ISBN | 3833213035 | |
Autor | Cory J. Herndon | |
Verlag | Panini | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 347 | |
Erscheinungsjahr | 2006 | |
Extras | - |
Zwölf Jahre sind vergangen seit Wojek Agrus Kos die Welt vor einem mythischen Vampir, dem Herrscher der zehnten Gilde, rettete. Mittlerweile hat sich der alte GesetzeshĂŒter pensionieren lassen, um als LeibwĂ€chter und TĂŒrsteher seinem alten Kneipen-Freund, dem Bold Pivlic, in das abgelegene Utvara zu folgen.
Diese Provinz kann auf eine bemerkenswerte Geschichte zurĂŒckblicken, deren Auswirkungen das Alltagseben dort noch immer zu einem gefĂ€hrlichen Abenteuer machen: vor vielen Jahren wĂŒtete in Utvara ein tödliche Seuche, in Folge derer das gesamte Gebiet vom Gildenbund unter QuarantĂ€ne gestellt werden musste. Da sich aber mit einem öden, verseuchten und verbotenen Land kein Gewinn erwirtschaften lĂ€sst, bemĂŒhte sich die Orzhov-Gilde mit Hilfe des Izzet-MagierfĂŒrsten Zomaj Hauc und einer von ihm entwickelten âManabombeâ die QuarantĂ€nezeit etwas abzukĂŒrzen, indem man in der kontaminierten Zone das gesamte Leben einschlieĂlich der Kuga-Seuche auslöschen wollte.
Bedauerlicherweise hatte das Projekt auf den ersten Blick keinen Erfolg, sondern bewirkte erstens ein merkwĂŒrdiges magisches PhĂ€nomen am Himmel ĂŒber Utvara und zweitens ein erneutes Aufflammen der nun mutierten Krankheit.
Nachdem es den LebenswĂ€chtern des Selesnija-Kollektivs schlieĂlich gelang, einen eng begrenzten seuchenfreien Bereich innerhalb des Sanierungsgebietes zu schaffen, zog es in den Jahrzehnten nach der Bombe Gildenlose, AusgestoĂene und GlĂŒcksritter an diesen Ort, an dem sich nun eine kleine, aber verwegene Gemeinde gebildet hat.
Obwohl auĂerhalb des sicheren Bereichs noch immer die Seuche wĂŒtet, hĂ€lt der Patriarch der Orzhovs die Zeit fĂŒr gekommen, die AnsprĂŒche seiner Gilde auf und in Utavara durchzusetzen. Zu diesem Zweck sendet er seine Nichte, die AnwĂ€ltin Teysa, in die Region, damit sie dafĂŒr sorgt, dass Zomaj Hauc endlich seinen alten Auslöschungs-Vertrag erfĂŒllt. Doch Teysas Reise endet in einer Katastrophe. Ihre Karawane wird von marodierenden Gruul-StĂ€mmen ĂŒberfallen und der Onkel getötet. Zudem verschwindet wĂ€hrend des Massakers eine Kurierin des Izzet-Clans, die im Auftrag Haucs fĂŒr teures Geld eine sichere Passage gebucht hatte, spurlos.
Teysa und einige wenige Getreue erreichen mit letzter Kraft das sichere Utvara. Dort versichert sich die Baronin sofort der Gefolgschaft des Orzhov-Vasallen Pivlic. Schon stecken nicht nur der Bold, sondern auch sein LeibwĂ€chter Kos bis zum Hals in einem tödlichen Abenteuer, in welchem die verschwundene Kurierin, Crix, eine zentrale Rolle zu spielen scheint. Also wird die kleine Goblin-Frau im Seuchengebiet gesucht und schlieĂlich auch gefunden. Doch das ist nur der Anfang, denn schnell wird unseren Helden klar, dass es mal wieder gilt, eine Welt zu retten.
Wer glaubt, der zweite Teil der Ravinca-Trilogie fĂŒhre die HandlungsstrĂ€nge des ersten Bandes weiter und liefere befriedigende Antworten auf noch offene Fragen, der sieht sich getĂ€uscht, denn âDer Gildenbundâ ist keine unmittelbare Fortsetzung von âRavnica - Stadt der Gildenâ. Zwar haben einige der Protagonisten -an erster Stelle natĂŒrlich Kos und Pivlic- den Sprung in Teil zwei mehr oder weniger heil ĂŒberstanden und stellen einige kleinere Referenzen den Bezug zum ersten Band her -bspw. Kosâ Suche nach den verschwundenen Engeln-, dennoch erzĂ€hlt Herndon im âGildenbundâ eine weitgehend eigenstĂ€ndige Geschichte, welcher auch ein Neu-Einsteiger problemlos zu folgen vermag.
