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Bauproduktenverordnung VO (EU) 305/2011 (BauPVO)


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Rezension von

Dr. Sebastian Felz

Bauproduktenverordnung VO (EU) 305/2011 (BauPVO) Vor 70 Jahren, am 9. Mai 1950, skizzierte der französische Außenminister die wirtschaftliche Vergemeinschaftung der Kohle- und Stahlproduktion als Friedensprojekt: „Die Solidarität der Produktion, die so geschaffen wird, wird bekunden, dass jeder Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich ist. Die Schaffung dieser mächtigen Produktionsgemeinschaft, die allen Ländern offensteht, die daran teilnehmen wollen, mit dem Zweck, allen Ländern, die sie umfasst, die notwendigen Grundstoffe für ihre industrielle Produktion zu gleichen Bedingungen zu liefern, wird die realen Fundamente zu ihrer wirtschaftlichen Vereinigung legen.“ Die „Solidarität der Produktion“ und die „mächtige Produktionsgemeinschaft“, die damals angesprochen wurde, entwickelte sich in den letzten sieben Jahrzehnten zum „Unionsmarkt“ als Binnenmarkt von zwischenzeitlich 28 Mitgliedstaaten, in dem 2016 Waren im Wert von 3.117 Milliarden Euro ausgetauscht wurden. Mit einem Gesamtumsatz von ca. 420 Mrd. Euro ist der Bereich der Bauprodukte einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Europäischen Union, betonen die drei Bearbeiter des Kommentars zur Bauproduktenverordnung 305/2011 Simeon Held, Malte Jaguttis (beide Rechtsanwälte in Köln) sowie Roman Rupp (Präsident des Deutschen Instituts für vorbeugenden Brandschutz in Köln). Der Kommentarband enthält den Verordnungstext, eine Einführung sowie die Kommentierung der BauPVO sowie drei Anhänge (der EU-Acquis nach Verordnung (EU) Nr. 305/2011, die Verordnungen (EG) Nr. 764 sowie Nr. 765/2008, den Beschluss Nr. 768/2008/EG, das Bauproduktengesetz, einen Auszug aus der Musterbauordnung sowie eine Übersicht der Landesbauordnungen, das Abkommen über das Deutsche Institut für Bautechnik, die Satzung des Deutschen Instituts für Bautechnik und den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Deutschen Institut für Normung e. V.). Ein „Bauprodukt“, so wird der Begriff in Art. 2 Nr. 1 der VO bestimmt, ist „jedes Produkt oder jede[r] Bausatz, das beziehungsweise der hergestellt und in Verkehr gebracht wird, um dauerhaft in Bauwerke oder Teile davon eingebaut zu werden, und dessen Leistung sich auf die Leistung des Bauwerks in Hinblick auf die Grundanforderungen an Bauwerke auswirkt“. Damit wird das Spannungsfeld aufgezeigt, in welchem die BauPVO Regelungskraft entfaltet. Die BauPVO unterscheide sich von anderen Rechtsakten im Bereich der Produktharmonisierung, schreiben die Bearbeiter in der Einführung (Rn. 51, vgl. auch Art. 1 Rn. 3) prägnant, da sie keine Anforderungen an die Produkte selbst formuliere. Bauprodukte seien „Zwischenprodukte“, die in Bauwerke eingebaut werden und daher sei nicht die Sicherheit des einzelnen Bauproduktes maßgeblich, sondern die Sicherheit des fertigen Bauwerks. Die Grundanforderungen (Mechanische Festigkeit und Standsicherheit; Brandschutz; Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz; Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung; Schallschutz, Energieeinsparung und Wärmeschutz sowie nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen) schreibt Anhang I vor (Art. 3 BauPVO). Zentrales Element der BauPVO ist die „Leistungserklärung“ (Art. 4 ff. BauPVO), in welcher der Hersteller die Leistung von „Wesentlichen