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Am Gletscher


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Rezension von

Ragan Tanger

Am Gletscher Statt Aschewolken: Literarischer Hochgenuss aus dem Land der Vulkane Als Halldór Laxness geboren wurde, gab es noch keine Hörspiele, zumindest nicht solche, wie wir sie heute in größtmöglicher Variabilität genießen. Die Möglichkeit Ton auf einem Speichermedium aufzuzeichnen war 1902, als er das Licht der Welt erblickte, noch nicht gegeben, gerade erst lernten die Bilder laufen; doch all dies war dem wohl berühmtesten Schriftsteller Islands ganz egal. Schon früh in seinem Leben kam er mit gehobenen Künstlerkreisen in Berührung und erweiterte auf zahlreichen Auslandsreisen seinen Horizont. Bereits 1919 erschien sein erster Roman und auch wenn die Anfänge der auditiven Aufzeichnung seinerzeit nun auch langsam ins Rollen kamen, hätte sich der spätere Literaturnobelpreisträger sicher nicht träumen lassen, dass ein Großteil seines Oeuvres mal auf CD erhältlich sein würde. "Am Gletscher", der vom renommierten Verlag Hörbuch Hamburg ins Auditive transponiert wurde, zählt zu Laxness Spätwerk, einer Zeit, in der sein überbordender Kommunismus abgeklungen war und in der er mit literarischen Motiven gekonnt zu jonglieren vermochte. Die erste deutsche Übersetzung des 1969 erschienenen Originals wurde 1974 in Leipzig aufgelegt; in der ehemaligen DDR war Laxness eben aufgrund seiner politischen Motivation hoch geschätzt, die Rezeption im Westen setzte dementsprechend auch erst nach der Wende ein und auch heute noch ist er nicht jedem Literaturfreund ein Begriff. Am Gletscher kennzeichnet die Spätphase eines Künstlers, der nicht nur mit seinem 1955 erhaltenen Preis Island zum Land mit der höchsten Dichte von Literaturpreisträgern pro Einwohner gemacht hatte, sondern der zu jener Zeit auch in den künstlerischen Höhen schwebte, die nur absolute Genies zu Eigen ist. Der Theologe, der Ich-Erzähler, wird häufig aus der dritten Person heraus beschrieben - ein Veixierspiel der besonderen Art, das auch im Hörbuch gekonnt hervorgehoben wird. Vebi, so die namentliche Kurzform des Theologen, wird als Vertreter des Bischofs an den Rand eines Gletschers geschickt, um dort die Ereignisse, die eben dem Kirchenoberhaupt nicht ganz geheuer sind, zu untersuchen. Konterkarierender Angelpunkt ist nun der dortige Pfarrer Sira Jon Jonsson, der mit seiner unbekümmerten und eigenartigen Art dem Dogmatismus des gelehrten Vebi gegenübertritt. Die oftmals skurrilen, schrägen Geschichten des Pfarrers und die verrückten Begebenheiten in dessen Gemeinde und am Gletscher (unter anderem ein ominöser Sarg auf dem Gipfel des Gletschers) machen aus der Erzählung für alle Island-Freunde, und diejenigen, die es noch werden wollen, ein gefundenes Fressen. Island ist eben ein bisschen anders, deren Bewohner ein bisschen verrückter und deren Geschichten sowieso; Laxness gibt hier das beste Beispiel dafür. Nun kommt die Hörbuchfassung mit einem seltenen, umso schöneren Bonmot daher. Ein essayistisches Nachwort, diesen komischen und irrwitzigen Roman betreffend, gibt keine geringere als Susan Sontag (im Deutschen von Julia Nachtmann gelesen) auf einer Extra-CD (in Rosa!) zum Besten. Peter Jordan, seines Zeichens Schauspieler und Tatort-Referenz des NDR, beeindruckt mit einer vorzüglichen, klar akzentuierten und vor allen Dingen den sprachlichen Besonderheiten der Vorlage komplett gerecht werdenden Erzählung auf den anderen fünf CDs (natürlich in Blau!). Sehr schön, dass dieser erst 1999 gegründete Hörbuch-Verlag die Grenzen des Genres endlich mal erweitert und uns mit diesem Essay in etwas einführt, was auch jedes gute, klassische Buch haben darf. Nämlich eine Stilkritik und eine Bedeutungsrezension. Halldór Laxness war nur ein Jahr vor Gründung des Hörbuch Hamburg Verlages mit 95 Jahren gestorben. Seine Werke werden überdauern. Auch als Hörbuch. Und gerne so professionell und visionär wie in diesem Fall.