Kleine AbzĂŒge in der B-Note gibt es dafĂŒr, dass der Autor nicht das letzte QuĂ€ntchen an beklemmender und unheimlicher AtmosphĂ€re aus dem morbiden Grundsetting -dem Ădland, den verfallenen GebĂ€uden, die auf den Ruinen Ă€lterer Kulturen erbaut worden sind- herausgekitzelt hat.
Ein zweiter Kritikpunkt ist eher fĂŒr die Magic-Spieler relevant: es ist zweifellos lobenswert, wenn durch eine (fast) parallele Veröffentlichung von Themendecks und Romanen Synergie-Effekte geschaffen werden sollen. Im Fall des âGildenbundesâ jedoch verspricht der Roman-Titel mehr, als der Text schlieĂlich hĂ€lt, denn jenseits all seiner StĂ€rken bleibt das Buch als âumfassendeâ Informations- und Inspirationsquelle fĂŒr Spieler hinter den Erwartungen zurĂŒck. Den relativ umfangreichen Hintergrundinformationen ĂŒber die Orzhov-Gilde und den Izzet-Clan stehen eine unbefriedigend oberflĂ€chliche Beschreibung der Gruul-Banden sowie -ganz allgemein- des spielspezifischen Magiesystems gegenĂŒber. Wer als Newbie erfahren will, was âMagic - The Gatheringâ im Kern ausmacht, der ist z.B. mit J. Robert Kings unerreichtem Aufmarschzyklus (Panini/Dino, ISBN: 3-8332-1305-1) zweifellos besser bedient.
Obgleich dieser Roman deutlich actionbetonter ist als der VorgĂ€ngerband, nimmt sich Herndon dennoch ausreichend Zeit fĂŒr seine z.T. recht bizarren Charaktere. Neben den beiden schon bekannten Haudegen wĂ€ren hier zunĂ€chst die Orzhov-Baronin Teysa und die Goblin-Kurierin Crix anzufĂŒhren. WĂ€hrend Teysa vor allem wegen ihres âBeufesâ zwar interessant, aber ansonsten nicht immer kohĂ€rent erscheint, ist Crix auf eine plausible Art und Weise ein verblĂŒffend vielschichtiges kleines âDingâ, welches den âWundernâ Ravincas mit einer Mischung aus analytischer, wissenschaftlicher Neugier und hellem Wahn begegnet, sodass man als Leser stĂ€ndig das GefĂŒhl hat, das Ăberleben der Goblin-Frau stehe auf Messers Schneide. Weiterhin besitzen einige der Nebenfiguren einen sympathischen, wenn auch zuweilen etwas derben Charme. Stereotyp und klischeehaft sind -wie so oft in solchen am Mainstream orientierten Romanen- lediglich die beiden bösen Figuren, Zomaj Hauc und der âOnkelâ, geraten, was jedoch angesichts des restlichen Ensembles zu verschmerzen ist.
In Sachen Humor hat âDer Gildenbundâ Einiges zu bieten. Neben den an sich schon skurrilen Figuren und ihren erfrischenden Dialogen stellt ein sehr zurĂŒckhaltend-pointiert eingesetztes Technobabbel wie man es sonst nur aus fragwĂŒrdigen TV-Shows und SF-Romanen kennt ein weiteres, fast schon parodistisches Highlight dar. Sind âImpulstriebwerkeâ und âpneumanatische GerĂ€teâ noch relativ unspektakulĂ€r, so lassen Wortkreationen wie âManaverdichtungssingularitĂ€tsbombeâ oder âsiebendimensionale Geometromagieâ jeden Hard-SF- und/oder Star Trek-Fan geradezu ekstatische Lustschreie ausstoĂen.
Auch wenn sich Herndon noch nicht ganz mit Magic-Autoren wie Scott McGough oder J. Robert King messen kann, so weisen sein lockerer, humorvoller Stil und sein gutes GespĂŒr fĂŒr Tempo und Spannung deutlich in deren Richtung und lassen den Leser dem dritten Band, âZwietrachtâ, hoffnungsvoll entgegenfiebern.
Fazit: Ein runder Roman -metaphorisch gesprochen! Der lockere Stil, die skurrilen Charaktere, das morbide Ambiente und ein tragisches Ende voller herrlichem Pathos sorgen fĂŒr kurzweilige Unterhaltung.
geschrieben am 17.04.2006 | 918 Wörter | 5944 Zeichen
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