Merkmalen“ eines Bauproduktes angibt. Europäisch harmonisierte Normen legen diese „Wesentlichen Merkmale“ im Hinblick auf die Anforderungen aus Anhang I fest. Die CE-Kennzeichnung bedeutet im Rahmen der BauPVO nicht wie in anderen Harmonisierungsrechtsvorschriften die Konformität des Produktes mit harmonisierten Normen, sondern mit der erklärten Leistung. Die Mitgliedstaaten legen auf ihrer Ebene dann fest, welche Leistung ein Bauprodukt erreichen muss, um für einen bestimmten Zweck verwendet werden zu dürfen (Einleitung, Rn. 67 ff.). Die Leistungserklärung ist das Scharnier zwischen europäischem und nationalem Recht. Die sehr hilfreiche Einleitung stellt die Grundlagen der europäischen Produktharmonisierung im Allgemeinen (Grundfreiheiten sowie Kompetenzen im AEUV) sowie die Entwicklung des EU-Bauproduktenrechts (Bauproduktenrichtline und BauPVO) und des nationalen Bauproduktenrechts im Besondern vor. Des Weiteren erhalten die Leserin und der Leser einen systematischen Überblick über den Aufbau der BauPVO, harmonisierte Normen und Normungsgremien sowie nicht harmonisierte Normen und die Rolle des „Deutschen Instituts für Bautechnik“. Hier seien drei kleine Anmerkungen angebracht. In Rn. 35 werden die Handlungsformen des europäischen Gesetzgebers nach Art. 288 AEUV vorgestellt und auch noch die „Entscheidung“, jetzt Beschlüsse, erwähnt. Rn. 77 stellt die Überschneidungen zu anderen Harmonisierungsvorschriften vor, auch die zu Verordnung (EU) 2016/426 über Gasgeräte. Dort wird auf den Aufsatz von Wolfang van Rienen in der EnWZ 2017, 339 (341 f.) verwiesen, leider ohne eine kurze Erklärung, warum auf die Ausführungen verwiesen wird. Hier wäre eine knappe Wiedergabe der These van Rienens hilfreich (S. 342): „Die Zweifel an der Einordnung von Gasgeräten als Bauprodukte und das Fehlen von detaillierten Regelungen zur gastechnischen Sicherheit von Gasgeräten in der BauproduktenVO führen also bereits zu dem Ergebnis, dass eine Regelungskonkurrenz mit Vorrang für die BauproduktenVO in Bezug auf die gastechnische Sicherheit nicht in Frage kommt. Daher ist es auch weiterhin sachlich gerechtfertigt, den bisher im Verhältnis der Bauprodukten- zu der GasgerätеRL praktizierten und bewährten Anwendungsvorrang der GasgeräteVO als speziellerer Regelung gegenüber der BauproduktenVO beizubehalten.“ Etwas überraschend finden sich in der Einleitung keine „vor die Klammer gezogenen“ Ausführungen zur Rechtssache „James Elliott“. Der EuGH hat mit Urteil vom 27.10.2016 - RS C 613/14 entschieden, dass der EuGH für die Auslegung von harmonisierten Normen nach der EU-Bauproduktenverordnung zuständig ist. Eine Entscheidung, die für einige Diskussionen gesorgt hat, denn die rechtliche Einstufung von Normen als Rechtssätze führt z.B. zu der Frage, ob diese Normen nicht für jedermann zugänglich veröffentlicht werden müssen. Momentan müssen sie von den nationalen Normungsorganisationen kostenpflichtig erworben werden bzw. können in Auslegestellen eingesehen werden. Auch müssten nationale Gerichte bei Streitigkeiten über harmonisierte Normen, diese dem EuGH nach Art. 267 AEUV nun vorlegen. Diese Überlegung zum Elliott-Urteil finden sich z. B. in den Einzelkommentierungen (Art. 2 Rn. 50; Art 8 Rn. 37, Art. 17 Rn. 15 und 21f. sowie Art. 18 Rn. 3), welche allerdings durch das Stichwortverzeichnis leicht auffindbar sind. Der Kommentar von Held / Jaguttis/ Rupp ist ein unverzichtbarer Grundstein für die fundierte Orientierung im europäischen Bauproduktenrecht.

