ISBN | 3442546737 | |
Autor | Terry Pratchett | |
Verlag | Manhattan HC | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 512 | |
Erscheinungsjahr | 2010 | |
Extras | - |
Mit dem Versuch, einen sehr leicht reizbaren Erzkanzler von einem Verrat von unbeschreiblichen AusmaĂ abzulenken, hat der neu ernannte âMeister der Traditionenâ alle HĂ€nde voll zu tun. Da ist es vielleicht gar nicht mal so schlecht, dass eine groĂzĂŒgige jĂ€hrliche Spende (und damit auch ein groĂer Teil der KĂ€seplatte) wegfallen wird, wenn die Unsichtbare UniversitĂ€t nicht schnellstmöglich eine FuĂballmannschaft aufstellt. Das hört sich jedoch einfacher an, als es ist und Ponder Stibbons hat seine Not damit, die mĂ€chtigen und gemĂ€chlichen Zauberer zu diesem Schritt zu bewegen. âHilfeâ (wenn man sich denn traut das so zu nennen) erhĂ€lt er von Vetinari, der das âTritt-den-Ball-Spielâ der einfachen Bevölkerung von Ankh Morpork noch bis vor kurzem verbieten wollte, sich jetzt aber ganz sicher ist, dass Erzkanzler Ridcully der Einzige ist, der dem Spiel eine ganz neue Bedeutung geben kann.
Aber nicht nur die Zauberer, sondern auch die beiden universitĂ€tseigenen Tropfer Trev Likely (Sohn des bekannten Dave Likely), sowie der sehr sonderbare Nutt und die Damen aus der NachtkĂŒche geraten sehr schnell in die FĂ€nge des FuĂballs, bei dem es in Ankh Morpork immer um weit mehr als nur ein Spiel geht.
âDer Club der unsichtbaren Gelehrtenâ (Im Original: Unseen Academics) ist ein Roman von der Scheibenwelt. Wieder einmal stehen die Zauberer im Mittelpunkt, aber auch die Politik und der Sport kommt nicht zu kurz. Bei einem Autor, der im fuĂballverrĂŒckten England aufgewachsen ist, war es sicher nur eine Frage der Zeit, bis der FuĂball auch Einzug in die Welt auf der Schildkröte hat. Als ein Sport oder eher eine Schlacht der unteren Bevölkerungsschichten der sich jeglichen Regeln entzieht, ist klar, dass dies dem Alleinherrscher nicht gefallen kann und eine VerĂ€nderung her muss. Der AufhĂ€nger des Buches ist also ziemlich einleuchtend: Wie mache ich aus einer besseren StraĂenschlacht ein Spiel mit Regeln.
Die Geschichte setzt sich eigentlich aus drei Geschichten zusammen, die sich immer wieder berĂŒhren. Die Geschichte um die Zauberer, die unbekannte Schönheit und die Liebe, und der Ork, der Psychoanalytiker ist, haben erst einmal wenig miteinander zu tun, gĂ€be es da nicht den FuĂball. Dass die Geschichte aus mehreren HandlungsstrĂ€ngen besteht, ist fĂŒr Terry Pratchett nichts Neues, in diesem Fall wirkt es allerdings stellenweise etwas verwirrend und langatmig. Nichts desto trotz hĂ€lt der einzigartige Stil und der feine Humor das Buch am Leben.
Auch fĂŒr echte Pratchett-Fans bietet das Buch etwas neues, lĂ€sst es doch einen Blick auf bekannte Personen zu, wie es ihn bisher eher selten gab. Im Gegensatz zu den anderen Hauptpersonen seiner BĂŒcher sind sowohl Trev als auch Frau Zuckerbohne ganz einfache Bewohner einer GroĂstadt, die â wenn man darauf besteht â eher der unteren Klasse angehören. SelbstverstĂ€ndlich haben sie eine andere Sicht der Dinge als Zauberer, Hexen, ein Gauner der ungewollt in eine hohe Position gerĂ€t oder die Enkelin des Todes. FĂŒr sie ist Vertinari nicht hauptsĂ€chlich der gute Tyrann, der die Stadt am laufen hĂ€lt, sondern in erster Linie ein Mann, der ziemlich plötzlich fĂŒr ein schnelles Ableben sorgen kann. Auch die Angehörigen der Wache sind nicht unbedingt die groĂen Helden, nicht einmal der gute alte Sam, der zwar schon einiges erreicht hat, aber fĂŒr die sehr sehr einfache Bevölkerung immer derjenige sein wird, der sie â wenn auch nur zu ihrer eigenen Sicherheit â ohne groĂes Reden ins GefĂ€ngnis steckt. Dagegen ist ein Ork echt ein klasse Kerl, vorausgesetzt er reiĂt niemandem die Arme ab und ist ein guter FuĂballstratege.
Auch ĂŒber Vetinaris Vergangenheit erfĂ€hrt man mal wieder etwas neues und seine âBeziehungâ zu einer Dame aus Ăberwald wird zum ersten Mal real.
Einen besonderen Blick verdient die Ăbersetzung von Gerald Jung, die immer wieder in starke Kritik gerĂ€t. Nachdem viele BĂŒcher von Andreas Brandhorst ĂŒbersetzt wurden ist klar, dass sich die deutschen Fans an dessen Stil gewöhnt haben. Fakt ist aber, dass jeder Ăbersetzer seine eigenen Vorstellungen in das Werk mit einbringt. Einige VerĂ€nderungen, zum Beispiel, dass sich die Zauberer in diesem Band siezen und nicht wir frĂŒher das âDuâ verwenden, bleiben dabei nicht aus. Diese VerĂ€nderungen sind aber nicht zwangslĂ€ufig ein so groĂer Störfaktor, dass sie das Buch kaputt machen, es sei denn man besteht wirklich sehr hartnĂ€ckig darauf, dass es keine VerĂ€nderungen in der Ăbersetzung gibt.
