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Hans Könings


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Rezension von

Matthias Pierre Lubinsky

Hans Könings Das Bild verstört den Betrachter mit seinen Sehgewohnheiten zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Keine klare Linienführung. Keine grellen Farben, die um unsere Aufmerksamkeit buhlen. Stattdessen steht da eine junge Frau an einer Schiffsrehling. Ihr Blick scheint in die Ferne zu schweifen. Oder schaut sie vielleicht nur zum Ufer und nimmt Abschied? Wenige Anhaltspunkte geben dem Betrachter Hinweise. Die Art der Rehling deutet auf das 20. Jahrhundert, diesen großen nihilistischen Vernichtungssturm. Der nur 20 mal 20 Zentimeter große Linolschnitt verschwindet in tiefem Schwarz. Auch einen Titel, der uns beruhigen könnte, besitzt das Bild nicht. Grundlage dieses Werkes war eine Schwarz-Weiß-Photographie. Sie verwendet der niederländische Künstler Hans Könings als Vorlage für seine Linolschnitte, die in uns Gefühle, Schlüsselerinnerungen, Ängste wecken, an ihnen rühren. Durch das hohe Maß an Abstraktion werden wir zur Aufmerksamkeit gezwungen. Bisherige Flüchtigkeit war ja immer so einfach. Hans Könings, 1950 in Den Haag geboren, nimmt uns mit auf seine ganz persönliche Reise zurück in seine Vergangenheit. Nun hat er 49 seiner Arbeiten unter dem Titel »Die andere Geschichte« zusammengefasst. Die Ausstellung in der Salon Galerie Petra Rietz in Berlin läuft noch bis zum 15. Mai 2011. Das Buch unter demselben Titel präsentiert sämtliche 49 Linoldrucke und ist angereichert mit kurzen Texten zum Verständnis des Werkes. Hans Könings studierte Malerei und Druckgrafik an der Academy of fine Arts Sint-Joost in Breda und an der Jan van Eyck Academy in Maastricht. Er war Professor an der Royal Academy of Fine Arts in Den Haag und Gastprofessor an der Kunstakademie in Düsseldorf und der Academy of Fine Arts in Neu Dehli. Seine Werke finden sich in den Sammlungen mehrerer niederländischer Museen. Seit 2007 lebt und arbeitet er in Berlin. Könings verwendet autobiographische Photos, Photos von Flohmärkten oder aus dem Internet, nur zum geringeren Teil eigene Photographien. Das Buch zur Ausstellung präsentiert die vom Künstler unter diesem Titel zusammengestellten Linolschnitte in adäquat-ansprechender Form und wird damit auch für den Buchliebhaber zum Sammlerstück: komplett in Schwarz gehalten, auf schwerem Papier gedruckt und in aufwendiger Fadenbindung gibt es den außergewöhnlichen Arbeiten einen bibliophilen Rahmen. Die Beiträge zeigen, dass instruktive Erläuterungstexte nicht lang sein müssen. Die Serie »Junge Männer im Wald«, Teil von »Die andere Geschichte«, beruht auf Photographien von jungen Männern aus dem Jahr 1948, die einen Sommertag im Berliner Grunewald genossen. Hans Könings fand sie verstreut über zwei Monate an verschiedenen Flohmarktständen. Er hat sie vor dem endgültigen Verschwinden gerettet und aus der individuellen Photographie, die doch nur die wenigen Beteiligten interessiert, ein anderes Medium geschaffen. Das Individuelle, das ja jeweils so vergleichbar ist, wird abstrahiert und damit auf eine andere, eine höhere Stufe gebracht. Die Kollektivierung erfolgt nicht banal, sondern durch eine künstlerische Transformation, die den glücklichen Moment im Leben Einzelner uns allen zugänglich macht. Damit rührt Könings an dem Gedächtnis eines jeden Betrachters. Der Abgleich mit eigenen Erinnerungen und Gefühlen erfolgt unweigerlich. Dieser Abgleich läuft auf vielen Ebenen. So mancher Betrachter wird sich selbst sehen auf dem Flohmarkt, wühlend in Kisten mit alten Photos und sich dabei fragend: Was bleibt von meinem Leben? Der natürliche und uns angeborene Voyeurismus führt ihn dabei nicht weiter. Die Qualität der Bilder von Hans Könings liegt gerade darin, dass sie einen hoch-individuellen Einblick gewähren – und ihn gleichzeitig nicht zulassen. Der Betrachter bleibt auf sein Gedächtnis reduziert. Und so ist auch diese Reflexion eine Folge der wirkmächtigen Werke des Niederländers: Ist unsere Wahrnehmung nicht eh subjektiv-begrenzt? Die Bilder von Hans Könings sind jeweils auf ihre geistige Substanz zurückgebrannt. Vielleicht sind es die Bilder, die wir im Sterben sehen werden.

