ISBN | 3161482328 | |
Autor | Horst Dreier | |
Verlag | Mohr Siebeck | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 6187 | |
Erscheinungsjahr | 2008 | |
Extras | - |
Der Grundgesetz-Kommentar, von Prof. Horst Dreier herausgegeben, erschien 2008 im Mohr Siebeck Verlag. Bestehend aus drei BĂ€nden und einem ErgĂ€nzungsband soll die gesamte Problematik des Grundgesetzes mit ihren unterschiedlichen DenkansĂ€tzen und den zahlreichen ZusammenhĂ€ngen abschlieĂend erlĂ€utert werden.
Inhaltlich werden anfangs ein Ăberblick zur Verfassungsgeschichte und zu EuropĂ€ischen HintergrĂŒnden und Einflussbereichen- und Möglichkeiten bzgl. der einzelnen Prozesse gegeben. Weiterhin sind aber auch die bereits vorhandenen Elemente, wie Urteile, Richtlinien oder Verordnungen, des Europarechtes fortwĂ€hrend in die Kommentierung eingebaut, weshalb selbst den Europarechtlern der Kommentar empfohlen werden kann.
Im Anschluss daran werden die Artikel 1-146 GG in einem einheitlichen Muster aufgearbeitet. Zuerst sind Herkunft, Entstehung und Entwicklung erklĂ€rt; dann die internationalen, die supranationalen und die rechtsvergleichenden BezĂŒge herausgearbeitet, wobei hierdurch die EuropĂ€isierung des Verfassungsrechtes gut erkennbar wird; weiter werden ErlĂ€uterungen gegeben, die die Inhalte der Artikel von allgemeinen Aspekten bis zu den Speziellen weitlĂ€ufig aufbereiten; dann wird noch das VerhĂ€ltnis zu anderen Grundgesetzbestimmungen dargestellt. Auf diese Weise werden die Grundrechte, das Staatsorganisationsrecht und die weiteren Teile verstĂ€ndlich, inhaltlich korrekt und hoch wissenschaftlich dargelegt.
Um den Aufbau und die Inhalte besonders benutzerfreundlich zu gestalten haben die Autoren zum Beginn eines jeden Artikels bedeutende Urteile, eine LiteraturaufzĂ€hlung und neuerdings wichtige einschlĂ€gige Stichpunkte eingefĂŒgt. Dabei hĂ€lt sich die Auswahl der Literaturangaben in Grenzen und bleibt so ĂŒbersichtlich und behĂ€lt eine gewisse QualitĂ€t betreffend die angegebenen Verweise. Zur Ăbersicht tragen auch inhaltlich VerknĂŒpfungen durch Pfeilverweise auf die entsprechenden Stellen bei.
Durch diese zweite Auflage wurden vor allem die Bereiche der Kommunikationsrechte, der Unverletzlichkeit der Wohnung, des Lebensrechts, der MenschenwĂŒrde und die der allgemeinen Grundrechtslehre (Art. 1 III â 19 III GG) erweitert. Durch diese Anpassungen und weitere Neuerungen, wie das Behandeln der Föderalismusreform von 2006 im Supplementum (= der ErgĂ€nzungsband zu Band II) oder Urteile wie das âKopftuchurteilâ wird auch weiterhin zuverlĂ€ssig eine gewisse AktualitĂ€t geboten, trotz dass die Ăberarbeitungen hin zur zweiten Auflage sich ĂŒber einen langen Zeitraum hingezogen hatten.
Weiter ist ein Eingehen auf die Biotechnologie und die Humangenetik in diesem Kommentar hervorzuheben, da eines der vielfÀltigen Engagements des Herausgebers Dreier die TÀtigkeit in nationalen Ethikgremien umfasst, wodurch eine besondere Praxisrelevanz in der Bearbeitung zu erkennen ist.
