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Willkommen in Falconer


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Informationen zum Buch
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  Extras

Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Willkommen in Falconer Unter dem Titel „Falconer“ erschien dieser Roman bereits 1977, als vierter Roman des Autors Cheever. Der Erfolg in Europa respektive Deutschland war jedoch bescheiden, sodass nun eine Neuübersetzung auf den Markt kam, auch um dem Gesamtwerk Cheevers gerecht zu werden. All das erfährt man im Nachwort des Journalisten und Autors Peter Henning, der zugleich noch über wesentliche Inhalte des Buches informiert, Rückbezüge zum Werk und zur Persönlichkeit Cheevers herstellt und das Buch in einen Gesamtkontext stellt. Das ist ein wunderbarer Service für den Leser, ist aber, sofern man an das Buch „nur“ als belesener Laie herangeht, etwas erdrückend, gar einschüchternd, wenn man soeben die Lektüre beendet hatte und sich nach dem Nachwort fragt, ob man dasselbe Buch wie Henning gelesen hat. Denn den schwelgerischen Beschreibungen Hennings kann bzw. mag ich mich nach der Lektüre des Buches nicht anschließen. Ich nehme dafür gerne den Vorwurf der Ignoranz in Kauf, gerade was den Bezug zum Restwerk Cheevers, das angeblich „zutiefst Religiöse“ des Romans oder das verdichtete Amerikabild angeht, aber mich hat das Buch einfach nicht überzeugt und schon während der Lektüre wunderte ich mich doch, warum es unisono in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in der Süddeutschen Zeitung und im SPIEGEL im Feuilleton so positiv angepriesen wurde, gar als Empfehlung für die Urlaubslektüre. Denn auch wenn man das Buch bis zum Ende durchlesen möchte, und sei es nur aus dem Wunsch, dass doch endlich mal etwas Zug in die Erzählung kommen und ein passabler Handlungsfaden in Erscheinung treten würde, ist der Gesamteindruck fad bzw. man hat stets das Gefühl, dass aus Einzelthemen mehr hätte gemacht werden können. Worum geht es? Der Protagonist Ezekiel Farragut wird in ein amerikanisches Gefängnis, Falconer, eingeliefert, weil er des Mordes an seinem Bruder für schuldig befunden wurde, während er mehrfach betont, es sei eine Körperverletzung mit tödlicher Folge gewesen, was ihm aber vor Gericht nicht geglaubt wurde. Die eigentliche Szene, die diese Verletzung ausgelöst hat, kommt erst ganz am Ende des Buches zur Sprache und man vermisst lange vorher eine Aufarbeitung der Familiengeschichte von Farragut, auch was die Beziehung zu seiner Frau und seinem Sohn angeht, die nur ganz nebenbei und am Anfang in den Blickpunkt geraten. Über das Leben Farraguts im Knast erfährt man dann so einiges, vom Leben in der Zelle, den möglichen Beschäftigungen, dem Verhältnis zum Wachpersonal und den Mithäftlingen, der Drogensubstituierung und vor allem über das Sexualleben bzw. die sexuellen Bedürfnisse der Häftlinge. Davon liest man für meinen Geschmack viel zu viel, wenngleich die Szene, in der die Häftlinge in einem dunklen Pissoirraum nebeneinander stehen und einvernehmlich und einmütig onanieren schon gespenstisch daherkommt. Die Liebesbeziehung Farraguts zu einem später entflohenen Mithäftling ist angesichts seiner vorher beschriebenen klaren und erfolgreichen Fixierung auf den Verkehr mit Frauen einfach unglaubwürdig und wird erst ein wenig mehr erklärbar, wenn man später Hennings Hinweis auf die zunehmenden homosexuellen Neigungen Cheevers selbst, dessen Alter Ego Farragut nicht selten sein dürfte, zur Kenntnis nimmt. Unnötige Längen offenbaren sich in diversen Briefen Farraguts, in denen er dem Gouverneur und dem Bischof seine Sicht der Dinge darstellt, aber auch die Erzählungen anderer Mithäftlinge, z.B. über die Seitensprünge der Frau eines Insassen namens „Hahnrei“ werden ohne jeglichen Kontext hineingepfropft. Generell sind die Namen der Mithäftlinge inkonsequent übersetzt: einmal werden so altertümliche Begriffe wie „Hahnrei“ benutzt, andererseits heißt ein Mithäftling „Chicken number two“ - irgendwann spät erfährt man en passant, dass er Selbstgespräche führt und sich dabei so nennt. Dagegen werden starke und beeindruckende Szenen wie diejenige der Katzenausrottung oder das innere Beben der Häftlinge, das die Nachricht von einer Revolte in einem anderen Gefängnis des Landes auslöst, viel zu selten in den Fokus gestellt, auch ein Aspekt der Unausgewogenheit des Buches. Zum Schluss gelingt Farragut die Flucht in einem Leichensack und man wird wie auch an vielen vorherigen Stellen des Buches daran erinnert, dass das Werk in den 70ern spielt und die Sicherheitsvorkehrungen eher lächerlich im Vergleich zu heutigen Strafanstalten waren. Letztendlich würde ich das Buch niemandem mit Nachdruck zur Lektüre empfehlen. Sprachlich hat mich das Buch nicht überzeugt, inhaltlich auch nicht und auch der Erzählduktus weist Nachlässigkeiten auf. Wer jedoch als Literaturprofi das Buch als Ergänzung zu Cheevers Gesamtwerk schätzen lernen möchte oder das Amerikaselbstbild der 70er Jahre als Forschungs- und Interessengegenstand für sich beansprucht, der wird mit diesem Buch viel Freude haben.

