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Preacher, Bd. 1: Der Anfang vom Ende


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Rezension von

Frank Drehmel

Der Anfang vom Ende Der vorliegende Sammelband enthält die Hefte 1 bis 7 der von Kritikern wie Publikum gleichermaßen begeistert aufgenommen DC-Vertigo-Serie “Preacher” aus dem Jahre 1995. Verantwortlich für die Umsetzung zeichnet mit Ennis, Dillon und Fabry jenes Team, das schon mit seinem Beitrag zu der ebenfalls hochgelobten Serie “Hellblazer” auf sich aufmerksam machen konnte. Im Himmel ist die Kacke am Dampfen: die Adephim-Trottel haben Genesis aus seinem/ihrem Gefängnis entkommen lassen und die “selbstgerechten Arschficker” (Originalzitat der Adephim), die Seraphim, sind darüber stocksauer, denn Genesis ist so mächtig wie Gott, der -nebenbei gesagt- zwischenzeitlich seinen Job geschmissen hat. Von all dem ahnt Reverend Jesse Custer nichts, als in ihn der Flüchtlige fährt und so nebenbei einen großen Teil der Gemeinde auslöscht. Tulip, Custers Ex-Flamme, die nicht nur schnell mit dem Mundwerk, sondern auch mit ihren Pistolen ist, und ihr Begleiter Cassidy, ein cooler Vampir mit lockeren Sprüchen, finden den Besessenen unverletzt in den Trümmern seiner Kirche. Sie entscheiden sich, schnellstens Leine zu ziehen, da die örtlichen Cops nicht gut auf vermeintliche Massenmörder zu sprechen sind. Während die Bullen erdseitig versuchen, ihre Ermittlungsbilanz aufzubessern, kommen die Adephim auf die hirnverbrannte Idee, den Heiligen der Killer zu erwecken, damit der Custer & Co. zur Strecke bringe. Dass dieser untote Psychopath Berge von Leichen hinterlässt, nehmen die himmlischen Trottel billigend in Kauf. Nach Gallonen von Blut und vielen, vielen toten Menschen können der Reverend und seine Begleiter die Situation entschärfen. Dem im Grunde seines Herzens gläubigen Mann reicht dieses jedoch nicht, sodass er beschließt, Gott zur Rede zu stellen. Und daher touren er, Tulip und Cassidy nun durch Texas -warum auch nicht?- auf der Suche nach dem himmlischen Vater, kommen dabei einem sadistischen Serienkiller in die Quere und perversen Cops. Wie gut, dass Genesis-Custer die Macht des Wortes besitzt, dank derer ein “Fick dich selbst!” recht unangenehme Folgen für den Angesprochenen haben kann. Unter den Tausenden von Comics, die ich in meinem Leben gelesen habe, gibt es vielleicht eine Handvoll, denen ich einen ähnlich grandios hohen Unterhaltungswert zugestehen würde wie diesem ersten Preacher-Sammelband. Zunächst und oberflächlicherweise wäre da die Tatsache, dass es sich um ein Hardcover handelt. Ich liebe Hardcover. Hardcover sind einfach geil sowohl vom Taktilen her (glatt, hart und steif ... hmm, vielleicht kann (m)ein Psychoanalytiker mehr dazu sagen), als auch vom Repräsentativen. Aber dieses ist nur das Sahnehäubchen auf einem großen Tortenstück, denn natürlich kommt es -um einen hässlichen Menschen zu zitieren- primär auf die inneren Werte an. Wenden wir uns also selbigen zu. Bis auf einen Protagonisten namens Arschgesicht (misslungener Selbstmordversuch nach Kurt Cobain-Art (^^)) spielen in dieser Geschichte keine wirklich netten Menschen (und selbstverständlich auch Engel bzw. Untote) tragende Rollen. Hinter jeder bürgerlichen (oder himmlischen) Fassade lauert der Wahnsinn, etwas Dunkles, Böses oder alles zusammen. Dank Garth Ennis kann sich der Leser an der Dekonstruktion einer bigotten, heuchlerischen und gewaltdurchdrungenen Gesellschaft mit voyeuristischer Freude delektieren. Dieses funktioniert in erster Linie deshalb so gut, weil der Autor -trotz aller zweifellos vorhandenen plakativen Gewalt- jeder seiner Figuren Tiefe verleiht, sie erzählerisch in ein soziales Umfeld, ihre eigene kleine Geschichte einbindet. Um emotionale Nähe zu zerstören, muss zunächst eine geschaffen worden sein. Der düstere Grundtenor der Story findet in der harten, schnörkellosen, unmittelbaren Sprache der Protagonisten seine Fortsetzung und Entsprechung, wobei die Ausdrucksweise zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt anmutet, sondern durchgängig eine Natürlichkeit ausstrahlt, die ihresgleichen sucht. In diesem Kontext ist bemerkenswert, dass die Geschichte und die Charakterzeichnungen in textlicher Hinsicht mit ganz wenigen Ausnahmen über die Dialoge transportiert und entwickelt werden, sogenannte “Narrative Boxes” also so gut wie keine Rolle spielen. Damit wären wir auch schon beim grafischen Inhalt. Die Panel-Aufteilung folgt im wesentlichen einem hinlänglich bekannten “klassischen” Ansatz, wobei durch kleinere Überschneidungen sowie relativ kräftige, freihändig gezeichnete Bildabgrenzungslinien eine gerade in dieser Geschichte störend wirkende strenge Gleichförmigkeit vermieden wird. In der Wahl der Perspektiven vermeidet Dillon Extrempositionen und bedient sich insbesondere in der Abwicklung der Szenen eines eher filmischen Ansatzes. Sein Strich ist dabei klar und gradlinig; Figuren und der zuweilen etwas leer wirkende Hintergrund sind scharf gegeneinander abgegrenzt. Bildinhaltlich weiß er mit viel Verve und Gefühl für äußerst brutale Details die gewalttätigen, düsteren Ideen Ennis’ in “angemessen” realistischer Art und Weise umzusetzen. Zimperliche Leser dürften in Anbetracht zahlloser weggeschossener Körper- und Gesichtsteile sicher mit der einen oder anderen Gänsehaut zu kämpfen haben. Und dass sämtliche Charaktere rein von der Physiognomie bzw. Körperlichkeit her einen sehr hohen Wiedererkennungswert sowie eine große Ausdruckskraft aufweisen, macht die ganze (böse) Sache für diese Konsumenten nicht einfacher. Kommen wir zur Kolorierung: harte Farbe-an-sich- und Komplementär-Kontraste werden innerhalb einzelner Seiten weitgehend vermieden, es dominieren kalte Töne mit einem deutlichen Blau- bzw- Braun-Grün-Anteil (auch wenn es nicht der Regelfall ist, so vermitteln einige Seiten ein fast monochromen Eindruck). Entsprechend der sehr straighten Story sind auch die Farben flächig und klar nebeneinander gesetzt, d.h. schwammige Farbverläufe tauchen nur in Ausnahmefällen -und hier vor allem in der Hintergrundkolorierung- als Stilmittel auf. Fazit: Zynisch, bitter-böse und brutal. Eine perfekte Verbindung von Story, Text und Grafik. Nichts für Kinder, für erwachsene Comic-Connoiseurs ein Muss.

