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Historiographie und fiktionales Erzählen: Zur Konstruktivität in Geschichtstheorie und Exegese


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Rezension von

Hiram Kümper

Historiographie und fiktionales Erzählen: Zur Konstruktivität in Geschichtstheorie und Exegese Dieses kleine Taschenbüchlein der beiden Münchner Theologen Backhaus und Häfner versucht sich am Dialog zwischen neueren Ansätzen der geschichtswissenschaftlichen Theoriedebatte und der neutestamentlichen Exegese. Es umfasst dabei vier Einzelbeiträge der beiden Verfasser sowie ein gemeinsam verfasstes Schlusskapitel, das wesentliche Punkte der vorangegangenen Diskussion bündelt und die einzelnen Beiträge miteinander in Beziehung setzt. Diese sind nicht notwendig als aufeinander folgende Kapitel zu lesen, sondern werden auch jeweils für sich verständlich. Die Komposition ist aber durchaus geschickt aufeinander bezogen, denn sowohl bilden jeweils zwei Beiträge eines Verfassers eine gewisse thematische Einheit als auch wird innerhalb dieser Einheiten jeweils von einer eher allgemeinen auf eine deutlich konkretere Ebene fortgeschritten. Knut Backhaus wendet sich in den ersten beiden Beiträgen der antiken, namentlich der „hellenistisch-frühreichsrömischen“ Historiographie zu. An zahlreichen Beispielen sowohl aus der konkreten Geschichtsschreibung wie auch aus der theoretischen Reflexion der Zeitgenossen, wie Geschichte geschrieben und vermittelt werden solle, kann Backhaus aufzeigen, dass die Grenze zwischen faktischer und fiktionaler Geschichtsaufzeichnung zwar offen und beweglich, aber durchaus nicht verwischt war. Als Kriterien für die zeitgenössische Beurteilung historiographischer Arbeit habe neben der – im Detail durchaus auch einmal zugunsten anderer Darstellungsdimensionen zu vernachlässigenden – Bindung an die Faktizität vor allem die rhetorische und ethische Qualität gezählt; alle drei seien in einem wohl bemessenen Verhältnis zu sehen. Fiktion war durchaus nicht notwendig ein mendacium, eine Lüge, sondern konnte, kunstvoll und kenntnisreich ausgeführt, durchaus auch als aliqua figura veritatis, eine andere Form der Wahrheit, anerkannt werden (S. 132). In seinem zweiten Beitrag wendet Backhaus das so gezeichnete Bild hellenistisch-frühreichsrömischer Geschichtsschreibung auf den Evangelisten Lukas und dessen „Gedächtnisgemälde“ (S. 30) an. Detailliert arbeitet er die Sinnstiftungsarbeit heraus, die Lukas zu leisten unternahm, versucht aber auch, das Evangelium als ein „Fenster in die vorlukanische Wirklichkeit“ (S. 133) stark zu machen. Gerd Häfner dagegen wendet sich ganz explizit gegenwärtigen Theoriedebatten vor allem der Geschichtswissenschaften zu – zunächst allgemein und eher referierend, sodann, in seinem zweiten Beitrag, angewandt auf die Frage der Re-Konstruktion in der neueren, maßgeblich von Jens Schröter inspirierten Jesus-Forschung. Für den Historiker ist dieser kleine Band ausgesprochen inspirierend. Nicht etwa, weil bahnbrechend neue Einsichten vermittelt würden, sondern weil die Perspektive der so eng verwandten und doch so fremden Bibelexegese eine ungewohnte und fesselnde ist. Kenntnisreich, mit scharfem analytischen Verstand und vielfältigem Quellenmaterial verstehen es beide Verfasser, auch dem Nicht-Theologen ihre Argumentation klar und verständlich zu entfalten und überzeugend zu untermauern. Kurzum: Ein wirklicher Beitrag zur interdisziplinären Diskussion.

Dieses kleine Taschenbüchlein der beiden Münchner Theologen Backhaus und Häfner versucht sich am Dialog zwischen neueren Ansätzen der geschichtswissenschaftlichen Theoriedebatte und der neutestamentlichen Exegese. Es umfasst dabei vier Einzelbeiträge der beiden Verfasser sowie ein gemeinsam verfasstes Schlusskapitel, das wesentliche Punkte der vorangegangenen Diskussion bündelt und die einzelnen Beiträge miteinander in Beziehung setzt. Diese sind nicht notwendig als aufeinander folgende Kapitel zu lesen, sondern werden auch jeweils für sich verständlich. Die Komposition ist aber durchaus geschickt aufeinander bezogen, denn sowohl bilden jeweils zwei Beiträge eines Verfassers eine gewisse thematische Einheit als auch wird innerhalb dieser Einheiten jeweils von einer eher allgemeinen auf eine deutlich konkretere Ebene fortgeschritten.

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Knut Backhaus wendet sich in den ersten beiden Beiträgen der antiken, namentlich der „hellenistisch-frühreichsrömischen“ Historiographie zu. An zahlreichen Beispielen sowohl aus der konkreten Geschichtsschreibung wie auch aus der theoretischen Reflexion der Zeitgenossen, wie Geschichte geschrieben und vermittelt werden solle, kann Backhaus aufzeigen, dass die Grenze zwischen faktischer und fiktionaler Geschichtsaufzeichnung zwar offen und beweglich, aber durchaus nicht verwischt war. Als Kriterien für die zeitgenössische Beurteilung historiographischer Arbeit habe neben der – im Detail durchaus auch einmal zugunsten anderer Darstellungsdimensionen zu vernachlässigenden – Bindung an die Faktizität vor allem die rhetorische und ethische Qualität gezählt; alle drei seien in einem wohl bemessenen Verhältnis zu sehen. Fiktion war durchaus nicht notwendig ein mendacium, eine Lüge, sondern konnte, kunstvoll und kenntnisreich ausgeführt, durchaus auch als aliqua figura veritatis, eine andere Form der Wahrheit, anerkannt werden (S. 132). In seinem zweiten Beitrag wendet Backhaus das so gezeichnete Bild hellenistisch-frühreichsrömischer Geschichtsschreibung auf den Evangelisten Lukas und dessen „Gedächtnisgemälde“ (S. 30) an. Detailliert arbeitet er die Sinnstiftungsarbeit heraus, die Lukas zu leisten unternahm, versucht aber auch, das Evangelium als ein „Fenster in die vorlukanische Wirklichkeit“ (S. 133) stark zu machen. Gerd Häfner dagegen wendet sich ganz explizit gegenwärtigen Theoriedebatten vor allem der Geschichtswissenschaften zu – zunächst allgemein und eher referierend, sodann, in seinem zweiten Beitrag, angewandt auf die Frage der Re-Konstruktion in der neueren, maßgeblich von Jens Schröter inspirierten Jesus-Forschung.

Für den Historiker ist dieser kleine Band ausgesprochen inspirierend. Nicht etwa, weil bahnbrechend neue Einsichten vermittelt würden, sondern weil die Perspektive der so eng verwandten und doch so fremden Bibelexegese eine ungewohnte und fesselnde ist. Kenntnisreich, mit scharfem analytischen Verstand und vielfältigem Quellenmaterial verstehen es beide Verfasser, auch dem Nicht-Theologen ihre Argumentation klar und verständlich zu entfalten und überzeugend zu untermauern. Kurzum: Ein wirklicher Beitrag zur interdisziplinären Diskussion.

geschrieben am 19.07.2008 | 398 Wörter | 2743 Zeichen

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