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Margaret Thatcher – The Iron Lady


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Rezension von

Gérard Albert Bökenkamp

Margaret Thatcher – The Iron Lady Campbells Biographie ist die Beschreibung einer Epoche, der Epoche des Thatcherismus. Es ist eine beeindruckende politische Biographie und gibt dem Leser über die Person der britischen Premierministerin hinaus eine kenntnisreiche Beschreibung einer Dekade britischer Politik, in der die Weichen neu gestellt wurden. Campbell ist dabei immer um ein abgewogenes Urteil bemüht. Dieses Buch wird für lange Zeit das Standardwerk bleiben. Kennzeichnend für die erste Amtszeit war die Durchsetzung einer schmerzhaften Reformpolitik gegen die „Wets“, konservative Konsenspolitiker, die die Mehrheit im Kabinett stellten. Thatcher stützte sich auf eine kleine Gruppe von „echten“ Thatcheristen. Doch der Erfolg ließ auf sich warten. Die Geldmengensteuer machte große Schwierigkeiten und die Inflationsbekämpfung bedeutete eine Rosskur ohne Beispiel. In kurzer Zeit stieg die Arbeitslosigkeit auf ungekannte Höhen. In mehreren britischen Städten kam es zu gewaltsamen Aufständen ethnischer Minderheiten. Um den Haushalt zu sanieren, schreckte die radikale Staatskritikerin auch nicht vor Steuererhöhungen zurück. Für die Wiederwahl Margaret Thatchers war der Falklandkrieg von entscheidender Bedeutung. Erst der Sieg über die Argentinier gab Thatcher eine Aura, wie sie seit Winston Churchill kein britischer Premierminister gewinnen konnte. Ein imperialer Anachronismus rettete die liberale Wirtschaftsagenda. Der Thatcherismus bedeutete eigentlich die Abstreifung der kolonialen Bürde zugunsten der Wohlstandssicherung und Konsolidierung auf den Heimatinseln. Dazu gehörte militärpolitisch der Abbau der überdimensionierten Flotte. Nach dem Triumph der britischen Seestreitkräfte konnte davon keine Rede mehr sein. Diese Widersprüchlichkeit herausgearbeitet zu haben, ist zwar richtig, dennoch geht Campbells Kritik daran, dass Krieg für ein wirtschaftlich sowie geopolitisch faktisch bedeutungsloses und ohnehin abgeschriebenes Eiland geführt wurde, am zentralen Punkt vorbei. Denn in dem Augenblick, in dem die Argentinier sich für die Invasion entschieden, ging es nicht mehr nur um die Rechte der Falkländer, sondern grundsätzlich um die Verteidigung der Souveränität. Eine Hinnahme hätte langfristig die Glaubwürdigkeit der britischen Außenpolitik besonders im Kontext des Kalten Krieges unterminiert. Campbell interpretiert Thatcher als eine Art Klassenkämpferin für die Mittelschicht. Dieser "Klassenkampf" richtete sich auf der einen Seite gegen den britischen Traditionalismus und die aristokratisch geprägte Privilegiengesellschaft, auf der anderen Seite gegen die Dominanz der Gewerkschaften. Der Konfrontation mit den Bergbaugewerkschaften stellt Campbell als Auseinandersetzung mit dem „inneren Feind“ den Falkland-Krieg gegenüber. Beides bringt er in Zusammenhang mit Thatchers kombattiver Persönlichkeit, die sie prinzipiell den Konflikt dem Konsens vorziehen ließ. Neben diesen „negativen Elementen“ ihrer Politik mit der Mittelschicht stand die positive Politik zur Verbreiterung der mittelständischen Basis. Dazu gehörte als zentrales Element die groß angelegte Privatisierung von staatlichem Haus- und Wohneigentum, um eine große Mehrheit der Briten zu Haus- und Wohnungsbesitzern zu machen und damit, so ihre These, gegen den Sozialismus zu immunisieren. Neben der Verbreiterung der Schicht der kleinen und mittleren Privateigentümer, stand die Ausbreitung des "Freien Unternehmertums" im Zentrum ihrer Politik. Dass das modernistische Element im Thatcherismus dominierte, zeigt auch der Umgang mit den traditionellen Institutionen der britischen Staatlichkeit. Statt auf die staatliche BBC setzte Thatcher auf die Freundschaft zu dem Medienmogul Rupert Murdoch und in religiösen und ethischen Fragen fand sie sich eher bei konservativen Rabbinern als im traditionellen staatskirchlichen Protestantismus wieder. Das Verhältnis zu Königin Elisabeth war nicht gut, schon deshalb, weil Thatcher selbst eine quasi monarchische Repräsentation pflegte und für sich in Anspruch nahm, in ihrer Person die Nation zu verkörpern. Selbst die konservative Kommunalpolitik, in der ihr Vater aufgegangen war, drängte sie zugunsten ihres eigenen omnipotenten Gestaltungsanspruches zurück. Nachdem die erste Legislaturperiode eine Phase schmerzhafter finanz- und geldpolitischer Konsolidierung gewesen war, führten die Steuersenkungen ihres zweiten Finanzministers, dem überzeugten Wirtschaftsliberalen Igel Lawsen, zum sogenannten Lawsen-Boom, einem erstaunlich dynamischen Aufschwung der Wirtschaft. Dieser Aufschwung beschränkte sich in seiner Bedeutung nicht auf die Ökonomie. Er führte vielmehr zu einer neuen Mentalität des wirtschaftlichen Aufstiegs, zum Abbau alter Gegensätze der traditionellen britischen Gesellschaft und zum Durchbruch des individuellen Leistungsdenkens. Campbell betont an dieser Stelle die Ambivalenz zwischen Thatchers viktorianischen Werten und dem neuen Individualismus. Während sich in London und Südengland der Übergang in die Dienstleistungsgesellschaft erfolgreich vollzog, litten andere Regionen an der Abwicklung ihrer veralteten Industrien. Thatcher trieb somit den Strukturwandel in einer für Westeuropa beispiellosen Geschwindigkeit voran. Rückschläge konnten dabei nicht ausbleiben. Zum Ende der achtziger Jahre musste Großbritannien einen ökonomischen Rückfall hinnehmen. Die Auseinandersetzung um Europa führt zum Bruch mit zwei ihrer wichtigsten politischen Weggefährten, Nigel Lawson und Geoffrey Howe, was ihren Sturz schließlich unausweichlich machte, nachdem die Kopfsteuer ihren Rückhalt in der Bevölkerung bereits tief erschüttert hatte. Letztendlich war es ein Phänomen, das wir in Deutschland zuletzt beim Abgang von Edmund Stoiber beobachten konnten. Die wachsende Selbstherrlichkeit, die mit der Macht einhergeht einerseits und der Überdruss bei Mitstreitern und Bevölkerung andererseits, finden sich auch in dem Drama, mit der die Ära Thatcher ein jähes Ende fand. Das Ende der Ära Thatcher war jedoch nicht das Ende des Thatcherismus. Ihr damals in der Europapolitik zutiefst umstrittener Kurs hat sich nach ihrem Rücktritt als dauerhafte Linie der britischen Außen- und Europapolitik ebenso durchgesetzt wie die marktliberale Wirtschafts- und Geldpolitik.

