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Coraline. Gefangen hinter dem Spiegel


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Rezension von

Christopher Bünte

Coraline. Gefangen hinter dem Spiegel Wenn es draußen regnet, rĂŒckt die Welt in die Ferne. Wirklichkeit und Phantasie verlieren sich fast aus den Augen. Wer im SpĂ€therbst Geburtstag hat, weiß, was gemeint ist. WĂ€hrend Schulkameraden Grillfeste veranstalteten, saß man bei schlechtem Wetter drinnen und war mit sich selber beschĂ€ftigt. Nach innen gekehrt. Die Hauptfigur in dem neuen Buch von Neil Gaiman ist ein MĂ€dchen namens Coraline Jones. Auch sie wĂŒsste, was gemeint ist. Coraline liebt es, sich nach Innen zurĂŒckzuziehen, in ihre Phantasie. Wenn es draußen regnet, wenn sĂ€mtliche Videos schon angeguckt und wenn alle BĂŒcher schon gelesen sind, dann wird es langweilig. Ihr Vater sitzt den ganzen Tag am Schreibtisch und arbeitet. Ihre Mutter ist entweder unterwegs oder hat etwas Wichtiges zu tun. Missmutig sitzt sie am Fenster und beobachtet, wie die Regentropfen am Glas hinunterlaufen. In ihrer Phantasie ist es besser. Dort ist irgendwie alles aufregend. FĂŒr Coraline hat die RealitĂ€t schon nach wenigen Tagen an Glanz verloren. Obwohl sie und ihre Eltern erst vor kurzem in das alte Haus eingezogen sind, gibt es hier nicht mehr viel Neues zu entdecken. Den alten Tennisplatz hinterm Haus, den verwilderten Garten und das Brunnenloch kennt sie schon. Die beiden alten Schauspielerinnen Miss Spink und Miss Forcible und ihre weißen Terrier kennt sie schon. Den verrĂŒckten Herrn, der angeblich einen MĂ€usezirkus trainiert, kennt sie schon. Und die Sommerferien dauern sechs Wochen, das ist verdammt lange fĂŒr ein kleines, aufgewecktes MĂ€dchen. Das einzige Ding, was Coralines Interesse noch weckt, ist die TĂŒr in der guten Stube. In der KĂŒche hĂ€ngt ein alter, schwerer SchlĂŒssel, mit dem sie sich öffnen lĂ€sst. Dahinter ist eine Mauer, hinter der eine andere, leer stehende Wohnung liegt. Angeblich jedenfalls. So recht mag Coraline den ErklĂ€rungen ihrer Mutter nicht glauben. FĂŒr das MĂ€dchen wird die TĂŒr zur Grenze, die sich in jeder Aliceonade verbirgt, zum Kaninchenbau, zum Schrank nach Narnia oder zur Unendlichen Geschichte auf den Knien von Bastian Balthasar Bux. Ihre Vorstellungskraft hat endlich ein Loch in der Wirklichkeit entdeckt, durch das sie schlĂŒpfen kann. Was Coraline hinter der TĂŒr findet, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Nur soviel: Es wird unheimlich. Neil Gaiman beschĂ€ftigt seit Jahren nur ein Thema: das VerhĂ€ltnis von Wirklichkeit und Phantasie. Seine berĂŒhmte Comic-Serie The Sandman kĂŒndet ebenso davon wie die Romane Sternwanderer und Niemalsland. FĂŒr Gaiman ist die Phanatsie ein essentieller Teil der menschlichen Existenz. Er ist ein TrĂ€umer, der sich mit seinem Werk trotzig in den rauen Wind von RationalitĂ€t und Sachlichkeit stellt. Als Autor sind TrĂ€ume sein Metier, und es ist ein wahres GlĂŒck, dass er immer wieder zauberhafte, sehr persönliche Lesejuwelen ersinnt. Coraline ist ein gutes Beispiel dafĂŒr. Als wolle er uns zwischen den Zeilen zuflĂŒstern: Hört nicht auf zu trĂ€umen.

