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V wie Vendetta


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Rezension von

Christopher Bünte

V wie Vendetta Eigentlich schreibt Alan Moore gar keine Comic-Szenarios. Seine in den Achtziger Jahren entstandene Geschichte »V wie Vendetta« ist vielmehr eine Studie über den Faschismus. Sie gilt bis heute als ein Meilenstein der Comic-Literatur. Darin ist es einer kleinen Gruppe machthungriger Männer gelungen, die Kontrolle über England zu erringen. »V wie Vendetta« spielt in einem fiktiven England Ende der Neunziger Jahre. Ein begrenzter Atomkrieg hat dazu geführt, dass das Land im Chaos versank. Im Zuge der allgemeinen Misere wurde der Ruf nach einer starken Hand laut, um die Probleme in den Griff zu bekommen und die englische Nation zurück zu alter Größe zu führen. So gerieten die Faschisten auf den Plan. Das alles ist inzwischen Vergangenheit. Die Gegenwart, in die Moore den Leser versetzt, spielt diverse Jahre nach der Krise und der Zeit der Neuordnung. Die Verhältnisse haben sich beruhigt. Viele Details der Handlung lassen vermuten, dass sich Moore beim Schreiben am Nationalsozialismus und dem Dritten Reich orientiert hat. Er möchte zeigen, dass Faschismus und Totalitarismus auch in anderen Ländern als in Deutschland entstehen können, sie also ein allgemeines Problem sind. Dabei sieht zunächst alles nach einem gewohnten Superhelden-Szenario aus. Ein ominöser Mann mit Maske tritt auf und tötet Männer der Geheimpolizei, als diese sich an einem Mädchen vergreifen wollen. Wenige Minuten später explodiert das Parlamentsgebäude. Die Machthaber und das Volk erfahren: »V« war hier und hat dem Regime den Krieg angekündigt. Der Held, dessen Identität lange im Dunkeln bleibt, hat politische Absichten. Diese Motivation ist ungewöhnlich, wenn man im Schema üblicher Superhelden-Szenarios bleibt. Ungewöhnlich ist ebenfalls, dass der Held nicht gegen einen Schurken kämpft, sondern gegen ein System. Er möchte England die Freiheit zurückgeben und steht anarchistischen Staatsvorstellungen nahe. In diesem Zusammenhang gehört V’s Selbstgespräch mit der Statue der Justitia zu den eindrucksvollsten Szenen der Geschichte. Er kündigt ihr seine Liebe, kritisiert ihre Blindheit und Sprunghaftigkeit, um schließlich zu gestehen: Es gibt eine andere Frau in meinem Leben - und ihr Name lautet »Anarchie«. Die Atmosphäre der Zeichnungen wird ihrem Inhalt gerecht. David Lloyd zeigt uns keine überstilisierte Welt der »Guten und Bösen«, in der physikalische Gesetze bloß ungefähre Richtwerte sind, sondern er wählt eine realistische Darstellung in ruhigen Panels. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den Figuren. Bei der Umwelt operiert er mutig mit Schatten und schwarzen Flächen. Alan Moores Hauptaugenmerk liegt auf den einzelnen Figuren, ihren persönlichen Absichten und Abgründen. Er fragt nach der Verantwortung jedes Einzelnen. Obwohl der Leser hin und wieder wittert, dass er es mit einer konstruierten Kopfgeburt zu tunhat, gelingt es Moore jedoch immer wieder, diesen Eindruck zu zerstreuen. Er traut seinen Figuren etwas zu und lässt sie die Handlung tragen. Was eine besondere Qualität von »V wie Vendetta« ausmacht, ist der Umstand, dass Moore nicht in Kategorien von »Gut und Böse« denkt, sondern stets durchaus beide Seiten der Medaille im Blick hat. Sicherlich keine leichte Unterhaltung, aber ein außergewöhnlich anspruchsvoller Comic. Seit dem 16. März läuft die Verfilmung der Wachowski-Brüder (Matrix) mit Natalie Portman und Hugo Weaving in den deutschen Kinos.