Statt Aschewolken: Literarischer Hochgenuss aus dem Land der Vulkane

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Als Halldór Laxness geboren wurde, gab es noch keine Hörspiele, zumindest nicht solche, wie wir sie heute in größtmöglicher Variabilität genießen. Die Möglichkeit Ton auf einem Speichermedium aufzuzeichnen war 1902, als er das Licht der Welt erblickte, noch nicht gegeben, gerade erst lernten die Bilder laufen; doch all dies war dem wohl berühmtesten Schriftsteller Islands ganz egal. Schon früh in seinem Leben kam er mit gehobenen Künstlerkreisen in Berührung und erweiterte auf zahlreichen Auslandsreisen seinen Horizont. Bereits 1919 erschien sein erster Roman und auch wenn die Anfänge der auditiven Aufzeichnung seinerzeit nun auch langsam ins Rollen kamen, hätte sich der spätere Literaturnobelpreisträger sicher nicht träumen lassen, dass ein Großteil seines Oeuvres mal auf CD erhältlich sein würde.

"Am Gletscher", der vom renommierten Verlag Hörbuch Hamburg ins Auditive transponiert wurde, zählt zu Laxness Spätwerk, einer Zeit, in der sein überbordender Kommunismus abgeklungen war und in der er mit literarischen Motiven gekonnt zu jonglieren vermochte. Die erste deutsche Übersetzung des 1969 erschienenen Originals wurde 1974 in Leipzig aufgelegt; in der ehemaligen DDR war Laxness eben aufgrund seiner politischen Motivation hoch geschätzt, die Rezeption im Westen setzte dementsprechend auch erst nach der Wende ein und auch heute noch ist er nicht jedem Literaturfreund ein Begriff.

Am Gletscher kennzeichnet die Spätphase eines Künstlers, der nicht nur mit seinem 1955 erhaltenen Preis Island zum Land mit der höchsten Dichte von Literaturpreisträgern pro Einwohner gemacht hatte, sondern der zu jener Zeit auch in den künstlerischen Höhen schwebte, die nur absolute Genies zu Eigen ist. Der Theologe, der Ich-Erzähler, wird häufig aus der dritten Person heraus beschrieben - ein Veixierspiel der besonderen Art, das auch im Hörbuch gekonnt hervorgehoben wird.

Vebi, so die namentliche Kurzform des Theologen, wird als Vertreter des Bischofs an den Rand eines Gletschers geschickt, um dort die Ereignisse, die eben dem Kirchenoberhaupt nicht ganz geheuer sind, zu untersuchen. Konterkarierender Angelpunkt ist nun der dortige Pfarrer Sira Jon Jonsson, der mit seiner unbekümmerten und eigenartigen Art dem Dogmatismus des gelehrten Vebi gegenübertritt. Die oftmals skurrilen, schrägen Geschichten des Pfarrers und die verrückten Begebenheiten in dessen Gemeinde und am Gletscher (unter anderem ein ominöser Sarg auf dem Gipfel des Gletschers) machen aus der Erzählung für alle Island-Freunde, und diejenigen, die es noch werden wollen, ein gefundenes Fressen. Island ist eben ein bisschen anders, deren Bewohner ein bisschen verrückter und deren Geschichten sowieso; Laxness gibt hier das beste Beispiel dafür.

Nun kommt die Hörbuchfassung mit einem seltenen, umso schöneren Bonmot daher. Ein essayistisches Nachwort, diesen komischen und irrwitzigen Roman betreffend, gibt keine geringere als Susan Sontag (im Deutschen von Julia Nachtmann gelesen) auf einer Extra-CD (in Rosa!) zum Besten. Peter Jordan, seines Zeichens Schauspieler und Tatort-Referenz des NDR, beeindruckt mit einer vorzüglichen, klar akzentuierten und vor allen Dingen den sprachlichen Besonderheiten der Vorlage komplett gerecht werdenden Erzählung auf den anderen fünf CDs (natürlich in Blau!). Sehr schön, dass dieser erst 1999 gegründete Hörbuch-Verlag die Grenzen des Genres endlich mal erweitert und uns mit diesem Essay in etwas einführt, was auch jedes gute, klassische Buch haben darf. Nämlich eine Stilkritik und eine Bedeutungsrezension. Halldór Laxness war nur ein Jahr vor Gründung des Hörbuch Hamburg Verlages mit 95 Jahren gestorben. Seine Werke werden überdauern. Auch als Hörbuch. Und gerne so professionell und visionär wie in diesem Fall.

geschrieben am 25.07.2011 | 547 Wörter | 3271 Zeichen

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