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Bataclan - Wie ich überlebte


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Rezension von

Thomas Stumpf

Bataclan - Wie ich überlebte Am späten Abend des 13.11.2015, einem Freitag, gibt die US-amerikanische Band Eagles of Death Metal ein Konzert im Pariser Konzert-Theater Le Bataclan. Unter den ca. 1.500 Zuschauern befindet sich auch der Grafiker Fred Dewilde, der sich mit Freunden mal wieder seit langem einen schönen Abend machen und eine Rock-Show besuchen möchte. Kurz vor 22:00 Uhr dringen radikalislamistische, fundamentalistische Terroristen ins Bataclan ein und schießen mehrere Minuten lang mit Sturmgewehren wahllos in die Menge. Es ist Teil eines über mehrere Standorte verteilten, großangelegten Terroranschlags auf die französische Hauptstadt, bei dem es insgesamt am Ende 130 Tote und zahlreiche Verletzte und Schwerverletzte zu beklagten gibt. Allein im Bataclan sterben an diesem Abend bei dem feigen Massaker 90 Menschen. Der Angriff zieht sich in die Länge. Fred Dewilde kann nicht fliehen. Er stellt sich tot. Zwischen Toten und im Blut fremder Menschen harrt er stundenlang aus, während die Terroristen durch die Menge schreiten und überprüfen, wer tot ist und wer nicht. Nur wenige Meter von ihm entfernt, werden weitere am Boden liegende Menschen erschossen. Neben ihm eine junge Frau, verletzt, aber auch am Leben. Die beiden schauen sich an, flüstern sich leise ihre Namen zu, versuchen gemeinsam in einem selbst geschaffenen Raum menschlicher Nähe den Wahnsinn zu überleben. Was ihnen am Ende gelingt, beide überleben das Attentat. In seinem ergreifenden Comic „Bataclan – Wie ich überlebte“ verarbeitet Fred Dewilde dieses unaussprechliche Grauen, das ihm und allen anderen in dieser Nacht widerfahren ist in ausdrucksstarken schwarz-weiß Zeichnungen. Wer sich jetzt fragt: Was, in einem Comic?, dem muss man sagen: Ja, genau da. Anders als hierzulande, zählen Comics in Frankreich schon seit langem zu den neun Künsten und haben seit Jahrzehnten einen festen Bestandteil in jeder Buchhandlung. Wer bei Comics noch immer die Nase rümpft und meint, das sei minderwertiger Kinderkram mit bunten Bildchen, hat das Medium nicht verstanden. Was ein Comic leisten kann, kann man gerade in Werken wie diesem erkennen. Der reine Comicanteil umfasst nur ca. 20 Seiten, die es jedoch in sich haben. Interessant ist die Perspektive, die Dewilde gewählt hat. Alle Panels zeigen seine eigene Sicht, seinen Blickwinkel, so wie er die Dinge gesehen und wahrgenommen hat. Eine Übersichtsansicht gibt es nur, wenn er sich selbst neben der jungen Frau am Boden liegend zeichnet, im Grunde die einzige Perspektive von außen. Ein schönes, eindrucksvolles Bild, eine kokonartige Lichtinsel in Mitten der Düsternis, die beide umfängt. Die Terroristen zeigt er nicht als Menschen, gibt ihnen kein Gesicht, schenkt ihnen nicht mehr Aufmerksamkeit als sie verdienen. Er zeichnet sie als Skelette, als die vier apokalyptischen Reiter mit Kalaschnikows. Was die Menschen in den Stunden des Terrors durchgemacht haben müssen, bleibt unvorstellbar. Der zweite Teil des Comics besteht aus einem reinen Textanteil. Hier erzählt Fred Dewilde, wie er nach den schrecklichen Ereignissen wieder ins Leben zurückfand, zu Frau und Kind, zu Freunden, in die Gesellschaft, in den Beruf. Wie es den Überlebenden danach erging, wie er die junge Frau wieder traf und wie er wieder zu zeichnen begann. Im französischen Original lautet der Titel des Comics übrigens „Mon Bataclan – Vivre encore, also „wieder leben“ oder sinngemäß „zurück ins Leben“. Das kommt dem Inhalt des Comics näher als der deutsche Titel „Wie ich überlebte“. Dabei belässt es Dewilde aber nicht. Er wirft kritische Fragen auf, stellt, durchaus in scharfem Ton, die über Jahrzehnte hinweg gescheiterte Integrationspolitik Frankreichs in Frage. Er selbst muss für sich aber nach vorne blicken. Ein Comic, den ich jedem ans Herz legen möchte.

