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Interviews

Von Hallgespenstern und Zeitmanagement – Interview mit Nina Blazon.


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Die Autorin Nina Blazon gehört seit einigen Jahren zu einer festen Größe in den Reihen der Jugendbuchautoren im deutschsprachigen Raum. Dabei schreibt Sie nicht ausschließlich phantastische Geschichten, sondern veröffentlicht immer wieder historische Jugendbücher. Webcritics.de freut sich, der junge Autorin ein paar Fragen zu stellen.

Marc-Florian Wendland: Hallo Nina, schön, dass du dir Zeit für uns und unsere Leser nimmst. Starten wir also gleich los. Die erste Frage folgt auf dem Fuße: Nina, du hast dir mittlerweile einen Namen in der Sparte ‚Fantastische Jugendliteratur‘ gemacht, veröffentlichst bei mehreren Verlagen und bist hier und da an Anthologien beteiligt… sag, woher kommen deine Ideen?

Nina Blazon: Sie drängen sich im Alltag sozusagen auf. Eindrücke aus dem ganz normalen Leben plus "Was wäre, wenn ...?". Schaue ich mir im Urlaub ein Silberbergwerk an, ergibt sich sofort die Frage: "Was wäre, wenn in diesem Bergwerk Sklaven arbeiten müssten und einer davon ein Zauberer ist? Was, wenn im Berg Menschen leben würden, die das Sonnenlicht nicht ertragen?" Ergebnis: Der Roman "Im Labyrinth der alten Könige". So gesehen ist Fantasy in gewisser Weise einfach weitergedachte oder verfremdete Realität.

Marc-Florian Wendland: Wie bist du zum Schreiben gekommen? Ich glaube, an dieser Frage wird ein Autor niemals bei einem Interview vorbeikommen.

Nina Blazon: Den Anstoß dazu gab der Fantasy-Puppenfilm „Der dunkle Kristall“. Nach dem Kinobesuch (ich war damals bestimmt nicht älter als zwölf) machte es „klick“ und ich fing an, mir selbst Geschichten auszudenken. Der erste Versuch nannte sich „Die Glasburg“ und war eine grottenschlechte Kopie von Michel Grimauds „Die Stadt der verlorenen Träume.“ Ich schaffte es nicht einmal, den Hauptpersonen andere Haarfarben zu geben. Obwohl ich dann erst einmal Journalistin wurde und über knochentrockene Themen wie "Betriebsrentensysteme" schrieb (und noch schreibe), hielt ich mir immer die Tür zum Geschichtenkämmerchen offen.

Marc-Florian Wendland: Warum schreibst du gerade Jugendbücher?

Nina Blazon: Weil sich in den jugendlichen Romanfiguren eine interessante Zeit im Leben spiegelt: die Zeit der Umbrüche, der Anfänge. Zwischen 13 und 23 entscheidet sich einfach sehr viel im Leben. Von diesen Entscheidungen zu erzählen, macht mir sehr viel Spaß.

Marc-Florian Wendland: Was ist der Reiz für Jugendliche zu schreiben, oder besser: was muss ein gutes Jugendbuch im Gegensatz zum reinen Erwachsenenbuch besitzen?

Nina Blazon: Puh, schwierige Frage! Der Reiz ist auf jeden Fall, dass die Figuren sehr unkonventionell und impulsiv sein können, ohne seltsam zu wirken. Es passt einfach zu diesem Lebensabschnitt, sich auszuprobieren und ungestüm, auch mal unvernünftig, kompromisslos begeistert und idealistisch zu sein – und auch sein zu dürfen. Es gibt natürlich auch Bücher mit erwachsenen Helden, die so reagieren, aber mir erscheinen die Jugendlichen in solchen Situationen authentischer. Und vielleicht kann man damit auch ein gutes Jugendbuch charakterisieren: Die Personen müssen ebenso lebendig sein und ihre Fehler machen dürfen wie die Figuren in einem Erwachsenenroman. Und darüber hinaus sollten sie nicht den Zeigefinger erheben und ihre Leser mit Autorenstimme moralisch belehren. Diesen Lehrerton lassen erwachsene Leser dem Autor eher durchgehen als Kinder und Jugendliche!

Marc-Florian Wendland: Deine Romane in den fantastischen Welten schließen sich nicht dem großen Mainstream an und handeln nicht von den Tolkien’schen Rassen. Du erfindest deine Wesen meist selbst. Wehrst du dich ganz bewusst gegen diese Ausreizung der Rassen?

Nina Blazon: Ganz bewusst nicht, aber mir würde zu diesen Wesen schlichtweg nichts einfallen. Es gibt so viele Geschichten über sie, dass ich einfach Angst hätte, das zu wiederholen, was andere längst geschrieben haben. Außerdem finde ich persönlich Elfen auch auch Elben ziemlich suspekt. Ich hätte im Klassenzimmer nicht neben ihnen sitzen wollen. (Alles besser können als die Menschen und dabei auch noch ätherisch, schön, gerecht und unsterblich sein. Strebervolk!)

