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Alles Licht, das wir nicht sehen


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Alles Licht, das wir nicht sehen Das Buch beginnt mit dem Angriff der Alliierten auf die noch von den Deutschen besetzte bretonische Stadt Saint-Malo. In dieser Stadt befinden sich 1944 zwei junge Menschen, die Protagonisten des folgenden opulenten Romans von Anthony Doerr: die seit dem sechsten Lebensjahr blinde Marie-Laure LeBlanc und der deutsche Werner Hauser. Wie die beiden dorthin kamen und in welche jeweilige Situation wird im Laufe der folgenden Kapitel beschrieben, ebenso ihre fast schon zufällige Zusammenkunft. Der Roman arbeitet immer wieder mit Zeitsprüngen und erzählt so stückweise die Geschichte und Herkunft der beiden bis zu ihrer Ankunft in der Gegenwart, in den letzten Monaten des zweiten Weltkrieges. Werner Hausner ist ein Waisenjunge und wohnt mit seiner Schwester bei Frau Elena in einem kleinen Waisenhaus. Der Vater der beiden ist in einer Kohlegrube ums Leben gekommen. Werner begeistert sich für Technik und schafft es, ein Radiogerät aus einfachsten Bauteilen zu konstruieren. Mit der Zeit spricht sich sein Talent herum und er wird von verschiedenen Leuten zur Reparatur ihrer Radio- und sonstigen Geräte gerufen. Dies geschieht während der 30er Jahre und als einer der lokalen Parteioberen auf ihn aufmerksam wird, erhält er sogar die Chance auf eine besondere Parteischule zu gehen und so der Arbeit in den Kohlegruben zu entkommen. Den Aufnahmetest besteht er, wird darüber jedoch uneins mit seiner Schwester, was ihm bis zuletzt Kummer bereitet. In der Schule wird er vor ständige innere Prüfungen gestellt, wenn andere schikaniert und ausgesiebt werden, oder Gewalt gegen Unschuldige ausgeübt wird. Der dortige Physiklehrer konstruiert mit Unterstützung von Werner ein Gerät zum Aufspüren von Funksendern, das gegen Partisanen eingesetzt werden soll. Er beordert Werner später in eine Sondereinheit der Armee, wo er mit einem älteren Schulkollegen, Volkheimer, von da an durch das Reichs- und Kriegsgebiet fährt, um ebensolche Feindsender aufzuspüren. Am Ende landet er in Saint-Malo, wo ein besonders aktiver Sender des Widerstands vermutet wird. Dieser Sender gehört dem Onkel von Marie-Laure, Etienne LeBlanc. Dieser lebt abgeschottet in seinem Haus in der Altstadt und kann seine Erlebnisse aus dem ersten Weltkrieg immer noch nicht recht verarbeiten. Marie-Laure muss nach der Eroberung von Paris durch die Deutschen dennoch mit ihrem Vater dorthin flüchten. Ihr Vater war in Paris im Naturkundemuseum beschäftigt und hat von dort eines der wertvollsten Exponate, einen Edelstein mit sagenumwobener Geschichte, mit auf den Weg bekommen. Diesen versteckt er in einer Miniaturnachbildung von Saint-Malo, das er seiner Tochter zusammenbaut, damit diese sich in der für sie fremden Stadt zurechtfindet. Der Vater wird später verleumdet und verhaftet, sodass Marie-Laure und Etienne auf sich gestellt sind. Die Haushälterin beteiligt sich konspirativ am Widerstand und Etienne sendet mit einem geheimen Funkgerät auf dem Dachboden des Hauses Koordinaten, Zahlen und Botschaften in den Äther. Ebendiese soll Werner lokalisieren. Als dritte Figur gibt es noch den Offizier von Rumpel, der zum einen als Kunstexperte quer durch die besetzten Gebiete reist, um für das geplante Führermuseum in Linz und für sonstigen Bedarf der Oberen wertvolle Kunstgegenstände, Pretiosen und Antiquitäten zu finden und zu beschlagnahmen. Selbst an einem Krebsleiden laborierend liegt ihm besonderes daran, den von Marie-Laures Vater gehüteten Edelstein zu finden, dem heilende Wirkung zugesprochen wird. Am Ende kommt es zu einem Showdown mit Rumpel, Marie-Laure und Werner im Haus von Etienne. Das danach folgende Ende, das ebenso wenig wie der Ausgang des Showdowns verraten werden soll, ist für den Leser emotional teilweise enttäuschend, aber nachvollziehbar und konsequent. Wie schon das ganze Buch über stehen am Ende der Krieg und das situative Erleben insbesondere durch Kinder und Jugendliche als große Metapher für die Verschwendung und Vergeudung von menschlichem Leben. In einer Art Epilog schwenkt die Erzählung dann wieder zu Werners Schwester Jutta und ihr Leben am Ende des Krieges und danach sowie die einzige Begegnung mit Marie-Laure. Auch dies ist konsequent und emotional eingängig konstruiert, wenngleich ich das kleine und furchtbare Kapitel über Juttas Zeit in Berlin zur Zeit des Sowjeteinmarsches schlicht überflüssig für den Roman finde. Im Übrigen birgt das Buch eine zwar lange, nie aber langatmige Geschichte mit schön gezeichneten Charakteren, deren Konfrontation mit dem Krieg auf innerer und äußerer Ebene sehr gut nachvollzogen werden kann. Das eigentliche Kriegsgeschehen, mögliche Debatten über Schuld, Leid und Ursachenforschung bleiben überwiegend außen vor und belasten nicht die Entwicklung der ganz besonderen Atmosphäre, in der sich die beiden jungen Protagonisten durch diese Zeit schlagen. Durch die zeitlichen Sprünge und die teilweise sehr kurzen Kapitel kommt beim Leser nie Langeweile auf und man kann sich ganz in den Bann der Erzählung begeben. Die Sprache bedient sich immer wieder großartigen Metaphern und bietet dem Leser neben der Beschreibung der Realität auch Ausflüge in die Meta-Ebene der Figuren. Dies sorgt für eine ganz beeindruckende Verdichtung des Leseerlebnisses. Insgesamt ein sehr lesenswerter Roman.