Campbells Biographie ist die Beschreibung einer Epoche, der Epoche des Thatcherismus. Es ist eine beeindruckende politische Biographie und gibt dem Leser über die Person der britischen Premierministerin hinaus eine kenntnisreiche Beschreibung einer Dekade britischer Politik, in der die Weichen neu gestellt wurden. Campbell ist dabei immer um ein abgewogenes Urteil bemüht. Dieses Buch wird für lange Zeit das Standardwerk bleiben.

Kennzeichnend für die erste Amtszeit war die Durchsetzung einer schmerzhaften Reformpolitik gegen die „Wets“, konservative Konsenspolitiker, die die Mehrheit im Kabinett stellten. Thatcher stützte sich auf eine kleine Gruppe von „echten“ Thatcheristen. Doch der Erfolg ließ auf sich warten. Die Geldmengensteuer machte große Schwierigkeiten und die Inflationsbekämpfung bedeutete eine Rosskur ohne Beispiel. In kurzer Zeit stieg die Arbeitslosigkeit auf ungekannte Höhen. In mehreren britischen Städten kam es zu gewaltsamen Aufständen ethnischer Minderheiten. Um den Haushalt zu sanieren, schreckte die radikale Staatskritikerin auch nicht vor Steuererhöhungen zurück.

Für die Wiederwahl Margaret Thatchers war der Falklandkrieg von entscheidender Bedeutung. Erst der Sieg über die Argentinier gab Thatcher eine Aura, wie sie seit Winston Churchill kein britischer Premierminister gewinnen konnte. Ein imperialer Anachronismus rettete die liberale Wirtschaftsagenda. Der Thatcherismus bedeutete eigentlich die Abstreifung der kolonialen Bürde zugunsten der Wohlstandssicherung und Konsolidierung auf den Heimatinseln. Dazu gehörte militärpolitisch der Abbau der überdimensionierten Flotte. Nach dem Triumph der britischen Seestreitkräfte konnte davon keine Rede mehr sein.

Diese Widersprüchlichkeit herausgearbeitet zu haben, ist zwar richtig, dennoch geht Campbells Kritik daran, dass Krieg für ein wirtschaftlich sowie geopolitisch faktisch bedeutungsloses und ohnehin abgeschriebenes Eiland geführt wurde, am zentralen Punkt vorbei. Denn in dem Augenblick, in dem die Argentinier sich für die Invasion entschieden, ging es nicht mehr nur um die Rechte der Falkländer, sondern grundsätzlich um die Verteidigung der Souveränität. Eine Hinnahme hätte langfristig die Glaubwürdigkeit der britischen Außenpolitik besonders im Kontext des Kalten Krieges unterminiert.

