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Anno 1701: Kampf um Roderrenge


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Rezension von

Frank Drehmel

Kampf um Roderrenge Nachwuchs-Pirat Jon Arbor ist zu gut für diese Welt. Folglich kann er den Auftrag seines grausamen Kapitäns, ein Kind zu massakrieren, nicht ausführen, desertiert daher und sucht auf dem Schiff des Opfers das Weite. Als die Windemeer in einem Sturm mit Mann und Maus sinkt, kann allein Jon das nackte Leben und eine Truhe voller Gold retten. Auf dem Meer treibend, dem Verdursten nahe wird er von dem wohlhabenden Händler Del Azuz aus dem Wasser gefischt. Jener hält Jon für den untergegangenen Marten von Rallingen, den Eigner der Windemeer, und schippert ihn zur Insel-Kolonie des Adeligen, Roderrenge, in der Hoffnung, mit dem “reichen” Mann zukünftig lukrative Geschäfte machen zu können. Schnell findet sich der Ex-Pirat in der Rolle des Insel-Herrn zurecht, nicht zuletzt dank der Hilfe des alten Gustave, welcher ihn als einziger durchschaut. Die Lage auf Roderrenge ist allerdings nicht gerade rosig: die Siedler fristen ein karges Dasein, kaum das Nötigste zum Überleben ist vorhanden und mit dem Ruf Rallingens steht es auch nicht zum Besten. Dennoch gelingt es Jon, mit Gold und Überzeugungsarbeit die Inselwirtschaft zum Laufen zu bringen, wobei Rückschläge -wie Brände- oder neidische Nachbarn immer wieder einen Strich durch die Rechnung zu machen drohen. Welcher PC-Gamer kennt sie nicht, die netten Strategie-Aufbau-Spiele, in denen man gleichsam aus dem Nichts prosperierende Städte und blühende Landschaften, bevölkert von glücklichen Pixel-Menschlein, erschaffen kann? Stadtplanung, Volkswirtschaftslehre und Außenpolitik light! Wie light tatsächlich, entlarvt der Roman zu Sunflowers Bestseller “Anno 1701” auf nur 264 Seiten mit überraschender Deutlichkeit. Konkrete Schwierigkeiten beim Aufbau einer Kolonie mit einer komplexen, funktionierenden Infrastruktur werden reduziert auf: ich baue eine Schule und alle sind glücklich! Juchhei! Wenn ich Gold besitze, fällt Baumaterial wie Manna von Himmel! Halleluja! Natürlich sollte man von einem Roman, der sich auch – oder gerade – an Jugendliche wendet, keine (populär)wissenschaftlichen Exkurse zu sozio-ökonomischen Phänomenen erwarten oder eine detaillierte Darstellung von Kausalitäten bzw. Zusammenhängen ökonomischer Umtriebigkeit, aber man sollte den Durchschnitts-Leser auch nicht für vollkommen anspruchslos halten oder ihn für dumm verkaufen. So simpel – wie von Claudia Kern in ihrem Roman dargestellt – “funktionieren” Gesellschaften nur in der Sesamstraße, in Pixi-Büchern oder eben im Computerspiel, wo die Rechenpower des Heim-PCs die “Realitätsnähe” einer Simulation begrenzt, erst recht, wenn in erster Linie Wert auf die Grafik gelegt wird. Da solcherlei physikalisch-technische Limitierungen im Reich der Phantasie grundsätzlich nicht existieren, ist es schlichtweg nicht einsichtig, weshalb sich die Autorin mit dem PC-Light-Ansatz zufrieden gibt und nicht stärker in die Psychologie der Figuren geht oder einige fundamentale ökonomische Zusammenhänge explizit ableitet. Alternativ hätte Kern auch gänzlich auf die in ihrer Simplizität geradezu lächerlichen Aufbauelemente verzichten können, um einfach nur eine spannende Geschichte in der der Welt von Anno 1701 zu schreiben. So aber gehört “Kampf um Roderrenge” zu jenen Gamenovelisationen, die viel zu nah am Spiel geschrieben sind, um eigene Akzente zu setzen oder eine originelle Story zu erzählen (immerhin ist Claudia Kern in stilistischer Hinsicht einer Miyabi Hasegawa deutlich überlegen, deren Final Fantasy-Romane inhaltlich an einer ähnlichen Schwächen leiden wie das vorliegende Buch, die darüber hinaus aber stilistisch so schlecht verfasst sind, dass sie dem belletristischen absoluten Nullpunkt gleichkommen). Versöhnlicher würde es stimmen, wenn wenigstens der eine oder andere kantige bzw. originelle Charakter Roderrenge bevölkerte. Und tatsächlich besitzt Jon Arbor als ehrbarer Pirat ein vielversprechendes Potenzial. Im Verlauf des Romans muss der Leser aber die schmerzliche Erfahrung machen, dass dieser Held den gleichen Mangel an Tiefe an den Tag legt wie die Pixel-Männchen, welche sich auf dem Monitor tummeln. Vorhersehbar, stereotyp, klischeehaft sind freundlichere Umschreibungen, die einem bei dem Rest des öden und todlangweiligen Ensembles kaum noch über die Lippen kommen wollen. Damit steht die Frage im Raum: weshalb sollte man “Kampf um Roderrenge” lesen, wenn das Spiel letztendlich sogar wesentlich mehr -nämlich bunte Bilder- bietet? Weil es billiger ist! Daraus folgt: wer das Spiel besitzt, kann sich das Buch getrost ebenso schenken, wie jene Nicht-Spieler, für die Langeweile kein erstrebenswerter Daseinszustand ist. Fazit: Kolonisation im Zeitraffer: zu simpel, vereinfachend und “unmenschlich”, um auch nur ansatzweise überzeugen oder gar fesseln zu können. Da hätte Frau Kern mehr draus machen können und müssen!