Das Buch beginnt mit dem Angriff der Alliierten auf die noch von den Deutschen besetzte bretonische Stadt Saint-Malo. In dieser Stadt befinden sich 1944 zwei junge Menschen, die Protagonisten des folgenden opulenten Romans von Anthony Doerr: die seit dem sechsten Lebensjahr blinde Marie-Laure LeBlanc und der deutsche Werner Hauser. Wie die beiden dorthin kamen und in welche jeweilige Situation wird im Laufe der folgenden Kapitel beschrieben, ebenso ihre fast schon zufällige Zusammenkunft.

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Der Roman arbeitet immer wieder mit Zeitsprüngen und erzählt so stückweise die Geschichte und Herkunft der beiden bis zu ihrer Ankunft in der Gegenwart, in den letzten Monaten des zweiten Weltkrieges. Werner Hausner ist ein Waisenjunge und wohnt mit seiner Schwester bei Frau Elena in einem kleinen Waisenhaus. Der Vater der beiden ist in einer Kohlegrube ums Leben gekommen. Werner begeistert sich für Technik und schafft es, ein Radiogerät aus einfachsten Bauteilen zu konstruieren. Mit der Zeit spricht sich sein Talent herum und er wird von verschiedenen Leuten zur Reparatur ihrer Radio- und sonstigen Geräte gerufen. Dies geschieht während der 30er Jahre und als einer der lokalen Parteioberen auf ihn aufmerksam wird, erhält er sogar die Chance auf eine besondere Parteischule zu gehen und so der Arbeit in den Kohlegruben zu entkommen. Den Aufnahmetest besteht er, wird darüber jedoch uneins mit seiner Schwester, was ihm bis zuletzt Kummer bereitet. In der Schule wird er vor ständige innere Prüfungen gestellt, wenn andere schikaniert und ausgesiebt werden, oder Gewalt gegen Unschuldige ausgeübt wird. Der dortige Physiklehrer konstruiert mit Unterstützung von Werner ein Gerät zum Aufspüren von Funksendern, das gegen Partisanen eingesetzt werden soll. Er beordert Werner später in eine Sondereinheit der Armee, wo er mit einem älteren Schulkollegen, Volkheimer, von da an durch das Reichs- und Kriegsgebiet fährt, um ebensolche Feindsender aufzuspüren. Am Ende landet er in Saint-Malo, wo ein besonders aktiver Sender des Widerstands vermutet wird.

