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Das Tagebuch der Madame Rênal


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Rezension von

Matthias Pierre Lubinsky

Das Tagebuch der Madame Rênal Le Rouge et le Noir (Rot und Schwarz) von Stendhal ist einer der bedeutendsten Dandy-Romane. Sein Protagonist, Julien Sorel, eine der wichtigsten Dandy-Figuren in der Literaturgeschichte. Allerdings ist er dies nicht von Anfang an. Zu weiblich ist er, der junge Julien, zu empfindsam. Und vor allem: Er zeigt seine Gefühle. Das ändert sich im Laufe des stattlichen Romans grundsätzlich. Julien Sorel, von plebejischer Herkunft, Sohn eines bauernschlauen und geizigen Zimmermannes, versteht es rasch, von anderen abzugucken, worauf es ankommt, wenn man nach oben will. Durch seine charmante Art gewinnt er so manches Frauenherz für sich, was ihm den Weg nach ganz oben ebnet. In der Literaturwissenschaft ist die Erzählung deshalb als ‚dandyistischer Entwicklungsroman‘ (Hiltrud Gnüg) bezeichnet worden. Stendhal versteht es meisterhaft, die Gefühlswelt dieses Mannes zu schildern. Er beschreibt die Zielstrebigkeit des jungen Dandys, seine Wahrnehmungen und Gedanken, wie er im Detail weiter agieren will. Doch wie sieht die Gefühlswelt der Frauen aus? Das hat sich die französische Autorin Annie Leclerc gefragt und begonnen, eine Erzählung zu schreiben, die die Empfindungen der Ehefrau des Monsieur de Rênal beschreibt, der den jungen Julien als Lehrer für seine Kinder ins Haus holt. Sie verliebt sich unsterblich in den sensiblen und scheuen jungen Mann. Vorzüglich gelingt es Annie Leclerc, die weibliche Spiegelung von Stendhals Julien-Welt zu schildern. »O mein Gott! Warum musste es…? Warum muss es…? Kann man denn auch nur wagen niederzuschreiben, was mir geschieht? Ich zittere, meine Hand zittert, die Hand, die er im Dunklen genommen hat, die ich ihm entzogen habe, die er daraufhin wieder ergriffen hat und so fest, dass ich sie ihm nicht wieder entziehen konnte, dass ich nicht mehr wusste, wie ich sie ihm hätte entreißen können, und jetzt fliegt diese Hand, die so lange reglos und wie versteinert in seiner geblieben war, über dieses Blatt…« Stendhals Julien erlebt diese Situation in Rot und Schwarz so: »Eines Abends sprach Julien besonders angeregt; genießerisch kostete er das Vergnügen aus, mit jungen Frauen zu reden. Bei einer unwillkürlichen Bewegung berührte er Frau de Rênals Hand, die auf der Lehne eines der grüngestrichenen Holzstühle ruhte, wie man sie in Gärten aufzustellen liebt. Die Hand wurde sofort zurückgezogen. Aber Julien dachte, es sei seine Pflicht, es dahin zu bringen, dass sie die Hand nicht mehr zurückziehe, wenn er sie berühre. Der Gedanke an eine Pflicht , die er erfüllen musste, oder an die Lächerlichkeit oder vielmehr ein Gefühl der Unterlegenheit, die er empfinden müsste, wenn es ihm misslinge, ließ alle lustvollen Gefühle in seinem Herzen augenblicklich verstummen.« Karl Lagerfeld hat für seine literarische Diamanten-Gallerie im LSD-Verlag diese wunderbare Erzählung entdeckt, die, wie der Verlag schreibt, nicht fertig geworden sei, weil Annie Leclerc nach einer schweren Krankheit 2006 im Alter von 66 Jahren starb. Liest man die so veröffentlichte Erzählung, so wirkt sie vollständig. Ihr Ende braucht nicht mehr als die knapp 60 Seiten, die die Geschichte nur hat. Ein hochrangiger, berührender Lesegenuss, der auch Lust macht, Rot und Schwarz noch einmal zu lesen. Das in Leinen mit durchsichtigem Umschlag ausgestattete Büchlein wird getrüffelt durch eine Zeichnung von Madame de Rênal, die Karl Lagerfeld eigens für diese Ausgabe gemacht.