Campbell interpretiert Thatcher als eine Art Klassenkämpferin für die Mittelschicht. Dieser "Klassenkampf" richtete sich auf der einen Seite gegen den britischen Traditionalismus und die aristokratisch geprägte Privilegiengesellschaft, auf der anderen Seite gegen die Dominanz der Gewerkschaften. Der Konfrontation mit den Bergbaugewerkschaften stellt Campbell als Auseinandersetzung mit dem „inneren Feind“ den Falkland-Krieg gegenüber. Beides bringt er in Zusammenhang mit Thatchers kombattiver Persönlichkeit, die sie prinzipiell den Konflikt dem Konsens vorziehen ließ.

Neben diesen „negativen Elementen“ ihrer Politik mit der Mittelschicht stand die positive Politik zur Verbreiterung der mittelständischen Basis. Dazu gehörte als zentrales Element die groß angelegte Privatisierung von staatlichem Haus- und Wohneigentum, um eine große Mehrheit der Briten zu Haus- und Wohnungsbesitzern zu machen und damit, so ihre These, gegen den Sozialismus zu immunisieren. Neben der Verbreiterung der Schicht der kleinen und mittleren Privateigentümer, stand die Ausbreitung des "Freien Unternehmertums" im Zentrum ihrer Politik.

Dass das modernistische Element im Thatcherismus dominierte, zeigt auch der Umgang mit den traditionellen Institutionen der britischen Staatlichkeit. Statt auf die staatliche BBC setzte Thatcher auf die Freundschaft zu dem Medienmogul Rupert Murdoch und in religiösen und ethischen Fragen fand sie sich eher bei konservativen Rabbinern als im traditionellen staatskirchlichen Protestantismus wieder. Das Verhältnis zu Königin Elisabeth war nicht gut, schon deshalb, weil Thatcher selbst eine quasi monarchische Repräsentation pflegte und für sich in Anspruch nahm, in ihrer Person die Nation zu verkörpern. Selbst die konservative Kommunalpolitik, in der ihr Vater aufgegangen war, drängte sie zugunsten ihres eigenen omnipotenten Gestaltungsanspruches zurück.

Nachdem die erste Legislaturperiode eine Phase schmerzhafter finanz- und geldpolitischer Konsolidierung gewesen war, führten die Steuersenkungen ihres zweiten Finanzministers, dem überzeugten Wirtschaftsliberalen Igel Lawsen, zum sogenannten Lawsen-Boom, einem erstaunlich dynamischen Aufschwung der Wirtschaft. Dieser Aufschwung beschränkte sich in seiner Bedeutung nicht auf die Ökonomie. Er führte vielmehr zu einer neuen Mentalität des wirtschaftlichen Aufstiegs, zum Abbau alter Gegensätze der traditionellen britischen Gesellschaft und zum Durchbruch des individuellen Leistungsdenkens. Campbell betont an dieser Stelle die Ambivalenz zwischen Thatchers viktorianischen Werten und dem neuen Individualismus.

Während sich in London und Südengland der Übergang in die Dienstleistungsgesellschaft erfolgreich vollzog, litten andere Regionen an der Abwicklung ihrer veralteten Industrien. Thatcher trieb somit den Strukturwandel in einer für Westeuropa beispiellosen Geschwindigkeit voran. Rückschläge konnten dabei nicht ausbleiben. Zum Ende der achtziger Jahre musste Großbritannien einen ökonomischen Rückfall hinnehmen. Die Auseinandersetzung um Europa führt zum Bruch mit zwei ihrer wichtigsten politischen Weggefährten, Nigel Lawson und Geoffrey Howe, was ihren Sturz schließlich unausweichlich machte, nachdem die Kopfsteuer ihren Rückhalt in der Bevölkerung bereits tief erschüttert hatte.

Letztendlich war es ein Phänomen, das wir in Deutschland zuletzt beim Abgang von Edmund Stoiber beobachten konnten. Die wachsende Selbstherrlichkeit, die mit der Macht einhergeht einerseits und der Überdruss bei Mitstreitern und Bevölkerung andererseits, finden sich auch in dem Drama, mit der die Ära Thatcher ein jähes Ende fand. Das Ende der Ära Thatcher war jedoch nicht das Ende des Thatcherismus. Ihr damals in der Europapolitik zutiefst umstrittener Kurs hat sich nach ihrem Rücktritt als dauerhafte Linie der britischen Außen- und Europapolitik ebenso durchgesetzt wie die marktliberale Wirtschafts- und Geldpolitik.

geschrieben am 18.08.2007 | 803 Wörter | 5407 Zeichen

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