Am späten Abend des 13.11.2015, einem Freitag, gibt die US-amerikanische Band Eagles of Death Metal ein Konzert im Pariser Konzert-Theater Le Bataclan. Unter den ca. 1.500 Zuschauern befindet sich auch der Grafiker Fred Dewilde, der sich mit Freunden mal wieder seit langem einen schönen Abend machen und eine Rock-Show besuchen möchte. Kurz vor 22:00 Uhr dringen radikalislamistische, fundamentalistische Terroristen ins Bataclan ein und schießen mehrere Minuten lang mit Sturmgewehren wahllos in die Menge. Es ist Teil eines über mehrere Standorte verteilten, großangelegten Terroranschlags auf die französische Hauptstadt, bei dem es insgesamt am Ende 130 Tote und zahlreiche Verletzte und Schwerverletzte zu beklagten gibt. Allein im Bataclan sterben an diesem Abend bei dem feigen Massaker 90 Menschen. Der Angriff zieht sich in die Länge. Fred Dewilde kann nicht fliehen. Er stellt sich tot. Zwischen Toten und im Blut fremder Menschen harrt er stundenlang aus, während die Terroristen durch die Menge schreiten und überprüfen, wer tot ist und wer nicht. Nur wenige Meter von ihm entfernt, werden weitere am Boden liegende Menschen erschossen. Neben ihm eine junge Frau, verletzt, aber auch am Leben. Die beiden schauen sich an, flüstern sich leise ihre Namen zu, versuchen gemeinsam in einem selbst geschaffenen Raum menschlicher Nähe den Wahnsinn zu überleben. Was ihnen am Ende gelingt, beide überleben das Attentat.

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In seinem ergreifenden Comic „Bataclan – Wie ich überlebte“ verarbeitet Fred Dewilde dieses unaussprechliche Grauen, das ihm und allen anderen in dieser Nacht widerfahren ist in ausdrucksstarken schwarz-weiß Zeichnungen. Wer sich jetzt fragt: Was, in einem Comic?, dem muss man sagen: Ja, genau da. Anders als hierzulande, zählen Comics in Frankreich schon seit langem zu den neun Künsten und haben seit Jahrzehnten einen festen Bestandteil in jeder Buchhandlung. Wer bei Comics noch immer die Nase rümpft und meint, das sei minderwertiger Kinderkram mit bunten Bildchen, hat das Medium nicht verstanden. Was ein Comic leisten kann, kann man gerade in Werken wie diesem erkennen.

Der reine Comicanteil umfasst nur ca. 20 Seiten, die es jedoch in sich haben. Interessant ist die Perspektive, die Dewilde gewählt hat. Alle Panels zeigen seine eigene Sicht, seinen Blickwinkel, so wie er die Dinge gesehen und wahrgenommen hat. Eine Übersichtsansicht gibt es nur, wenn er sich selbst neben der jungen Frau am Boden liegend zeichnet, im Grunde die einzige Perspektive von außen. Ein schönes, eindrucksvolles Bild, eine kokonartige Lichtinsel in Mitten der Düsternis, die beide umfängt. Die Terroristen zeigt er nicht als Menschen, gibt ihnen kein Gesicht, schenkt ihnen nicht mehr Aufmerksamkeit als sie verdienen. Er zeichnet sie als Skelette, als die vier apokalyptischen Reiter mit Kalaschnikows. Was die Menschen in den Stunden des Terrors durchgemacht haben müssen, bleibt unvorstellbar.

Der zweite Teil des Comics besteht aus einem reinen Textanteil. Hier erzählt Fred Dewilde, wie er nach den schrecklichen Ereignissen wieder ins Leben zurückfand, zu Frau und Kind, zu Freunden, in die Gesellschaft, in den Beruf. Wie es den Überlebenden danach erging, wie er die junge Frau wieder traf und wie er wieder zu zeichnen begann. Im französischen Original lautet der Titel des Comics übrigens „Mon Bataclan – Vivre encore, also „wieder leben“ oder sinngemäß „zurück ins Leben“. Das kommt dem Inhalt des Comics näher als der deutsche Titel „Wie ich überlebte“. Dabei belässt es Dewilde aber nicht. Er wirft kritische Fragen auf, stellt, durchaus in scharfem Ton, die über Jahrzehnte hinweg gescheiterte Integrationspolitik Frankreichs in Frage. Er selbst muss für sich aber nach vorne blicken. Ein Comic, den ich jedem ans Herz legen möchte.

geschrieben am 16.10.2017 | 573 Wörter | 3192 Zeichen

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