Der ganz eigene Humor, fĂŒr den Terry Pratchett bekannt ist, blickt auch in diesem Buch wieder durch. Auch wenn die FuĂnoten weniger geworden sind, gibt es doch immer wieder etwas zu lachen. Er schafft es wie kaum ein anderer FuĂballfans in einer Fantasygeschichte zu beschreiben und dabei auf eine satirisch-ironische Weise die guten Seiten, aber auch die Vorurteile zu betrachten. Unterlegt wird das Ganze von der einfachen Annahme, dass Orks oder Menschen keineswegs so sein mĂŒssen wie alle anderen sie sehen, sondern sich Ă€ndern können.
Terry Prattchet ist und bleibt auch trotz seiner schweren Erkrankung einer der besten Fantasyautoren. Zwar kommt das Buch von seinem Stil und auch von der Story nicht an âWachen! Wachen!â, âGevatter Todâ oder manch andere BĂŒcher heran, aber dennoch zeigt der Autor, dass er immer noch in der Lage ist, ein sehr gutes Buch zu schreiben, das man auf jeden Fall gelesen haben sollte.
geschrieben am 03.04.2011 | 842 Wörter | 4623 Zeichen
Terry Pratchett trumpft wieder auf. Und diesmal mit einem Buch zur Wiederbelebung des FuĂballs.
Ponder Stibbons, der irgendwie fast jedes mögliche Amt an der Unsichtbaren UniversitĂ€t (UU) zu bekleiden scheint, auĂer einem Professorenamt und den Titel des Erzkanzlers, ist seit Neuestem auch der Meister der Traditionen. Und als solcher hat er schon am Anfang des Buches eine nicht minderschwere Entdeckung gemacht: Die Zauberer der UU mĂŒssen mindestens alle 20 Jahre ein FuĂballspiel veranstalten - wohlgemerkt aktiv. Denn ansonsten wĂŒrde der Nachlass eines verstorbenen Mitglieds ihrer FakultĂ€t an die Familie zurĂŒckfallen, was unter keinen UmstĂ€nden passieren darf, denn schlieĂlich darf die heiĂgeliebte KĂ€seplatte der Zauberer nicht entfallen. Das Zauberer fĂŒr ihr Essen wirklich alles tun, wird sehr deutlich: Sie spielen sogar FuĂball, wenn es sein muss.
Aber Terry Pratchett wĂ€re nicht Terry Pratchett, wenn es neben der Haupthandlung fĂŒr den Leser nicht noch viele kleine und groĂe Erstaunlichkeiten und WunderwĂ€rtiges zu entdecken gĂ€be: Da wĂ€ren zum einen die mehr oder weniger emsigen ArbeiterInnen der UU, welche in den Blick genommen werden - denn was wĂ€re die UU ohne NachtkĂŒche und Kerzentropfer? Zweifelsohne ein noch dunklerer Fleck ohne Mitternachtsimbiss und Pasteten.
Neben dem Untrieben der Zauberer hat auch mal wieder Vetinari seine Hand im Spiel. Das allerdings nicht nur der FuĂball wiederbelebt, sondern auch noch im gleichen Buch Stars und Sternchen die BĂŒhne betreten ist beachtenswert. Denn in diesem Buch wird die schon ausvorhergehenden Scheibenweltromanen gut bekannte Zwerginnen-zeigen-was-sie-sind Nummer deutlich. Und so ist es doch immerhin bewundernswert, dass gerade in einer Welt von Stahl und Eisen die Modeszene ihr zu Hause findet und sich rasch verbreitet. Zumal die Tendelei zwischen Model Juliet "Jewels/Jools" und FuĂballstar Dave Likely eine wundervolle aufmunternde Story im Gesamtzusammenhang des Buches ist. Das die beiden aus unterschiedlichen FuĂballfanclubs stammen, macht das ganze doch auch lebenswirklicher. Wer jetzt in den verveindeten Freundeskreisen bzw. Familien einen Hauch von Shakespears "Romeo und Julia" vermutet, darf sich meinetwegen gratulierend auf die Schulter klopfen. Woher Pratchett seine: "Es gibt bei Liebespaaren keine Unterschiede" - Tendenzen hernimmt, sei unkommentiert dahingestellt.
FĂŒr meinen Geschmack besonders hervostechend in diesem Band der Scheibenwelt ist die Figur des Herrn Hix, der die Abteilung fĂŒr Postmortale Kommunikation leitet, die man möglicherweise auch mit N*E*K*R*O*M*A*N*T*I*E bezeichnen könnte. Gleichzeitig tritt Drumknott mit seiner bestechend genauen Ich-bin-ein-englischer-Butler-Ader in den Vordergrund. Das Buch lebt mal wieder von den vielen kleinen und feinen Anspielungen rund um die Welt, die Zauberer und das Leben an sich.
Dennoch steht das Buch von seiner Ăbersetzung her - und hier möchte ich nicht sagen zurĂŒck - doch im deutlich merkbaren Unterschied zu den VorgĂ€ngerbĂ€nden.
Nichtsdestoweniger ist das Buch fĂŒr alle Scheibenweltnarren, Pratchett-Fans und Freunde des guten Geschmacks eine zeitvertreibende Unterhaltung, wenn nicht sogar schon ein Muss.
geschrieben am 17.04.2011 | 443 Wörter | 2762 Zeichen
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