Nachwuchs-Pirat Jon Arbor ist zu gut für diese Welt. Folglich kann er den Auftrag seines grausamen Kapitäns, ein Kind zu massakrieren, nicht ausführen, desertiert daher und sucht auf dem Schiff des Opfers das Weite.

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rezensiert seit
Buchtitel
1
18.02.2018
4
18.02.2018
5
18.02.2018

Als die Windemeer in einem Sturm mit Mann und Maus sinkt, kann allein Jon das nackte Leben und eine Truhe voller Gold retten. Auf dem Meer treibend, dem Verdursten nahe wird er von dem wohlhabenden Händler Del Azuz aus dem Wasser gefischt. Jener hält Jon für den untergegangenen Marten von Rallingen, den Eigner der Windemeer, und schippert ihn zur Insel-Kolonie des Adeligen, Roderrenge, in der Hoffnung, mit dem “reichen” Mann zukünftig lukrative Geschäfte machen zu können.

Schnell findet sich der Ex-Pirat in der Rolle des Insel-Herrn zurecht, nicht zuletzt dank der Hilfe des alten Gustave, welcher ihn als einziger durchschaut. Die Lage auf Roderrenge ist allerdings nicht gerade rosig: die Siedler fristen ein karges Dasein, kaum das Nötigste zum Überleben ist vorhanden und mit dem Ruf Rallingens steht es auch nicht zum Besten. Dennoch gelingt es Jon, mit Gold und Überzeugungsarbeit die Inselwirtschaft zum Laufen zu bringen, wobei Rückschläge -wie Brände- oder neidische Nachbarn immer wieder einen Strich durch die Rechnung zu machen drohen.

Welcher PC-Gamer kennt sie nicht, die netten Strategie-Aufbau-Spiele, in denen man gleichsam aus dem Nichts prosperierende Städte und blühende Landschaften, bevölkert von glücklichen Pixel-Menschlein, erschaffen kann? Stadtplanung, Volkswirtschaftslehre und Außenpolitik light! Wie light tatsächlich, entlarvt der Roman zu Sunflowers Bestseller “Anno 1701” auf nur 264 Seiten mit überraschender Deutlichkeit.