Das Bild verstört den Betrachter mit seinen Sehgewohnheiten zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Keine klare Linienführung. Keine grellen Farben, die um unsere Aufmerksamkeit buhlen. Stattdessen steht da eine junge Frau an einer Schiffsrehling. Ihr Blick scheint in die Ferne zu schweifen. Oder schaut sie vielleicht nur zum Ufer und nimmt Abschied? Wenige Anhaltspunkte geben dem Betrachter Hinweise. Die Art der Rehling deutet auf das 20. Jahrhundert, diesen großen nihilistischen Vernichtungssturm. Der nur 20 mal 20 Zentimeter große Linolschnitt verschwindet in tiefem Schwarz. Auch einen Titel, der uns beruhigen könnte, besitzt das Bild nicht.

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Grundlage dieses Werkes war eine Schwarz-Weiß-Photographie. Sie verwendet der niederländische Künstler Hans Könings als Vorlage für seine Linolschnitte, die in uns Gefühle, Schlüsselerinnerungen, Ängste wecken, an ihnen rühren. Durch das hohe Maß an Abstraktion werden wir zur Aufmerksamkeit gezwungen. Bisherige Flüchtigkeit war ja immer so einfach. Hans Könings, 1950 in Den Haag geboren, nimmt uns mit auf seine ganz persönliche Reise zurück in seine Vergangenheit. Nun hat er 49 seiner Arbeiten unter dem Titel »Die andere Geschichte« zusammengefasst. Die Ausstellung in der Salon Galerie Petra Rietz in Berlin läuft noch bis zum 15. Mai 2011. Das Buch unter demselben Titel präsentiert sämtliche 49 Linoldrucke und ist angereichert mit kurzen Texten zum Verständnis des Werkes.

Hans Könings studierte Malerei und Druckgrafik an der Academy of fine Arts Sint-Joost in Breda und an der Jan van Eyck Academy in Maastricht. Er war Professor an der Royal Academy of Fine Arts in Den Haag und Gastprofessor an der Kunstakademie in Düsseldorf und der Academy of Fine Arts in Neu Dehli. Seine Werke finden sich in den Sammlungen mehrerer niederländischer Museen. Seit 2007 lebt und arbeitet er in Berlin. Könings verwendet autobiographische Photos, Photos von Flohmärkten oder aus dem Internet, nur zum geringeren Teil eigene Photographien.

Das Buch zur Ausstellung präsentiert die vom Künstler unter diesem Titel zusammengestellten Linolschnitte in adäquat-ansprechender Form und wird damit auch für den Buchliebhaber zum Sammlerstück: komplett in Schwarz gehalten, auf schwerem Papier gedruckt und in aufwendiger Fadenbindung gibt es den außergewöhnlichen Arbeiten einen bibliophilen Rahmen. Die Beiträge zeigen, dass instruktive Erläuterungstexte nicht lang sein müssen.

Die Serie »Junge Männer im Wald«, Teil von »Die andere Geschichte«, beruht auf Photographien von jungen Männern aus dem Jahr 1948, die einen Sommertag im Berliner Grunewald genossen. Hans Könings fand sie verstreut über zwei Monate an verschiedenen Flohmarktständen. Er hat sie vor dem endgültigen Verschwinden gerettet und aus der individuellen Photographie, die doch nur die wenigen Beteiligten interessiert, ein anderes Medium geschaffen. Das Individuelle, das ja jeweils so vergleichbar ist, wird abstrahiert und damit auf eine andere, eine höhere Stufe gebracht. Die Kollektivierung erfolgt nicht banal, sondern durch eine künstlerische Transformation, die den glücklichen Moment im Leben Einzelner uns allen zugänglich macht. Damit rührt Könings an dem Gedächtnis eines jeden Betrachters. Der Abgleich mit eigenen Erinnerungen und Gefühlen erfolgt unweigerlich. Dieser Abgleich läuft auf vielen Ebenen. So mancher Betrachter wird sich selbst sehen auf dem Flohmarkt, wühlend in Kisten mit alten Photos und sich dabei fragend: Was bleibt von meinem Leben? Der natürliche und uns angeborene Voyeurismus führt ihn dabei nicht weiter. Die Qualität der Bilder von Hans Könings liegt gerade darin, dass sie einen hoch-individuellen Einblick gewähren – und ihn gleichzeitig nicht zulassen. Der Betrachter bleibt auf sein Gedächtnis reduziert. Und so ist auch diese Reflexion eine Folge der wirkmächtigen Werke des Niederländers: Ist unsere Wahrnehmung nicht eh subjektiv-begrenzt?

Die Bilder von Hans Könings sind jeweils auf ihre geistige Substanz zurückgebrannt. Vielleicht sind es die Bilder, die wir im Sterben sehen werden.

geschrieben am 15.04.2011 | 584 Wörter | 3460 Zeichen

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