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Heimat ist ein Paradies


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Informationen zum Buch
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Rezension von

Daniel Bigalke

Heimat ist ein Paradies Mit dem vorliegenden Band „Heimat ist ein Paradies” legt Viktor Streck einen zentralen Roman vor, der ein neues Zeitalter deutscher Jugendliteratur markiert und die geschichtspolitische und identitätspolitische Tristesse des deutschen Buchmarktes umkrempelt. Im Zentrum des Buches geht es um ethische Grundhaltungen, die ernsthaft zu praktizieren sich ein junger Mensch – der Hauptakteur – vornimmt. Er gibt damit ein Beispiel ab, wie allen gesinnungsethisch dominierten Wertediskussionen der Gegenwart zum Trotz eine wirklich zivilcouragierte Haltung aussehen kann. Damit treten die üblichen und inflationär durchgekauten Fragen danach, wer „rechts“ oder „links“ ist und wer „Zivilcourage“ zeigt und wer nicht und wer „gut“ ist und gegen wessen Meinungen man mit Blumen demonstrieren müsse, in den Hintergrund. Um Begriffen wie Heimat, religiösem, christlichem Bewusstsein, Treue, Standfestigkeit oder Nationalstolz Geltung zu verschaffen, wählt der Autor die Perspektive des Außenstehenden. Der Protagonist ist Frank, der als junger Russlanddeutscher neu in die ihm örtlich unvertraute, kulturell aber bekannte Heimat seiner Vorfahren zurückkehrt: Deutschland. Frank ist überaus begeistert vom Philosophen Immanuel Kant. Er kann ihn auswendig zitieren und erregt damit die Gemüter der in dieser Hinsicht mittelprächtig bewanderten deutschen Jugendlichen an seiner Schule. Freiheit bedeutet für Kant ein Durchbrechen des Gesetzes der Kausalität. Der freie Wille ergibt sich aus eigenem Antrieb, d.h. er gibt sich selbst das Gesetz seines Handelns. Er unterwirft sich keinem von außen auferlegten Gebot. Freisein und ethische Selbstgesetzgebung - das sind Kants Freiheitsvorstellungen. Das führt Kant zum Kategorischen Imperativ des Sittengesetzes als dem unbedingten Ausdruck der Selbstgesetzgebung des freien Willens. Das Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft als dessen Bestandteil verlangt von jedem Individuum, so zu handeln, dass die Maxime seines Willens jederzeit als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte. In Achtung für dieses Gesetz handeln heißt aus Pflicht handeln. Freiheit und Verbindlichkeit sind somit identisch gesetzt. Dies sind die Maximen, nach denen Frank in seiner neuen Heimat handelt: frei, verbindlich, ehrlich, pflichtbewusst und tiefgründig analysierend. Ihn irritiert die Kulturvergessenheit seines neuen Lebensumfeldes, die Dekadenz und Heuchelei seiner Umgebung. Das passt für ihn nicht zu den großen deutschen Denkern. Allen voran vermisst er auf dem Kant-Gymnasium den Geist des Namensgebers. Im Gegenzug tritt ihm ein dezisionistisches Moralisieren seiner Lehrerin Frau Bammert entgegen, die zufällig Vorsitzende des Arbeitskreises „gegen rechts“ ist. Frank weiß nicht, warum gerade er in ihr analysierendes Blickfeld gelangt ist. Die in Deutschland übliche und in derartigen Arbeitskreisen umgesetzte geheimdienstliche Überwachung von Argumentationsmustern schockiert Frank, denn das Werteargument ist genau die richtige Voraussetzung dafür, jemanden wie ihn in einer Demokratie verfolgen zu können. Zur „freiheitlichen Ordnung“ zählt für Franks Lehrerin die Pflicht des staatlich erzwungenen Für-wahr-Haltens historischer Ereignisse, etwa hinsichtlich der Schuldigen am 2. Weltkrieg, über den Frank mit Frau Bammert mächtig in Streit gerät. Dieser „offenkundige“ Tatsachenschutz intendiert eine ideologisch diskriminierende Wirkung. Alles, was den so genannten „Rechtsextremismus“ fördert, sei also unwahre „Tatsache“, da der „Rechtsextremismus“, wie ihn seine Lehrerin bei Frank unterstellt, nicht wahr sein könne. Zwei Welten prallen aufeinander. Obwohl die ethisch vorbildliche Grundeinstellung des Jungen einem anständig denkenden und handelnden Menschen in keiner Weise zu nahe tritt, stößt er bei den moralisierenden Heuchlern auf Ablehnung und wird in Gutmenschenmanier zum Bösewicht gestempelt. Politisch korrekte Gesinnungswächter rufen alle „Anständigen“ zum Kampf gegen den vaterlandsliebenden Jungen auf, der sich eigentlich nichts anderes vorgenommen hat, als - so fordert es Kant - stets ehrlich seine Meinung zu sagen. Hoch gebildet und sensibel findet der Gymnasiast kaum Anschluss, beeindruckt aber die schönen Mädchen seiner Klasse. Er hat die Kant’sche Moralphilosophie, vor allem den Imperativ der Wahrhaftigkeit, internalisiert. Und gerade das macht ihn aber bei anderen Schülern und Lehrern – wohlgemerkt des Kant-Gymnasiums - unbeliebt. Er polarisiert mit seinem Wissen zur Schuld des Zweiten Weltkrieges, was das politisch korrekte Umfeld nicht hinzunehmen bereit ist. Mit Max tritt ein weiterer Protagonist in die Handlung ein, der mit Frank sofort eine intellektuelle Liebesbeziehung beginnt. Es könnte eine wunderbare Freundschaft sein. Max aber fühlt sich ebenso wie Frank unverstanden, was am Ende unweigerlich in die Katastrophe mündet. Der Roman erhält damit eine dramatische literarische Spannung. Kurzum: Ein Roman, den man nur empfehlen kann – einer reifen Jugend der Zukunft, einer müden Bürgerlichkeit, einem intellektuellem Konservativismus, der die hysterischen Dogmen der Nachkriegszeit überwunden hat. Das Buch zeigt, was wirkliche Zivilcourage ist, und dazu zählen Personen wie Frank und nicht die mechanisch inszenierten Lichterketten der Gegenwart. Das Schwanken zwischen Selbstverleugnung und nationalistischem Auftrumpfen endet erst mit einer Haltung, die sich ernsthaft nach der eigenen nationalen Identität fragt. Dies tut der Protagonist des vorliegenden Werkes. Das Buch von Streck bringt eine neue Welle von Anregungen zur Betrachtung bundesdeutscher Realitäten mit sich und bestätigt einmal mehr, daß in Wirklichkeit nicht das Moralisieren, sondern das umfassende Denken sowohl spezifisch deutsche Stärke ist, als auch wirkliche Freiheit bedeutet.