Konkrete Schwierigkeiten beim Aufbau einer Kolonie mit einer komplexen, funktionierenden Infrastruktur werden reduziert auf: ich baue eine Schule und alle sind glücklich! Juchhei! Wenn ich Gold besitze, fällt Baumaterial wie Manna von Himmel! Halleluja!

Natürlich sollte man von einem Roman, der sich auch – oder gerade – an Jugendliche wendet, keine (populär)wissenschaftlichen Exkurse zu sozio-ökonomischen Phänomenen erwarten oder eine detaillierte Darstellung von Kausalitäten bzw. Zusammenhängen ökonomischer Umtriebigkeit, aber man sollte den Durchschnitts-Leser auch nicht für vollkommen anspruchslos halten oder ihn für dumm verkaufen.

So simpel – wie von Claudia Kern in ihrem Roman dargestellt – “funktionieren” Gesellschaften nur in der Sesamstraße, in Pixi-Büchern oder eben im Computerspiel, wo die Rechenpower des Heim-PCs die “Realitätsnähe” einer Simulation begrenzt, erst recht, wenn in erster Linie Wert auf die Grafik gelegt wird. Da solcherlei physikalisch-technische Limitierungen im Reich der Phantasie grundsätzlich nicht existieren, ist es schlichtweg nicht einsichtig, weshalb sich die Autorin mit dem PC-Light-Ansatz zufrieden gibt und nicht stärker in die Psychologie der Figuren geht oder einige fundamentale ökonomische Zusammenhänge explizit ableitet. Alternativ hätte Kern auch gänzlich auf die in ihrer Simplizität geradezu lächerlichen Aufbauelemente verzichten können, um einfach nur eine spannende Geschichte in der der Welt von Anno 1701 zu schreiben.

So aber gehört “Kampf um Roderrenge” zu jenen Gamenovelisationen, die viel zu nah am Spiel geschrieben sind, um eigene Akzente zu setzen oder eine originelle Story zu erzählen (immerhin ist Claudia Kern in stilistischer Hinsicht einer Miyabi Hasegawa deutlich überlegen, deren Final Fantasy-Romane inhaltlich an einer ähnlichen Schwächen leiden wie das vorliegende Buch, die darüber hinaus aber stilistisch so schlecht verfasst sind, dass sie dem belletristischen absoluten Nullpunkt gleichkommen).

Versöhnlicher würde es stimmen, wenn wenigstens der eine oder andere kantige bzw. originelle Charakter Roderrenge bevölkerte. Und tatsächlich besitzt Jon Arbor als ehrbarer Pirat ein vielversprechendes Potenzial. Im Verlauf des Romans muss der Leser aber die schmerzliche Erfahrung machen, dass dieser Held den gleichen Mangel an Tiefe an den Tag legt wie die Pixel-Männchen, welche sich auf dem Monitor tummeln. Vorhersehbar, stereotyp, klischeehaft sind freundlichere Umschreibungen, die einem bei dem Rest des öden und todlangweiligen Ensembles kaum noch über die Lippen kommen wollen.

Damit steht die Frage im Raum: weshalb sollte man “Kampf um Roderrenge” lesen, wenn das Spiel letztendlich sogar wesentlich mehr -nämlich bunte Bilder- bietet? Weil es billiger ist! Daraus folgt: wer das Spiel besitzt, kann sich das Buch getrost ebenso schenken, wie jene Nicht-Spieler, für die Langeweile kein erstrebenswerter Daseinszustand ist.

Fazit: Kolonisation im Zeitraffer: zu simpel, vereinfachend und “unmenschlich”, um auch nur ansatzweise überzeugen oder gar fesseln zu können. Da hätte Frau Kern mehr draus machen können und müssen!

geschrieben am 06.09.2007 | 679 Wörter | 4123 Zeichen

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