Unter dem Titel „Falconer“ erschien dieser Roman bereits 1977, als vierter Roman des Autors Cheever. Der Erfolg in Europa respektive Deutschland war jedoch bescheiden, sodass nun eine Neuübersetzung auf den Markt kam, auch um dem Gesamtwerk Cheevers gerecht zu werden. All das erfährt man im Nachwort des Journalisten und Autors Peter Henning, der zugleich noch über wesentliche Inhalte des Buches informiert, Rückbezüge zum Werk und zur Persönlichkeit Cheevers herstellt und das Buch in einen Gesamtkontext stellt. Das ist ein wunderbarer Service für den Leser, ist aber, sofern man an das Buch „nur“ als belesener Laie herangeht, etwas erdrückend, gar einschüchternd, wenn man soeben die Lektüre beendet hatte und sich nach dem Nachwort fragt, ob man dasselbe Buch wie Henning gelesen hat. Denn den schwelgerischen Beschreibungen Hennings kann bzw. mag ich mich nach der Lektüre des Buches nicht anschließen. Ich nehme dafür gerne den Vorwurf der Ignoranz in Kauf, gerade was den Bezug zum Restwerk Cheevers, das angeblich „zutiefst Religiöse“ des Romans oder das verdichtete Amerikabild angeht, aber mich hat das Buch einfach nicht überzeugt und schon während der Lektüre wunderte ich mich doch, warum es unisono in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in der Süddeutschen Zeitung und im SPIEGEL im Feuilleton so positiv angepriesen wurde, gar als Empfehlung für die Urlaubslektüre. Denn auch wenn man das Buch bis zum Ende durchlesen möchte, und sei es nur aus dem Wunsch, dass doch endlich mal etwas Zug in die Erzählung kommen und ein passabler Handlungsfaden in Erscheinung treten würde, ist der Gesamteindruck fad bzw. man hat stets das Gefühl, dass aus Einzelthemen mehr hätte gemacht werden können.

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Worum geht es? Der Protagonist Ezekiel Farragut wird in ein amerikanisches Gefängnis, Falconer, eingeliefert, weil er des Mordes an seinem Bruder für schuldig befunden wurde, während er mehrfach betont, es sei eine Körperverletzung mit tödlicher Folge gewesen, was ihm aber vor Gericht nicht geglaubt wurde. Die eigentliche Szene, die diese Verletzung ausgelöst hat, kommt erst ganz am Ende des Buches zur Sprache und man vermisst lange vorher eine Aufarbeitung der Familiengeschichte von Farragut, auch was die Beziehung zu seiner Frau und seinem Sohn angeht, die nur ganz nebenbei und am Anfang in den Blickpunkt geraten. Über das Leben Farraguts im Knast erfährt man dann so einiges, vom Leben in der Zelle, den möglichen Beschäftigungen, dem Verhältnis zum Wachpersonal und den Mithäftlingen, der Drogensubstituierung und vor allem über das Sexualleben bzw. die sexuellen Bedürfnisse der Häftlinge. Davon liest man für meinen Geschmack viel zu viel, wenngleich die Szene, in der die Häftlinge in einem dunklen Pissoirraum nebeneinander stehen und einvernehmlich und einmütig onanieren schon gespenstisch daherkommt. Die Liebesbeziehung Farraguts zu einem später entflohenen Mithäftling ist angesichts seiner vorher beschriebenen klaren und erfolgreichen Fixierung auf den Verkehr mit Frauen einfach unglaubwürdig und wird erst ein wenig mehr erklärbar, wenn man später Hennings Hinweis auf die zunehmenden homosexuellen Neigungen Cheevers selbst, dessen Alter Ego Farragut nicht selten sein dürfte, zur Kenntnis nimmt. Unnötige Längen offenbaren sich in diversen Briefen Farraguts, in denen er dem Gouverneur und dem Bischof seine Sicht der Dinge darstellt, aber auch die Erzählungen anderer Mithäftlinge, z.B. über die Seitensprünge der Frau eines Insassen namens „Hahnrei“ werden ohne jeglichen Kontext hineingepfropft. Generell sind die Namen der Mithäftlinge inkonsequent übersetzt: einmal werden so altertümliche Begriffe wie „Hahnrei“ benutzt, andererseits heißt ein Mithäftling „Chicken number two“ - irgendwann spät erfährt man en passant, dass er Selbstgespräche führt und sich dabei so nennt. Dagegen werden starke und beeindruckende Szenen wie diejenige der Katzenausrottung oder das innere Beben der Häftlinge, das die Nachricht von einer Revolte in einem anderen Gefängnis des Landes auslöst, viel zu selten in den Fokus gestellt, auch ein Aspekt der Unausgewogenheit des Buches. Zum Schluss gelingt Farragut die Flucht in einem Leichensack und man wird wie auch an vielen vorherigen Stellen des Buches daran erinnert, dass das Werk in den 70ern spielt und die Sicherheitsvorkehrungen eher lächerlich im Vergleich zu heutigen Strafanstalten waren.

Letztendlich würde ich das Buch niemandem mit Nachdruck zur Lektüre empfehlen. Sprachlich hat mich das Buch nicht überzeugt, inhaltlich auch nicht und auch der Erzählduktus weist Nachlässigkeiten auf. Wer jedoch als Literaturprofi das Buch als Ergänzung zu Cheevers Gesamtwerk schätzen lernen möchte oder das Amerikaselbstbild der 70er Jahre als Forschungs- und Interessengegenstand für sich beansprucht, der wird mit diesem Buch viel Freude haben.

geschrieben am 22.09.2012 | 709 Wörter | 4113 Zeichen

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