Der vorliegende Sammelband enthält die Hefte 1 bis 7 der von Kritikern wie Publikum gleichermaßen begeistert aufgenommen DC-Vertigo-Serie “Preacher” aus dem Jahre 1995. Verantwortlich für die Umsetzung zeichnet mit Ennis, Dillon und Fabry jenes Team, das schon mit seinem Beitrag zu der ebenfalls hochgelobten Serie “Hellblazer” auf sich aufmerksam machen konnte.

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18.02.2018
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5
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Im Himmel ist die Kacke am Dampfen: die Adephim-Trottel haben Genesis aus seinem/ihrem Gefängnis entkommen lassen und die “selbstgerechten Arschficker” (Originalzitat der Adephim), die Seraphim, sind darüber stocksauer, denn Genesis ist so mächtig wie Gott, der -nebenbei gesagt- zwischenzeitlich seinen Job geschmissen hat.

Von all dem ahnt Reverend Jesse Custer nichts, als in ihn der Flüchtlige fährt und so nebenbei einen großen Teil der Gemeinde auslöscht.

Tulip, Custers Ex-Flamme, die nicht nur schnell mit dem Mundwerk, sondern auch mit ihren Pistolen ist, und ihr Begleiter Cassidy, ein cooler Vampir mit lockeren Sprüchen, finden den Besessenen unverletzt in den Trümmern seiner Kirche. Sie entscheiden sich, schnellstens Leine zu ziehen, da die örtlichen Cops nicht gut auf vermeintliche Massenmörder zu sprechen sind.

Während die Bullen erdseitig versuchen, ihre Ermittlungsbilanz aufzubessern, kommen die Adephim auf die hirnverbrannte Idee, den Heiligen der Killer zu erwecken, damit der Custer & Co. zur Strecke bringe. Dass dieser untote Psychopath Berge von Leichen hinterlässt, nehmen die himmlischen Trottel billigend in Kauf.

Nach Gallonen von Blut und vielen, vielen toten Menschen können der Reverend und seine Begleiter die Situation entschärfen. Dem im Grunde seines Herzens gläubigen Mann reicht dieses jedoch nicht, sodass er beschließt, Gott zur Rede zu stellen. Und daher touren er, Tulip und Cassidy nun durch Texas -warum auch nicht?- auf der Suche nach dem himmlischen Vater, kommen dabei einem sadistischen Serienkiller in die Quere und perversen Cops.