Marc-Florian Wendland: Ich habe deinen Debütroman ‚Im Bann des Fluchträgers‘ gelesen und da hat sich mir eine Frage zu einer bestimmten Rasse aufgedrängt, die mich wirklich fasziniert hat, und das obwohl sie nur eine Nebenrolle haben: wie bist du auf die Hallgespenster gekommen?

Nina Blazon: Hm, geisterhafte Gestalten, die einen verfolgen und mit ewigen Wiederholungen von bereits gesagten Sätzen zum Wahnsinn treiben? Wäre ich gemein, würde ich jetzt antworten: Ich habe Kollegen und Verwandte! ;-) Aber vermutlich stammt die Idee eher aus der griechischen Mythologie – die Toten aus der Unterwelt, denen der Sänger Orpheus auf der Suche nach Eurydike begegnet, könnten so ausgesehen haben, oder?

Marc-Florian Wendland: Deine neue Trilogie handelt von gestrandeten Seeleuten. Könntest du uns vielleicht ein wenig mehr über das Projekt erzählen?

Nina Blazon: Die Trilogie heißt "Die Meerland-Chroniken", der erste Einzelband mit dem Titel "Die Sturmrufer" ist gerade erschienen. Einer der Schauplätze des Romans ist die Küstenstadt Dantar, die schon in der Woran-Saga kurz als Reiseetappe auftauchte. In "Die Sturmrufer" droht diese Küstenstadt in einer Serie verheerender Stürme unterzugehen. Einer davon verschlägt drei Stadtbewohner und ein Mädchen von außerhalb, das neu in der Stadt ist, auf eine Insel. Die Schiffbrüchigen suchen Schutz in einer halb verfallenen Burg. Doch nach einer Weile müssen die vier feststellen, dass die Insel leider nicht so verlassen ist, wie sie glaubten... Wie man schon aus dieser Kurzbeschreibung herauslesen kann, geht es im Wesentlichen um die vier Personen. Sie müssen nicht nur das Geheimnis der Insel lösen, sondern bald auch gegen ihre eigenen Dämonen kämpfen. In gewisser Hinsicht war dieser Roman für mich ein kleines Experiment: Figuren schaffen, die wirklich mal deutliche (!) Ecken und Kanten haben und auf den ersten Blick spröde sind. Bei den jüngeren Lesern kam das bisher sehr gut an. Von einigen Leserinnen, die gerne historische Romane für Erwachsene lesen, habe ich für diese Figuren dagegen ein paar Kopfnüsse eingesteckt.

Marc-Florian Wendland: In deiner Bibliografie reihen sich auch immer wieder historische Romane ein. Fällt dir der Spagat zwischen historischem und fantastischem Plot schwer?

Nina Blazon: Nein, es ist nur anders und ergänzt sich eigentlich ganz gut. Wenn ich einen historischen Roman plane, habe ich die Vorgabe der Handlung ja bereits (geschichtliche Ereignisse) und muss meine Figuren mit einer eigenen Geschichte sozusagen zwischen den verbürgten Gestalten einpassen. Das ist eher Konstruktions- und Tüftelarbeit und ich sehne mich nach der freieren Fantasy. Sobald ich dann aber an einem Fantasy-Roman arbeite und in einem Handlungsloch festsitze, denke ich: Ach, wär das schön, wenn ich mich an einem historischen roten Faden entlanghangeln könnte! Beides hat also Schattenseiten und Glanzlichter und ergänzt sich wunderbar als gegenseitiger Ausgleich.

Marc-Florian Wendland: Neben der Schriftstellerei arbeitest du noch in einer Werbeagentur. Wie schaffst du die zweifelsohne zeitintensiven Arbeiten zu kombinieren?

Nina Blazon: Tja, eine gute Frage. Ich nenne es implodierendes Chaos. Da müssen dann auch die Wochenenden und oft auch die Nächte dran glauben. Bisher hat es immer geklappt. Irgendwie. Aber manchmal darf man mich nicht fragen, welcher Wochentag ist.

Marc-Florian Wendland: Zum Abschluss noch eine eher ungewöhnliche Frage: nehmen wir einmal an du würdest dich entscheiden nicht mehr zu schreiben und deinen Beruf an den Nagel hängen. Was würdest du als erstes mit der neu gewonnenen Freizeit unternehmen?

Nina Blazon: Die allererste Aktion: Hüttenurlaub auf einer schwedischen Insel. Und dort würde ich nach vielen Jahren eine alte Leidenschaft wieder aufleben lassen und zu Zeichenblock und Malpinsel greifen! :-)

Marc-Florian Wendland: Ich bedanke mich bei dir, Nina, und wünsche dir weiterhin viel Erfolg und hohe Verkaufszahlen.

Nina Blazon. Vielen Dank für die guten Wünsche! Die Zukunft wird es zeigen...

Weitere Informationen finden sich im Netz unter http://www.ninablazon.de.

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