Dieser Sender gehört dem Onkel von Marie-Laure, Etienne LeBlanc. Dieser lebt abgeschottet in seinem Haus in der Altstadt und kann seine Erlebnisse aus dem ersten Weltkrieg immer noch nicht recht verarbeiten. Marie-Laure muss nach der Eroberung von Paris durch die Deutschen dennoch mit ihrem Vater dorthin flüchten. Ihr Vater war in Paris im Naturkundemuseum beschäftigt und hat von dort eines der wertvollsten Exponate, einen Edelstein mit sagenumwobener Geschichte, mit auf den Weg bekommen. Diesen versteckt er in einer Miniaturnachbildung von Saint-Malo, das er seiner Tochter zusammenbaut, damit diese sich in der für sie fremden Stadt zurechtfindet. Der Vater wird später verleumdet und verhaftet, sodass Marie-Laure und Etienne auf sich gestellt sind. Die Haushälterin beteiligt sich konspirativ am Widerstand und Etienne sendet mit einem geheimen Funkgerät auf dem Dachboden des Hauses Koordinaten, Zahlen und Botschaften in den Äther. Ebendiese soll Werner lokalisieren.

Als dritte Figur gibt es noch den Offizier von Rumpel, der zum einen als Kunstexperte quer durch die besetzten Gebiete reist, um für das geplante Führermuseum in Linz und für sonstigen Bedarf der Oberen wertvolle Kunstgegenstände, Pretiosen und Antiquitäten zu finden und zu beschlagnahmen. Selbst an einem Krebsleiden laborierend liegt ihm besonderes daran, den von Marie-Laures Vater gehüteten Edelstein zu finden, dem heilende Wirkung zugesprochen wird. Am Ende kommt es zu einem Showdown mit Rumpel, Marie-Laure und Werner im Haus von Etienne.

Das danach folgende Ende, das ebenso wenig wie der Ausgang des Showdowns verraten werden soll, ist für den Leser emotional teilweise enttäuschend, aber nachvollziehbar und konsequent. Wie schon das ganze Buch über stehen am Ende der Krieg und das situative Erleben insbesondere durch Kinder und Jugendliche als große Metapher für die Verschwendung und Vergeudung von menschlichem Leben.

In einer Art Epilog schwenkt die Erzählung dann wieder zu Werners Schwester Jutta und ihr Leben am Ende des Krieges und danach sowie die einzige Begegnung mit Marie-Laure. Auch dies ist konsequent und emotional eingängig konstruiert, wenngleich ich das kleine und furchtbare Kapitel über Juttas Zeit in Berlin zur Zeit des Sowjeteinmarsches schlicht überflüssig für den Roman finde.

Im Übrigen birgt das Buch eine zwar lange, nie aber langatmige Geschichte mit schön gezeichneten Charakteren, deren Konfrontation mit dem Krieg auf innerer und äußerer Ebene sehr gut nachvollzogen werden kann. Das eigentliche Kriegsgeschehen, mögliche Debatten über Schuld, Leid und Ursachenforschung bleiben überwiegend außen vor und belasten nicht die Entwicklung der ganz besonderen Atmosphäre, in der sich die beiden jungen Protagonisten durch diese Zeit schlagen. Durch die zeitlichen Sprünge und die teilweise sehr kurzen Kapitel kommt beim Leser nie Langeweile auf und man kann sich ganz in den Bann der Erzählung begeben. Die Sprache bedient sich immer wieder großartigen Metaphern und bietet dem Leser neben der Beschreibung der Realität auch Ausflüge in die Meta-Ebene der Figuren. Dies sorgt für eine ganz beeindruckende Verdichtung des Leseerlebnisses. Insgesamt ein sehr lesenswerter Roman.

geschrieben am 14.11.2014 | 775 Wörter | 4483 Zeichen

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