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Das unsichtbare Herz


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Rezension von

Martina Meier

Das unsichtbare Herz Wie ist das, wenn man nicht weiß, woher man kommt? Wenn man nicht weiß, wo die eigenen Wurzeln liegen? Wie fühlt es sich an, wenn man erkennt, dass man sein eigenes Leben nicht einem Liebesakt von Vater und Mutter, sondern einer kalten, sterilen Zeugung, einem mechanischen, einem technischen Ablauf zu verdanken hat? Wenn man ein Kind ist, das künstlich gezeugt wurde... Die drei Jugendlichen Merit, Dennis und Frederick in dem Buch von Friedrich Ani „Das unsichtbare Herz“ sind junge Menschen, die irgendwann erfahren, dass sie genau auf diese Art und Weise gezeugt wurden. Die Beweggründe der Mütter waren unterschiedlich, doch das ist für die drei vollkommen unwichtig. Für sie ist die Wahrheit kaum zu fassen, sie stürzt sie in eine tiefe Sinn- und Lebenskrise, lässt sie ausbrechen aus einer Welt, die bislang die ihre war. Dabei sind Merit, Dennis und Frederick so unterschiedlich, wie man nur sein kann. Merits Mutter hat bis zu ihrem Tode in einer lesbischen Beziehung gelebt. Wollte ein Kind, aber natürlich keinen Mann dazu. Dennis ist hörbehindert. An seinem 15. Geburtstag erfährt er die Wahrheit, erfährt, dass der Mann, den er bislang für seinen Vater hielt, gar nicht sein leiblicher Vater ist – und das obwohl er selbst hätte Kinder zeugen können. Nein, seine gehörlose Mutter wollte unbedingt ein behindertes Kind und hat sich deshalb mit dem Samen eines ebenfalls hörbehinderten Mannes befruchten lassen. „Ich bin behindert worden“, sagt er, weil seine Mutter allen beweisen wollte, dass man nicht behindert zur Welt kommt, sondern behindert gemacht wird von seiner Umwelt. Seit dem Tag, an dem er die Wahrheit über seine Zeugung erfahren hat, geht vor allen Dingen ein Gedanke in Dennis Kopf umher „Ich sterbe die ganze Zeit vor mich hin“, schreibt er eines Tages an Frederick. Dieser hoch begabte junge Musiker weiß eigentlich schon seit Jahren um seine Existenz, bislang aber ist das Unglaubliche daran noch nicht so tief in sein Bewusstsein gedrungen wie es jetzt plötzlich geschieht. Dann aber lernen sich die drei Jugendlichen in einem Chatroom im Internet kennen. Sie offenbaren sich ihre Gefühle, die so tief sind, dass es beim Lesen fast weh tut und die niemanden unberührt lassen. „Eine Familie besteht aus Menschen, ich bin aber kein Mensch“, sagt Merit an einer Stelle des Buches. „Ich bin ein Machwerk!“ Sie hat die heftigsten Gefühlsausbrüche, ist am tiefsten gefallen in der von Friedrich Ani erzählten Geschichte. Zum Verlust der Mutter, den sie bewältigen muss, kommt die Wahrheit über ihren Vater, die die Mutter ihr erst auf dem Sterbebett offenbart – ohne dass Merit je die Frage nach dem „Warum“ stellen kann – und genau das lässt sie noch stärker leiden. Merit ist es auch, die die anderen zwei dazu anstiftet, sich auf die Suche nach den tatsächlichen, biologischen Vätern zu machen. Für Merit wird die Suche dabei fast zur Sucht – so wie das Rauchen von Gras, das ihr immer wieder die Sinne benebelt. Anis Geschichte ist nicht immer leicht zu verstehen. Die wechselnden Perspektiven, die sehr unterschiedlichen Lebensberichte, der Blick in die Seele des Menschen, das ist eben keine leichte Kost. Aber das muss auch nicht sein, seichte Literatur für Jugendliche gibt es in Hülle und Fülle. Und wer Gefühle aus dem tiefsten Inneren nach außen kehrt, der kann das selten auf leichte Art und Weise tun. „Das unsichtbare Herz“ gliedert sich drei Teile, die sich in ihrer Länge und Dramatik stark von einander unterscheiden. Im ersten Teil beherrscht der Chat, die E-Mail den größten Teil der Erzählung. Die Handlung ist auf ein Minimum beschränkt. Das lässt den ersten und umfangreichsten Part des Romans manchmal ein wenig langatmig erscheinen. Dann aber geht es Schlag auf Schlag. Die Spannung steigt. Im zweiten Teil des Buches ist es vor allen Dingen Merit, die aktiv wird. Und nun überstürzen sich die Ereignisse. Sie bricht in eine Praxis ein, trifft den Mann, der einmal mit ihrer Mutter kurze Zeit verheiratet war und erfährt tatsächlich den Namen ihres Vaters. Und den hat sie doch schon irgendwo einmal gelesen! Doch die Suche nach dem Spendervater erweist sich als sehr kompliziert – trotz Verfassungsgerichtsbeschluss und Akteneinsicht. Auch Dennis und Frederick verabschieden sich von ihrem alten Dasein und beginnen ein neues, ein anderes Leben. Sie werden aktiv und das Aktivwerden läutet die Veränderung ein. Im dritten und kürzesten Teil des Romans erfährt die Geschichte eine Wendung. Ob die Geschichte für die drei Jugendlichen allerdings mit dem letzten Wort des Buches tatsächlich schon zu Ende ist, bleibt offen. Friedrich Ani selbst sagt über seine Bücher: „Ich schreibe Bücher über Menschen, die sich wehren wollen, die verzweifeln, die versuchen durchzuhalten.“Merit, Dennis und Frederick sind das beste Beispiel dafür.