Mit dem vorliegenden Band „Heimat ist ein Paradies” legt Viktor Streck einen zentralen Roman vor, der ein neues Zeitalter deutscher Jugendliteratur markiert und die geschichtspolitische und identitätspolitische Tristesse des deutschen Buchmarktes umkrempelt. Im Zentrum des Buches geht es um ethische Grundhaltungen, die ernsthaft zu praktizieren sich ein junger Mensch – der Hauptakteur – vornimmt. Er gibt damit ein Beispiel ab, wie allen gesinnungsethisch dominierten Wertediskussionen der Gegenwart zum Trotz eine wirklich zivilcouragierte Haltung aussehen kann. Damit treten die üblichen und inflationär durchgekauten Fragen danach, wer „rechts“ oder „links“ ist und wer „Zivilcourage“ zeigt und wer nicht und wer „gut“ ist und gegen wessen Meinungen man mit Blumen demonstrieren müsse, in den Hintergrund.

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Um Begriffen wie Heimat, religiösem, christlichem Bewusstsein, Treue, Standfestigkeit oder Nationalstolz Geltung zu verschaffen, wählt der Autor die Perspektive des Außenstehenden. Der Protagonist ist Frank, der als junger Russlanddeutscher neu in die ihm örtlich unvertraute, kulturell aber bekannte Heimat seiner Vorfahren zurückkehrt: Deutschland. Frank ist überaus begeistert vom Philosophen Immanuel Kant. Er kann ihn auswendig zitieren und erregt damit die Gemüter der in dieser Hinsicht mittelprächtig bewanderten deutschen Jugendlichen an seiner Schule.

Freiheit bedeutet für Kant ein Durchbrechen des Gesetzes der Kausalität. Der freie Wille ergibt sich aus eigenem Antrieb, d.h. er gibt sich selbst das Gesetz seines Handelns. Er unterwirft sich keinem von außen auferlegten Gebot. Freisein und ethische Selbstgesetzgebung - das sind Kants Freiheitsvorstellungen. Das führt Kant zum Kategorischen Imperativ des Sittengesetzes als dem unbedingten Ausdruck der Selbstgesetzgebung des freien Willens. Das Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft als dessen Bestandteil verlangt von jedem Individuum, so zu handeln, dass die Maxime seines Willens jederzeit als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte. In Achtung für dieses Gesetz handeln heißt aus Pflicht handeln. Freiheit und Verbindlichkeit sind somit identisch gesetzt.