Vor 70 Jahren, am 9. Mai 1950, skizzierte der französische Außenminister die wirtschaftliche Vergemeinschaftung der Kohle- und Stahlproduktion als Friedensprojekt:

„Die Solidarität der Produktion, die so geschaffen wird, wird bekunden, dass jeder Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich ist. Die Schaffung dieser mächtigen Produktionsgemeinschaft, die allen Ländern offensteht, die daran teilnehmen wollen, mit dem Zweck, allen Ländern, die sie umfasst, die notwendigen Grundstoffe für ihre industrielle Produktion zu gleichen Bedingungen zu liefern, wird die realen Fundamente zu ihrer wirtschaftlichen Vereinigung legen.“

Die „Solidarität der Produktion“ und die „mächtige Produktionsgemeinschaft“, die damals angesprochen wurde, entwickelte sich in den letzten sieben Jahrzehnten zum „Unionsmarkt“ als Binnenmarkt von zwischenzeitlich 28 Mitgliedstaaten, in dem 2016 Waren im Wert von 3.117 Milliarden Euro ausgetauscht wurden. Mit einem Gesamtumsatz von ca. 420 Mrd. Euro ist der Bereich der Bauprodukte einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Europäischen Union, betonen die drei Bearbeiter des Kommentars zur Bauproduktenverordnung 305/2011 Simeon Held, Malte Jaguttis (beide Rechtsanwälte in Köln) sowie Roman Rupp (Präsident des Deutschen Instituts für vorbeugenden Brandschutz in Köln). Der Kommentarband enthält den Verordnungstext, eine Einführung sowie die Kommentierung der BauPVO sowie drei Anhänge (der EU-Acquis nach Verordnung (EU) Nr. 305/2011, die Verordnungen (EG) Nr. 764 sowie Nr. 765/2008, den Beschluss Nr. 768/2008/EG, das Bauproduktengesetz, einen Auszug aus der Musterbauordnung sowie eine Übersicht der Landesbauordnungen, das Abkommen über das Deutsche Institut für Bautechnik, die Satzung des Deutschen Instituts für Bautechnik und den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Deutschen Institut für Normung e. V.).

Ein „Bauprodukt“, so wird der Begriff in Art. 2 Nr. 1 der VO bestimmt, ist „jedes Produkt oder jede[r] Bausatz, das beziehungsweise der hergestellt und in Verkehr gebracht wird, um dauerhaft in Bauwerke oder Teile davon eingebaut zu werden, und dessen Leistung sich auf die Leistung des Bauwerks in Hinblick auf die Grundanforderungen an Bauwerke auswirkt“.

Damit wird das Spannungsfeld aufgezeigt, in welchem die BauPVO Regelungskraft entfaltet. Die BauPVO unterscheide sich von anderen Rechtsakten im Bereich der Produktharmonisierung, schreiben die Bearbeiter in der Einführung (Rn. 51, vgl. auch Art. 1 Rn. 3) prägnant, da sie keine Anforderungen an die Produkte selbst formuliere. Bauprodukte seien „Zwischenprodukte“, die in Bauwerke eingebaut werden und daher sei nicht die Sicherheit des einzelnen Bauproduktes maßgeblich, sondern die Sicherheit des fertigen Bauwerks. Die Grundanforderungen (Mechanische Festigkeit und Standsicherheit; Brandschutz; Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz; Sicherheit und Barrierefreiheit bei der Nutzung; Schallschutz, Energieeinsparung und Wärmeschutz sowie nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen) schreibt Anhang I vor (Art. 3 BauPVO).