Eigentlich schreibt Alan Moore gar keine Comic-Szenarios. Seine in den Achtziger Jahren entstandene Geschichte »V wie Vendetta« ist vielmehr eine Studie über den Faschismus. Sie gilt bis heute als ein Meilenstein der Comic-Literatur. Darin ist es einer kleinen Gruppe machthungriger Männer gelungen, die Kontrolle über England zu erringen.

weitere Rezensionen von Christopher Bünte

#
rezensiert seit
Buchtitel
4
31.10.2006
5
02.07.2006

»V wie Vendetta« spielt in einem fiktiven England Ende der Neunziger Jahre. Ein begrenzter Atomkrieg hat dazu geführt, dass das Land im Chaos versank. Im Zuge der allgemeinen Misere wurde der Ruf nach einer starken Hand laut, um die Probleme in den Griff zu bekommen und die englische Nation zurück zu alter Größe zu führen. So gerieten die Faschisten auf den Plan.

Das alles ist inzwischen Vergangenheit. Die Gegenwart, in die Moore den Leser versetzt, spielt diverse Jahre nach der Krise und der Zeit der Neuordnung. Die Verhältnisse haben sich beruhigt. Viele Details der Handlung lassen vermuten, dass sich Moore beim Schreiben am Nationalsozialismus und dem Dritten Reich orientiert hat. Er möchte zeigen, dass Faschismus und Totalitarismus auch in anderen Ländern als in Deutschland entstehen können, sie also ein allgemeines Problem sind.

Dabei sieht zunächst alles nach einem gewohnten Superhelden-Szenario aus. Ein ominöser Mann mit Maske tritt auf und tötet Männer der Geheimpolizei, als diese sich an einem Mädchen vergreifen wollen. Wenige Minuten später explodiert das Parlamentsgebäude. Die Machthaber und das Volk erfahren: »V« war hier und hat dem Regime den Krieg angekündigt.

Der Held, dessen Identität lange im Dunkeln bleibt, hat politische Absichten. Diese Motivation ist ungewöhnlich, wenn man im Schema üblicher Superhelden-Szenarios bleibt. Ungewöhnlich ist ebenfalls, dass der Held nicht gegen einen Schurken kämpft, sondern gegen ein System. Er möchte England die Freiheit zurückgeben und steht anarchistischen Staatsvorstellungen nahe. In diesem Zusammenhang gehört V’s Selbstgespräch mit der Statue der Justitia zu den eindrucksvollsten Szenen der Geschichte. Er kündigt ihr seine Liebe, kritisiert ihre Blindheit und Sprunghaftigkeit, um schließlich zu gestehen: Es gibt eine andere Frau in meinem Leben - und ihr Name lautet »Anarchie«.

Die Atmosphäre der Zeichnungen wird ihrem Inhalt gerecht. David Lloyd zeigt uns keine überstilisierte Welt der »Guten und Bösen«, in der physikalische Gesetze bloß ungefähre Richtwerte sind, sondern er wählt eine realistische Darstellung in ruhigen Panels. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den Figuren. Bei der Umwelt operiert er mutig mit Schatten und schwarzen Flächen.

Alan Moores Hauptaugenmerk liegt auf den einzelnen Figuren, ihren persönlichen Absichten und Abgründen. Er fragt nach der Verantwortung jedes Einzelnen. Obwohl der Leser hin und wieder wittert, dass er es mit einer konstruierten Kopfgeburt zu tunhat, gelingt es Moore jedoch immer wieder, diesen Eindruck zu zerstreuen. Er traut seinen Figuren etwas zu und lässt sie die Handlung tragen. Was eine besondere Qualität von »V wie Vendetta« ausmacht, ist der Umstand, dass Moore nicht in Kategorien von »Gut und Böse« denkt, sondern stets durchaus beide Seiten der Medaille im Blick hat. Sicherlich keine leichte Unterhaltung, aber ein außergewöhnlich anspruchsvoller Comic.

Seit dem 16. März läuft die Verfilmung der Wachowski-Brüder (Matrix) mit Natalie Portman und Hugo Weaving in den deutschen Kinos.

geschrieben am 24.04.2006 | 496 Wörter | 2882 Zeichen

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