Le Rouge et le Noir (Rot und Schwarz) von Stendhal ist einer der bedeutendsten Dandy-Romane. Sein Protagonist, Julien Sorel, eine der wichtigsten Dandy-Figuren in der Literaturgeschichte. Allerdings ist er dies nicht von Anfang an. Zu weiblich ist er, der junge Julien, zu empfindsam. Und vor allem: Er zeigt seine Gefühle.

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Das ändert sich im Laufe des stattlichen Romans grundsätzlich. Julien Sorel, von plebejischer Herkunft, Sohn eines bauernschlauen und geizigen Zimmermannes, versteht es rasch, von anderen abzugucken, worauf es ankommt, wenn man nach oben will. Durch seine charmante Art gewinnt er so manches Frauenherz für sich, was ihm den Weg nach ganz oben ebnet. In der Literaturwissenschaft ist die Erzählung deshalb als ‚dandyistischer Entwicklungsroman‘ (Hiltrud Gnüg) bezeichnet worden.

Stendhal versteht es meisterhaft, die Gefühlswelt dieses Mannes zu schildern. Er beschreibt die Zielstrebigkeit des jungen Dandys, seine Wahrnehmungen und Gedanken, wie er im Detail weiter agieren will.

Doch wie sieht die Gefühlswelt der Frauen aus? Das hat sich die französische Autorin Annie Leclerc gefragt und begonnen, eine Erzählung zu schreiben, die die Empfindungen der Ehefrau des Monsieur de Rênal beschreibt, der den jungen Julien als Lehrer für seine Kinder ins Haus holt. Sie verliebt sich unsterblich in den sensiblen und scheuen jungen Mann. Vorzüglich gelingt es Annie Leclerc, die weibliche Spiegelung von Stendhals Julien-Welt zu schildern.

»O mein Gott! Warum musste es…? Warum muss es…? Kann man denn auch nur wagen niederzuschreiben, was mir geschieht? Ich zittere, meine Hand zittert, die Hand, die er im Dunklen genommen hat, die ich ihm entzogen habe, die er daraufhin wieder ergriffen hat und so fest, dass ich sie ihm nicht wieder entziehen konnte, dass ich nicht mehr wusste, wie ich sie ihm hätte entreißen können, und jetzt fliegt diese Hand, die so lange reglos und wie versteinert in seiner geblieben war, über dieses Blatt…«

Stendhals Julien erlebt diese Situation in Rot und Schwarz so:

»Eines Abends sprach Julien besonders angeregt; genießerisch kostete er das Vergnügen aus, mit jungen Frauen zu reden. Bei einer unwillkürlichen Bewegung berührte er Frau de Rênals Hand, die auf der Lehne eines der grüngestrichenen Holzstühle ruhte, wie man sie in Gärten aufzustellen liebt.

Die Hand wurde sofort zurückgezogen. Aber Julien dachte, es sei seine Pflicht, es dahin zu bringen, dass sie die Hand nicht mehr zurückziehe, wenn er sie berühre.

Der Gedanke an eine Pflicht , die er erfüllen musste, oder an die Lächerlichkeit oder vielmehr ein Gefühl der Unterlegenheit, die er empfinden müsste, wenn es ihm misslinge, ließ alle lustvollen Gefühle in seinem Herzen augenblicklich verstummen.«

Karl Lagerfeld hat für seine literarische Diamanten-Gallerie im LSD-Verlag diese wunderbare Erzählung entdeckt, die, wie der Verlag schreibt, nicht fertig geworden sei, weil Annie Leclerc nach einer schweren Krankheit 2006 im Alter von 66 Jahren starb. Liest man die so veröffentlichte Erzählung, so wirkt sie vollständig. Ihr Ende braucht nicht mehr als die knapp 60 Seiten, die die Geschichte nur hat. Ein hochrangiger, berührender Lesegenuss, der auch Lust macht, Rot und Schwarz noch einmal zu lesen. Das in Leinen mit durchsichtigem Umschlag ausgestattete Büchlein wird getrüffelt durch eine Zeichnung von Madame de Rênal, die Karl Lagerfeld eigens für diese Ausgabe gemacht.

geschrieben am 25.02.2012 | 516 Wörter | 2890 Zeichen

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