Zentrales Element der BauPVO ist die „Leistungserklärung“ (Art. 4 ff. BauPVO), in welcher der Hersteller die Leistung von „Wesentlichen Merkmalen“ eines Bauproduktes angibt. Europäisch harmonisierte Normen legen diese „Wesentlichen Merkmale“ im Hinblick auf die Anforderungen aus Anhang I fest. Die CE-Kennzeichnung bedeutet im Rahmen der BauPVO nicht wie in anderen Harmonisierungsrechtsvorschriften die Konformität des Produktes mit harmonisierten Normen, sondern mit der erklärten Leistung. Die Mitgliedstaaten legen auf ihrer Ebene dann fest, welche Leistung ein Bauprodukt erreichen muss, um für einen bestimmten Zweck verwendet werden zu dürfen (Einleitung, Rn. 67 ff.). Die Leistungserklärung ist das Scharnier zwischen europäischem und nationalem Recht.

Die sehr hilfreiche Einleitung stellt die Grundlagen der europäischen Produktharmonisierung im Allgemeinen (Grundfreiheiten sowie Kompetenzen im AEUV) sowie die Entwicklung des EU-Bauproduktenrechts (Bauproduktenrichtline und BauPVO) und des nationalen Bauproduktenrechts im Besondern vor. Des Weiteren erhalten die Leserin und der Leser einen systematischen Überblick über den Aufbau der BauPVO, harmonisierte Normen und Normungsgremien sowie nicht harmonisierte Normen und die Rolle des „Deutschen Instituts für Bautechnik“.

Hier seien drei kleine Anmerkungen angebracht. In Rn. 35 werden die Handlungsformen des europäischen Gesetzgebers nach Art. 288 AEUV vorgestellt und auch noch die „Entscheidung“, jetzt Beschlüsse, erwähnt. Rn. 77 stellt die Überschneidungen zu anderen Harmonisierungsvorschriften vor, auch die zu Verordnung (EU) 2016/426 über Gasgeräte. Dort wird auf den Aufsatz von Wolfang van Rienen in der EnWZ 2017, 339 (341 f.) verwiesen, leider ohne eine kurze Erklärung, warum auf die Ausführungen verwiesen wird. Hier wäre eine knappe Wiedergabe der These van Rienens hilfreich (S. 342):

„Die Zweifel an der Einordnung von Gasgeräten als Bauprodukte und das Fehlen von detaillierten Regelungen zur gastechnischen Sicherheit von Gasgeräten in der BauproduktenVO führen also bereits zu dem Ergebnis, dass eine Regelungskonkurrenz mit Vorrang für die BauproduktenVO in Bezug auf die gastechnische Sicherheit nicht in Frage kommt. Daher ist es auch weiterhin sachlich gerechtfertigt, den bisher im Verhältnis der Bauprodukten- zu der GasgerätеRL praktizierten und bewährten Anwendungsvorrang der GasgeräteVO als speziellerer Regelung gegenüber der BauproduktenVO beizubehalten.“

Etwas überraschend finden sich in der Einleitung keine „vor die Klammer gezogenen“ Ausführungen zur Rechtssache „James Elliott“. Der EuGH hat mit Urteil vom 27.10.2016 - RS C 613/14 entschieden, dass der EuGH für die Auslegung von harmonisierten Normen nach der EU-Bauproduktenverordnung zuständig ist. Eine Entscheidung, die für einige Diskussionen gesorgt hat, denn die rechtliche Einstufung von Normen als Rechtssätze führt z.B. zu der Frage, ob diese Normen nicht für jedermann zugänglich veröffentlicht werden müssen. Momentan müssen sie von den nationalen Normungsorganisationen kostenpflichtig erworben werden bzw. können in Auslegestellen eingesehen werden. Auch müssten nationale Gerichte bei Streitigkeiten über harmonisierte Normen, diese dem EuGH nach Art. 267 AEUV nun vorlegen. Diese Überlegung zum Elliott-Urteil finden sich z. B. in den Einzelkommentierungen (Art. 2 Rn. 50; Art 8 Rn. 37, Art. 17 Rn. 15 und 21f. sowie Art. 18 Rn. 3), welche allerdings durch das Stichwortverzeichnis leicht auffindbar sind.

Der Kommentar von Held / Jaguttis/ Rupp ist ein unverzichtbarer Grundstein für die fundierte Orientierung im europäischen Bauproduktenrecht.

geschrieben am 06.05.2021 | 897 Wörter | 5831 Zeichen

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