Dies sind die Maximen, nach denen Frank in seiner neuen Heimat handelt: frei, verbindlich, ehrlich, pflichtbewusst und tiefgründig analysierend. Ihn irritiert die Kulturvergessenheit seines neuen Lebensumfeldes, die Dekadenz und Heuchelei seiner Umgebung. Das passt für ihn nicht zu den großen deutschen Denkern. Allen voran vermisst er auf dem Kant-Gymnasium den Geist des Namensgebers. Im Gegenzug tritt ihm ein dezisionistisches Moralisieren seiner Lehrerin Frau Bammert entgegen, die zufällig Vorsitzende des Arbeitskreises „gegen rechts“ ist. Frank weiß nicht, warum gerade er in ihr analysierendes Blickfeld gelangt ist. Die in Deutschland übliche und in derartigen Arbeitskreisen umgesetzte geheimdienstliche Überwachung von Argumentationsmustern schockiert Frank, denn das Werteargument ist genau die richtige Voraussetzung dafür, jemanden wie ihn in einer Demokratie verfolgen zu können. Zur „freiheitlichen Ordnung“ zählt für Franks Lehrerin die Pflicht des staatlich erzwungenen Für-wahr-Haltens historischer Ereignisse, etwa hinsichtlich der Schuldigen am 2. Weltkrieg, über den Frank mit Frau Bammert mächtig in Streit gerät. Dieser „offenkundige“ Tatsachenschutz intendiert eine ideologisch diskriminierende Wirkung. Alles, was den so genannten „Rechtsextremismus“ fördert, sei also unwahre „Tatsache“, da der „Rechtsextremismus“, wie ihn seine Lehrerin bei Frank unterstellt, nicht wahr sein könne.

Zwei Welten prallen aufeinander. Obwohl die ethisch vorbildliche Grundeinstellung des Jungen einem anständig denkenden und handelnden Menschen in keiner Weise zu nahe tritt, stößt er bei den moralisierenden Heuchlern auf Ablehnung und wird in Gutmenschenmanier zum Bösewicht gestempelt. Politisch korrekte Gesinnungswächter rufen alle „Anständigen“ zum Kampf gegen den vaterlandsliebenden Jungen auf, der sich eigentlich nichts anderes vorgenommen hat, als - so fordert es Kant - stets ehrlich seine Meinung zu sagen.

Hoch gebildet und sensibel findet der Gymnasiast kaum Anschluss, beeindruckt aber die schönen Mädchen seiner Klasse. Er hat die Kant’sche Moralphilosophie, vor allem den Imperativ der Wahrhaftigkeit, internalisiert. Und gerade das macht ihn aber bei anderen Schülern und Lehrern – wohlgemerkt des Kant-Gymnasiums - unbeliebt. Er polarisiert mit seinem Wissen zur Schuld des Zweiten Weltkrieges, was das politisch korrekte Umfeld nicht hinzunehmen bereit ist. Mit Max tritt ein weiterer Protagonist in die Handlung ein, der mit Frank sofort eine intellektuelle Liebesbeziehung beginnt. Es könnte eine wunderbare Freundschaft sein. Max aber fühlt sich ebenso wie Frank unverstanden, was am Ende unweigerlich in die Katastrophe mündet. Der Roman erhält damit eine dramatische literarische Spannung.

Kurzum: Ein Roman, den man nur empfehlen kann – einer reifen Jugend der Zukunft, einer müden Bürgerlichkeit, einem intellektuellem Konservativismus, der die hysterischen Dogmen der Nachkriegszeit überwunden hat. Das Buch zeigt, was wirkliche Zivilcourage ist, und dazu zählen Personen wie Frank und nicht die mechanisch inszenierten Lichterketten der Gegenwart. Das Schwanken zwischen Selbstverleugnung und nationalistischem Auftrumpfen endet erst mit einer Haltung, die sich ernsthaft nach der eigenen nationalen Identität fragt. Dies tut der Protagonist des vorliegenden Werkes. Das Buch von Streck bringt eine neue Welle von Anregungen zur Betrachtung bundesdeutscher Realitäten mit sich und bestätigt einmal mehr, daß in Wirklichkeit nicht das Moralisieren, sondern das umfassende Denken sowohl spezifisch deutsche Stärke ist, als auch wirkliche Freiheit bedeutet.

geschrieben am 08.04.2010 | 770 Wörter | 4982 Zeichen

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