die Güternachfrage.

Der Abschnitt über die Sozialsysteme beinhaltet Ausführungen zur Rentenversicherung, zur Kranken- und zur Pflegeversicherung. Steinmann meint, daß der Alterungsprozeß allein die Rentenversicherung noch nicht vor unlösbare Probleme stellt, wenn es nicht die durchschnittlich späten Berufseinstiegs- (z.B. Akademiker: 29 Jahre) und frühen Berufsausstiegszeiten in Deutschland gäbe. Staatliche Anreize zur Spätverrentung plus genügend Beschäftigungschancen für Ältere seien hier die Lösungswege. Bei der Krankenversicherung wird die Alterung eine Erhöhung der Ausgaben (z.B. Ausgaben für Sterbende, die jeweils ca. ein Drittel der Gesundheitsausgaben pro Kohorte ausmachen) bringen. Da die Beiträge der Rentner kaum steigen werden können, wird wohl v.a. der Beitragssatz für die Berufstätigen explodieren. Falls diese sich erfolgreich dagegen wehren, wird es zu einer stärkeren Einschränkung der Leistungen kommen. Oder es kommt zu einem Mix aus steigenden Beiträgen und stärkeren Leistungseinschränkungen der Kassen. (Letztlich hinge der Gang der Entwicklung hier von der gesellschaftlichen Macht der betroffenen Gruppen ab.) Der „Medikalisierungsthese“, nach der die steigende Lebenserwartung zu höheren durchschnittlichen Krankenkosten besonders ab dem 60. Lebensjahr führen wird, steht die „Kompressionsthese“ gegenüber, nach welcher der medizinische Fortschritt (v.a. Prävention) die Sterblichkeit und die Krankheiten in allen Altersgruppen zeitlich nach hinten verschieben und somit auch die durchschnittlichen Krankenkosten senken wird. Steinmann will sich hier nicht eindeutig festlegen und meint, daß es dank moderner Medizin sowohl mehr gesund als auch mehr krank verbrachte Lebensjahre geben wird, so daß sich die Kosten eventuell im Gleichgewicht halten könnten. Der gesetzlichen Pflegeversicherung gibt Steinmann nur sehr geringe Chancen, überhaupt in der bisherigen Form zu überleben.

Dem Lobgesang vieler Ökonomen auf ein kapitalgedecktes Verfahren anstelle des bisher praktizierten Umlageverfahren will sich Steinmann nicht ohne weiteres anschließen. Eine schrumpfende Gesellschaft mit schrumpfenden Märkten erlebt Preis- und Mietverfall, so daß es in Frage steht, ob mit dem aufgebauten Kapitalstock im Alter genügend Rendite erwirtschaftet werden kann. Allerdings stünde dem Kapital dann immerhin der Weg der Internationalisierung offen, der allerdings nicht ganz risikofrei wäre (Wechselkursrisiken, unsichere Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern).

Das Schrumpfen und Altern der Bevölkerung wird nach Steinmann voraussichtlich Produktüberkapazitäten in vielen Bereichen schaffen (nicht zuletzt durch die vielen Erbschaften, die als tw. Vermögenswerte auf den Markt drängen werden ohne auf eine allzu große Nachfrage zu treffen) und damit einen Preisverfall einleiten und die Investitionsnachfrage in Deutschland schwächen. Ausgenommen davon sind lediglich Bereiche wie Gesundheit und Altenbetreuung. Am stärksten betrifft die Schrumpfung den Bereich Verkehr und Nachrichten, d.h. Automobilindustrie, Eisenbahn, Medien und neue Kommunikationstechnologien müssen mit den stärksten Einbußen im Inland rechnen. Das Problem besteht v.a. in der zunehmenden Anzahl von Rentnerhaushalten mit einer konservativen Konsumstruktur und geringen Haushaltseinkommen.

Weniger Menschen heißt auch: mehr Staatsschulden pro Einwohner, d.h. ein Anreiz für höhere Besteuerung der Bürger. Dadurch dürfte das verfügbare Einkommen und die Güternachfrage insgesamt noch stärker gesenkt werden, nicht zuletzt auch wegen der zu erwartenden weiterhin hohen Kapitalexportquote, vorwiegend in die USA (Wobei andererseits ab 2030 durch das Ausscheiden der Babyboomer das im Ausland angelegte Kapital in stärkerem Maße nach Deutschland zurückfließen könnte). Wegen des Preisverfalls wird es vermutlich hohe private und staatliche Vermögensverluste geben, v.a. bei Immobilien, für die weit weniger Bedarf bestehen wird. Davon ausgenommen ist natürlich die Kranken- und Pflegeinfrastruktur, bei der sogar ein zusätzlicher Investitionsbedarf bestehen wird, der wiederum die Steuern noch weiter in die Höhe treibt.

Bei der Güterproduktion sind die negativen Folgen des demographischen Wandels nach Steinmann: weniger Produktionsanreize, vermutlich auch weniger Produktionspotential (Sach- und Humankapitalausstattung pro Kopf – dies sei aber empirisch nicht bestätigt), weniger technischer Fortschritt, weniger Kapitalintensität (wenn die Kapitalvernichtung schneller abläuft als die Schrumpfung der Erwerbstätigenzahl wird es die von vielen bei isolierter Betrachtung erwartete Erhöhung der Kapitalausstattung pro Kopf nicht geben), weniger Humankapitalqualität (v.a. wg. der Verminderung der wichtigen „Innovationskompetenz“), verlängerte Arbeitszeiten und vermutlich auch höhere Arbeitslosigkeit.