Wie gut, dass Genesis-Custer die Macht des Wortes besitzt, dank derer ein “Fick dich selbst!” recht unangenehme Folgen für den Angesprochenen haben kann.

Unter den Tausenden von Comics, die ich in meinem Leben gelesen habe, gibt es vielleicht eine Handvoll, denen ich einen ähnlich grandios hohen Unterhaltungswert zugestehen würde wie diesem ersten Preacher-Sammelband.

Zunächst und oberflächlicherweise wäre da die Tatsache, dass es sich um ein Hardcover handelt. Ich liebe Hardcover. Hardcover sind einfach geil sowohl vom Taktilen her (glatt, hart und steif ... hmm, vielleicht kann (m)ein Psychoanalytiker mehr dazu sagen), als auch vom Repräsentativen. Aber dieses ist nur das Sahnehäubchen auf einem großen Tortenstück, denn natürlich kommt es -um einen hässlichen Menschen zu zitieren- primär auf die inneren Werte an. Wenden wir uns also selbigen zu.

Bis auf einen Protagonisten namens Arschgesicht (misslungener Selbstmordversuch nach Kurt Cobain-Art (^^)) spielen in dieser Geschichte keine wirklich netten Menschen (und selbstverständlich auch Engel bzw. Untote) tragende Rollen. Hinter jeder bürgerlichen (oder himmlischen) Fassade lauert der Wahnsinn, etwas Dunkles, Böses oder alles zusammen.

Dank Garth Ennis kann sich der Leser an der Dekonstruktion einer bigotten, heuchlerischen und gewaltdurchdrungenen Gesellschaft mit voyeuristischer Freude delektieren. Dieses funktioniert in erster Linie deshalb so gut, weil der Autor -trotz aller zweifellos vorhandenen plakativen Gewalt- jeder seiner Figuren Tiefe verleiht, sie erzählerisch in ein soziales Umfeld, ihre eigene kleine Geschichte einbindet. Um emotionale Nähe zu zerstören, muss zunächst eine geschaffen worden sein.

Der düstere Grundtenor der Story findet in der harten, schnörkellosen, unmittelbaren Sprache der Protagonisten seine Fortsetzung und Entsprechung, wobei die Ausdrucksweise zu keinem Zeitpunkt aufgesetzt anmutet, sondern durchgängig eine Natürlichkeit ausstrahlt, die ihresgleichen sucht. In diesem Kontext ist bemerkenswert, dass die Geschichte und die Charakterzeichnungen in textlicher Hinsicht mit ganz wenigen Ausnahmen über die Dialoge transportiert und entwickelt werden, sogenannte “Narrative Boxes” also so gut wie keine Rolle spielen.

Damit wären wir auch schon beim grafischen Inhalt. Die Panel-Aufteilung folgt im wesentlichen einem hinlänglich bekannten “klassischen” Ansatz, wobei durch kleinere Überschneidungen sowie relativ kräftige, freihändig gezeichnete Bildabgrenzungslinien eine gerade in dieser Geschichte störend wirkende strenge Gleichförmigkeit vermieden wird.

In der Wahl der Perspektiven vermeidet Dillon Extrempositionen und bedient sich insbesondere in der Abwicklung der Szenen eines eher filmischen Ansatzes. Sein Strich ist dabei klar und gradlinig; Figuren und der zuweilen etwas leer wirkende Hintergrund sind scharf gegeneinander abgegrenzt.

Bildinhaltlich weiß er mit viel Verve und Gefühl für äußerst brutale Details die gewalttätigen, düsteren Ideen Ennis’ in “angemessen” realistischer Art und Weise umzusetzen. Zimperliche Leser dürften in Anbetracht zahlloser weggeschossener Körper- und Gesichtsteile sicher mit der einen oder anderen Gänsehaut zu kämpfen haben. Und dass sämtliche Charaktere rein von der Physiognomie bzw. Körperlichkeit her einen sehr hohen Wiedererkennungswert sowie eine große Ausdruckskraft aufweisen, macht die ganze (böse) Sache für diese Konsumenten nicht einfacher.

Kommen wir zur Kolorierung: harte Farbe-an-sich- und Komplementär-Kontraste werden innerhalb einzelner Seiten weitgehend vermieden, es dominieren kalte Töne mit einem deutlichen Blau- bzw- Braun-Grün-Anteil (auch wenn es nicht der Regelfall ist, so vermitteln einige Seiten ein fast monochromen Eindruck). Entsprechend der sehr straighten Story sind auch die Farben flächig und klar nebeneinander gesetzt, d.h. schwammige Farbverläufe tauchen nur in Ausnahmefällen -und hier vor allem in der Hintergrundkolorierung- als Stilmittel auf.

Fazit: Zynisch, bitter-böse und brutal. Eine perfekte Verbindung von Story, Text und Grafik.

Nichts für Kinder, für erwachsene Comic-Connoiseurs ein Muss.

geschrieben am 06.09.2007 | 827 Wörter | 5237 Zeichen

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