Zu Band I ist positiv anzumerken, dass beispielsweise Art. 1 GG von nur einem Autor bearbeitet wurde, was wegen des Umfangs nicht als selbstverstĂ€ndlich anzusehen ist. Hierdurch wird eine gewisse Einheitlichkeit gewahrt, die das Vorgehen und die Denkrichtung des Autors fĂŒr den Leser besser verstĂ€ndlich machen.
AuĂerdem fĂ€llt das Stichwortverzeichnis als verhĂ€ltnismĂ€Ăig kurz gefasst auf, wodurch eine schnelle Suche erheblich erleichtert wird. Ob in der Berufpraxis des Studenten, des Anwalts oder aber der des Forschers bietet der Kommentar damit eine angenehme Erleichterung des Arbeitsablaufes. Vorteilhaft ist an dieser Stelle auch, dass in jedem der einzelnen BĂ€nde ein Stichwortverzeichnis enthalten ist, was dem Leser den Umgang mit den BĂŒchern wesentlich erleichtert.
Als kleiner Aspekt ist zudem der feste Einband positiv festzustellen, da dies bei Werken entsprechenden Umfangs nicht immer der Fall ist, aber zu einem besseren Umgang mit den BĂ€nden fĂŒhrt. Ein weiterer Punkt ist das dicke Seitenpapier im Vergleich zu anderen Kommentaren zu nennen. Ob es damit durch bessere StabilitĂ€t als Vorteil oder durch gröĂere Dicke als Nachteil auszulegen ist, muss jeder fĂŒr sich entscheiden. Offen bleibt ob dies nun aus GrĂŒnden des Bindens nötig war.
Trotz der grundsĂ€tzlichen AusfĂŒhrlichkeit der Gesetzesbearbeitung im Einzelnen fehlen in Teilen kleine Themenfelder. So wird beispielsweise der Brechmitteleinsatz durch die Polizei nicht oder die Verfahrensdauer von Gerichtsverfahren nur kurz erwĂ€hnt. Aus GrĂŒnden der trotz der LĂ€nge erhaltenen Ăbersichtlichkeit sind derartige kleine LĂŒcken aber zu entschuldigen.
Was von gröĂerer Relevanz ist und je nach Entwicklung einiger NachtrĂ€ge bedarf, ist das Fehlen der Inhalte des Vertrages von Lissabon mit ihren Auswirkungen auf das deutsche Verfassungsrecht. So sind die europĂ€ischen Grundrechte aus der Grundrechtscharta nun rechtsverbindlich. Den europĂ€ischen Einfluss und die konkreten VerĂ€nderungen, die entstanden sind, vermag man aber in gröĂten Teilen noch nicht vollkommen einzuschĂ€tzen. Dies wiederum kann je nach VerĂ€nderung der UmstĂ€nde zu einer Neuauflage fĂŒhren oder einen weiteren ErgĂ€nzungsband provozieren.
Zum jetzigen Zeitpunkt kann das Werk jedoch mit seinen 6187 Seiten und seinen kritisch, kreativ, schaffenden Anmerkungen lĂ€ngst und mit seiner zweiten Auflage erst recht ohne EinschrĂ€nkungen als ein Standartwerk zum Grundgesetz betrachtet werden. Es befasst sich mit allen relevanten Einzelfragen und geht gar noch ĂŒber diese hinaus und zeigt auch in vorerst ausreichendem MaĂe die europĂ€ischen EinflĂŒsse auf. Es wĂ€re also kaum vertretbar, den Kommentar bei einer genaueren Auseinandersetzung mit dem deutschen Verfassungsrecht auĂen vor zu lassen.
Damit kann der Kommentar als inhaltlich voll umfassend bezeichnet werden und fĂŒr einen erstaunlich weiten Nutzerkreis empfohlen werden (vom Student ĂŒber den Anwalt bis zum Forschenden).
geschrieben am 21.02.2010 | 762 Wörter | 5037 Zeichen
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