Besonders der Preisverfall bei der Binnennachfrage und die wachsende Steuer- und Abgabenlast werden der Produktion in Deutschland zu schaffen machen. Alles, was nicht in Gesundheits- und Pflegedienstleistungen oder im Export abgesetzt werden kann, wird sich daher vermutlich langfristig als Investitionsobjekt in Deutschland kaum noch lohnen. Das betrifft z.B. Transportdienstleistungen, Druck- und Medienerzeugnisse in deutscher Sprache, deutsche Rechtsberatung usw. Gerade in diesen Branchen wird es vermutlich auch zu einem verstärkten Abbau von Arbeitsplätzen kommen.

Die Risikofreudigkeit und Langfristigkeit bei Investitionen nimmt zudem im Alter ab. Alte legen ihr Vermögen potentiell konventioneller an und geben einer raschen Kapitalamortisation potentiell den Vorzug vor langfristigen Investitionen, deren Früchte dann vielleicht außerhalb der eigenen Lebensspanne liegen würden. Ein ganz ähnliches Investitionsverhalten ist bei auswärtigen Investoren in eine alternde und schrumpfende Gesellschaft zu erwarten.

Interessant wird es bei Steinmanns Vorschlägen zu „familienpolitischen Lösungen“ der demographischen Krise. Zunächst ermittelt Steinmann in der Gruppe der gut ausgebildeten Frauen die vorrangige Zielgruppe sämtlicher familienpolitischer Maßnahmen. Deren Nutzen von Kindern müßte sich fühlbar erhöhen, z.B. durch Familiensplitting nach französischem Vorbild und Erhöhung des Erziehungsgeldes (das jetzt eingeführte Elterngeld geht nach Steinmann genau in die richtige Richtung, wird aber wegen der staatlichen Bevormundung des ehelichen Verhaltens bezüglich der beiden Partnermonate gerügt).

Neben dem „Einkommensnutzen“ von Kindern sollte sich für gut ausgebildete Eltern v.a. der „Sicherungsnutzen“ erhöhen. Die bisherige Regelung der Rentenbeitragszeiten für Erziehung setze eher positive Anreize für Geringverdiener und Geringqualifizierte. An dem Mangel, daß sie unabhängig von der Qualität der Kindererziehung und Ausbildung gewährt werden würde, litte auch die von Hans Werner Sinn vorgeschlagene staatliche Kinderrente. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Sven Tagge hat Steinmann daher das Konzept einer (umlagefinanzierten) „gesetzlichen Familienrentenversicherung“ ausgearbeitet. Dabei sollen die Rentner neben einer allgemeinen Rente, die sich wie bisher am Lebensarbeitseinkommen des Rentners orientiert, noch einen zusätzlichen intrafamiliären Rentenbeitrag erhalten, der an der Anzahl und dem aktuellen Einkommen der Kinder des Rentners ausgerichtet ist, d.h. je mehr und je besser qualifizierte Kinder er hat, desto höher fällt die Rente eines Menschen aus. Ähnliche Reprivatisierungsideen der Altenversorgung formuliert Steinmann auch für die Kranken- und Pflegeversicherung. Kinder könnten vor die Wahl gestellt werden, für ihre Eltern Pflege und Krankenversicherungsbeiträge mitzuleisten oder ersatzweise die Pflegedienste selbst zu übernehmen. In diesem Modell würden Kinder wieder tendenziell zum Eigentum ihrer Eltern mit allen Folgen, die man aus der Vergangenheit bzw. zeitlich parallel existierenden Kulturen ohne deutsches Rentensystem kennt: Einschränkungsversuche der biographischen und beruflichen Wahlfreiheit der Kinder durch die Eltern, Bevorzugung von Söhnen gegenüber Töchtern usw.

Schließlich fordert Steinmann noch die Verringerung der elterlichen Opportunitätskosten und „Risikokosten“ durch Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, Ganztagsschulen usw. Interessant ist hierbei der Vorschlag einer Begrenzung der Finanzierungspflicht der Eltern auf die Schulausbildung der Kinder. D.h., für die Finanzierung ihrer Berufs- oder Hochschulausbildung müßten die Kinder dann via Bankkrediten o.ä. selbst sorgen, was nach Auffassung Steinmanns die Effizienz der Ausbildung wesentlich erhöhen könnte (Anreize zur sorgfältigen Wahl des Studienfaches, Vermeidung von Studienabbrüchen, Verkürzung der Studienzeiten usw.).

Schließlich sollte der Staat aufhören, Abtreibungskosten für Frauen zu übernehmen, obwohl diese über moderne Verhütungsmittel gut aufgeklärt sind und diese Mittel relativ preiswert erhalten können. Dafür sollten lieber vermehrt Kosten für Versuche zur künstlichen Befruchtung übernommen werden.

Fazit: Gunter Steinmann bietet einen sehr guten, auf aktuellen statistischen Zahlenangaben beruhenden Überblick über die wesentlichen Aspekte der demographischen Problematik und versucht Lösungswege zu skizzieren. Ob man den verhaltenen Optimismus bezüglich einer tatsächlichen Möglichkeit zur Lösung der Probleme angesichts der deutschen Realitäten so noch teilen kann, muß der kritische Leser für sich selbst entscheiden.

geschrieben am 05.08.2007 | 1258 Wörter | 8834 Zeichen

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