Wenn es draußen regnet, rĂŒckt die Welt in die Ferne. Wirklichkeit und Phantasie verlieren sich fast aus den Augen. Wer im SpĂ€therbst Geburtstag hat, weiß, was gemeint ist. WĂ€hrend Schulkameraden Grillfeste veranstalteten, saß man bei schlechtem Wetter drinnen und war mit sich selber beschĂ€ftigt. Nach innen gekehrt. Die Hauptfigur in dem neuen Buch von Neil Gaiman ist ein MĂ€dchen namens Coraline Jones.

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31.10.2006
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02.07.2006

Auch sie wĂŒsste, was gemeint ist.

Coraline liebt es, sich nach Innen zurĂŒckzuziehen, in ihre Phantasie. Wenn es draußen regnet, wenn sĂ€mtliche Videos schon angeguckt und wenn alle BĂŒcher schon gelesen sind, dann wird es langweilig. Ihr Vater sitzt den ganzen Tag am Schreibtisch und arbeitet. Ihre Mutter ist entweder unterwegs oder hat etwas Wichtiges zu tun. Missmutig sitzt sie am Fenster und beobachtet, wie die Regentropfen am Glas hinunterlaufen. In ihrer Phantasie ist es besser. Dort ist irgendwie alles aufregend.

FĂŒr Coraline hat die RealitĂ€t schon nach wenigen Tagen an Glanz verloren. Obwohl sie und ihre Eltern erst vor kurzem in das alte Haus eingezogen sind, gibt es hier nicht mehr viel Neues zu entdecken. Den alten Tennisplatz hinterm Haus, den verwilderten Garten und das Brunnenloch kennt sie schon. Die beiden alten Schauspielerinnen Miss Spink und Miss Forcible und ihre weißen Terrier kennt sie schon. Den verrĂŒckten Herrn, der angeblich einen MĂ€usezirkus trainiert, kennt sie schon. Und die Sommerferien dauern sechs Wochen, das ist verdammt lange fĂŒr ein kleines, aufgewecktes MĂ€dchen.

Das einzige Ding, was Coralines Interesse noch weckt, ist die TĂŒr in der guten Stube. In der KĂŒche hĂ€ngt ein alter, schwerer SchlĂŒssel, mit dem sie sich öffnen lĂ€sst. Dahinter ist eine Mauer, hinter der eine andere, leer stehende Wohnung liegt. Angeblich jedenfalls. So recht mag Coraline den ErklĂ€rungen ihrer Mutter nicht glauben. FĂŒr das MĂ€dchen wird die TĂŒr zur Grenze, die sich in jeder Aliceonade verbirgt, zum Kaninchenbau, zum Schrank nach Narnia oder zur Unendlichen Geschichte auf den Knien von Bastian Balthasar Bux. Ihre Vorstellungskraft hat endlich ein Loch in der Wirklichkeit entdeckt, durch das sie schlĂŒpfen kann. Was Coraline hinter der TĂŒr findet, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Nur soviel: Es wird unheimlich.

Neil Gaiman beschĂ€ftigt seit Jahren nur ein Thema: das VerhĂ€ltnis von Wirklichkeit und Phantasie. Seine berĂŒhmte Comic-Serie The Sandman kĂŒndet ebenso davon wie die Romane Sternwanderer und Niemalsland. FĂŒr Gaiman ist die Phanatsie ein essentieller Teil der menschlichen Existenz. Er ist ein TrĂ€umer, der sich mit seinem Werk trotzig in den rauen Wind von RationalitĂ€t und Sachlichkeit stellt. Als Autor sind TrĂ€ume sein Metier, und es ist ein wahres GlĂŒck, dass er immer wieder zauberhafte, sehr persönliche Lesejuwelen ersinnt. Coraline ist ein gutes Beispiel dafĂŒr. Als wolle er uns zwischen den Zeilen zuflĂŒstern: Hört nicht auf zu trĂ€umen.

geschrieben am 05.12.2005 | 449 Wörter | 2503 Zeichen

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