Wie ist das, wenn man nicht weiß, woher man kommt? Wenn man nicht weiß, wo die eigenen Wurzeln liegen? Wie fühlt es sich an, wenn man erkennt, dass man sein eigenes Leben nicht einem Liebesakt von Vater und Mutter, sondern einer kalten, sterilen Zeugung, einem mechanischen, einem technischen Ablauf zu verdanken hat? Wenn man ein Kind ist, das künstlich gezeugt wurde...

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Die drei Jugendlichen Merit, Dennis und Frederick in dem Buch von Friedrich Ani „Das unsichtbare Herz“ sind junge Menschen, die irgendwann erfahren, dass sie genau auf diese Art und Weise gezeugt wurden. Die Beweggründe der Mütter waren unterschiedlich, doch das ist für die drei vollkommen unwichtig. Für sie ist die Wahrheit kaum zu fassen, sie stürzt sie in eine tiefe Sinn- und Lebenskrise, lässt sie ausbrechen aus einer Welt, die bislang die ihre war.

Dabei sind Merit, Dennis und Frederick so unterschiedlich, wie man nur sein kann. Merits Mutter hat bis zu ihrem Tode in einer lesbischen Beziehung gelebt. Wollte ein Kind, aber natürlich keinen Mann dazu.

Dennis ist hörbehindert. An seinem 15. Geburtstag erfährt er die Wahrheit, erfährt, dass der Mann, den er bislang für seinen Vater hielt, gar nicht sein leiblicher Vater ist – und das obwohl er selbst hätte Kinder zeugen können. Nein, seine gehörlose Mutter wollte unbedingt ein behindertes Kind und hat sich deshalb mit dem Samen eines ebenfalls hörbehinderten Mannes befruchten lassen. „Ich bin behindert worden“, sagt er, weil seine Mutter allen beweisen wollte, dass man nicht behindert zur Welt kommt, sondern behindert gemacht wird von seiner Umwelt. Seit dem Tag, an dem er die Wahrheit über seine Zeugung erfahren hat, geht vor allen Dingen ein Gedanke in Dennis Kopf umher „Ich sterbe die ganze Zeit vor mich hin“, schreibt er eines Tages an Frederick.

Dieser hoch begabte junge Musiker weiß eigentlich schon seit Jahren um seine Existenz, bislang aber ist das Unglaubliche daran noch nicht so tief in sein Bewusstsein gedrungen wie es jetzt plötzlich geschieht.

Dann aber lernen sich die drei Jugendlichen in einem Chatroom im Internet kennen. Sie offenbaren sich ihre Gefühle, die so tief sind, dass es beim Lesen fast weh tut und die niemanden unberührt lassen.

„Eine Familie besteht aus Menschen, ich bin aber kein Mensch“, sagt Merit an einer Stelle des Buches. „Ich bin ein Machwerk!“

Sie hat die heftigsten Gefühlsausbrüche, ist am tiefsten gefallen in der von Friedrich Ani erzählten Geschichte. Zum Verlust der Mutter, den sie bewältigen muss, kommt die Wahrheit über ihren Vater, die die Mutter ihr erst auf dem Sterbebett offenbart – ohne dass Merit je die Frage nach dem „Warum“ stellen kann – und genau das lässt sie noch stärker leiden.

Merit ist es auch, die die anderen zwei dazu anstiftet, sich auf die Suche nach den tatsächlichen, biologischen Vätern zu machen. Für Merit wird die Suche dabei fast zur Sucht – so wie das Rauchen von Gras, das ihr immer wieder die Sinne benebelt.

Anis Geschichte ist nicht immer leicht zu verstehen. Die wechselnden Perspektiven, die sehr unterschiedlichen Lebensberichte, der Blick in die Seele des Menschen, das ist eben keine leichte Kost. Aber das muss auch nicht sein, seichte Literatur für Jugendliche gibt es in Hülle und Fülle. Und wer Gefühle aus dem tiefsten Inneren nach außen kehrt, der kann das selten auf leichte Art und Weise tun.

„Das unsichtbare Herz“ gliedert sich drei Teile, die sich in ihrer Länge und Dramatik stark von einander unterscheiden. Im ersten Teil beherrscht der Chat, die E-Mail den größten Teil der Erzählung. Die Handlung ist auf ein Minimum beschränkt. Das lässt den ersten und umfangreichsten Part des Romans manchmal ein wenig langatmig erscheinen. Dann aber geht es Schlag auf Schlag. Die Spannung steigt. Im zweiten Teil des Buches ist es vor allen Dingen Merit, die aktiv wird. Und nun überstürzen sich die Ereignisse. Sie bricht in eine Praxis ein, trifft den Mann, der einmal mit ihrer Mutter kurze Zeit verheiratet war und erfährt tatsächlich den Namen ihres Vaters. Und den hat sie doch schon irgendwo einmal gelesen! Doch die Suche nach dem Spendervater erweist sich als sehr kompliziert – trotz Verfassungsgerichtsbeschluss und Akteneinsicht.

Auch Dennis und Frederick verabschieden sich von ihrem alten Dasein und beginnen ein neues, ein anderes Leben. Sie werden aktiv und das Aktivwerden läutet die Veränderung ein.

Im dritten und kürzesten Teil des Romans erfährt die Geschichte eine Wendung. Ob die Geschichte für die drei Jugendlichen allerdings mit dem letzten Wort des Buches tatsächlich schon zu Ende ist, bleibt offen.

Friedrich Ani selbst sagt über seine Bücher: „Ich schreibe Bücher über Menschen, die sich wehren wollen, die verzweifeln, die versuchen durchzuhalten.“Merit, Dennis und Frederick sind das beste Beispiel dafür.

geschrieben am 13.03.2005 | 767 Wörter | 4017 Zeichen

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