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Lemgo in der Zeit der Hanse: Die Stadtgeschichte 1190-1617


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Rezension von

Hiram Kümper

Lemgo in der Zeit der Hanse: Die Stadtgeschichte 1190-1617 Keine Lemgoer Hansegeschichte, sondern ein Ausschnitt der Stadtgeschichte, der merklich durch die Hanse geprägt worden ist, hat Roland Linde hier vorgelegt. Das ist ein vernünftiger Ansatz, der die in Westfalen seit den 1980er Jahren stark idealisierte hansische Geschichte der Region bodenständiger, vorurteilsfreier, mit einem Wort: angemessener zu erfassen weiß. Denn dass nicht nur die großen Städte an Nord- und Ostsee die mittelalterliche Hanse ausgemacht haben, das ist unbestreitbar; dass weitere Erforschung vor allem des westfälischen und rheinischen Transithandels wünschenswert wäre, sowieso. Der Weg aber, den gerade die an eine breite Leserschaft sich richtenden Werke der letzten Jahrzehnte bisher genommen haben, und der zu einer Überbetonung und Romantisierung der hansischen Vergangenheit Westfalens neigt, ist sicher ein falscher. Gerade Lemgo, das sich seit 1916 „Alte Hansestadt“ nennt, ist ein wunderbares Beispiel für diese Indienstnahme von Vergangenheit. Hiervon hebt sich Roland Linde angenehm ab. Erforscht ist die Geschichte Lemgos in Mittelalter und beginnender Neuzeit durchaus nicht schlecht. Auch der hansische Handel hat in diesen Forschungen bereits eine prominente Rolle gespielt. Und tatsächlich darf man von Lindes Buch keine umwälzenden, neuen Forschungen erwarten. Es ist vielmehr eine gründlich gearbeitete Synthese, die es versteht, die bisherigen, zum Teil verstreut erschienenen Forschungsergebnisse zu bündeln und für ein geschichtsinteressiertes Publikum verständlich aufzuarbeiten, ohne oberflächlich zu werden. Das ist eine Kunst für sich. Dabei ist der Weg, den Linde wählt, geradezu bestechend: Er geht nämlich von den Quellen und ihrem Aussagewert aus, vermittelt seinen Leser(inne)n also nicht nur vermeintlich autoritativ Geschichte „wie sie gewesen ist“, sondern vielmehr die Wege, auf denen der Historiker zu seiner Konstruktion von Vergangenheit voranschreitet. Lindes Stadtgeschichte beginnt in der Zeit der Stadtwerdung um 1190, blickt aber hier und da auch in die archäologisch erschließbare Zeit davor zurück. Wirklich hansisch wird es dann aber erst im vierten und fünften Kapitel, die sich mit dem ausgehenden Mittelalter (1365-1517) und dem Anbruch der Neuzeit befassen. Am Ende steht der Röhrentruper Rezess von 1617, mit dem Lemgo das lutherische Bekenntnis annahm und weitgehende Autonomie gegenüber dem lippischen Landesherrn erlangte. Reich bebildert und quellennah, d.h. auch mit vielen, schönen historischen „O-Tönen“, führt Linde durch die Stadtgeschichte, erklärt komplexe Zusammenhänge und zeigt immer wieder, dass Geschichtsschreibung kein abgeschlossener Prozess ist, sondern durch Debatte immer wieder neu aufgerollt und fortgeschrieben wird. Dass man dabei insbesondere in der Bewertung einzelner Befunde nicht immer seiner Meinung sein mag und sein muss, liegt auf der Hand. Aber das Verfahren ist vorbildlich. Solche historischen Sachbücher wünscht man sich mehr.

Keine Lemgoer Hansegeschichte, sondern ein Ausschnitt der Stadtgeschichte, der merklich durch die Hanse geprägt worden ist, hat Roland Linde hier vorgelegt. Das ist ein vernünftiger Ansatz, der die in Westfalen seit den 1980er Jahren stark idealisierte hansische Geschichte der Region bodenständiger, vorurteilsfreier, mit einem Wort: angemessener zu erfassen weiß. Denn dass nicht nur die großen Städte an Nord- und Ostsee die mittelalterliche Hanse ausgemacht haben, das ist unbestreitbar; dass weitere Erforschung vor allem des westfälischen und rheinischen Transithandels wünschenswert wäre, sowieso. Der Weg aber, den gerade die an eine breite Leserschaft sich richtenden Werke der letzten Jahrzehnte bisher genommen haben, und der zu einer Überbetonung und Romantisierung der hansischen Vergangenheit Westfalens neigt, ist sicher ein falscher. Gerade Lemgo, das sich seit 1916 „Alte Hansestadt“ nennt, ist ein wunderbares Beispiel für diese Indienstnahme von Vergangenheit. Hiervon hebt sich Roland Linde angenehm ab.

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Erforscht ist die Geschichte Lemgos in Mittelalter und beginnender Neuzeit durchaus nicht schlecht. Auch der hansische Handel hat in diesen Forschungen bereits eine prominente Rolle gespielt. Und tatsächlich darf man von Lindes Buch keine umwälzenden, neuen Forschungen erwarten. Es ist vielmehr eine gründlich gearbeitete Synthese, die es versteht, die bisherigen, zum Teil verstreut erschienenen Forschungsergebnisse zu bündeln und für ein geschichtsinteressiertes Publikum verständlich aufzuarbeiten, ohne oberflächlich zu werden. Das ist eine Kunst für sich. Dabei ist der Weg, den Linde wählt, geradezu bestechend: Er geht nämlich von den Quellen und ihrem Aussagewert aus, vermittelt seinen Leser(inne)n also nicht nur vermeintlich autoritativ Geschichte „wie sie gewesen ist“, sondern vielmehr die Wege, auf denen der Historiker zu seiner Konstruktion von Vergangenheit voranschreitet.

Lindes Stadtgeschichte beginnt in der Zeit der Stadtwerdung um 1190, blickt aber hier und da auch in die archäologisch erschließbare Zeit davor zurück. Wirklich hansisch wird es dann aber erst im vierten und fünften Kapitel, die sich mit dem ausgehenden Mittelalter (1365-1517) und dem Anbruch der Neuzeit befassen. Am Ende steht der Röhrentruper Rezess von 1617, mit dem Lemgo das lutherische Bekenntnis annahm und weitgehende Autonomie gegenüber dem lippischen Landesherrn erlangte. Reich bebildert und quellennah, d.h. auch mit vielen, schönen historischen „O-Tönen“, führt Linde durch die Stadtgeschichte, erklärt komplexe Zusammenhänge und zeigt immer wieder, dass Geschichtsschreibung kein abgeschlossener Prozess ist, sondern durch Debatte immer wieder neu aufgerollt und fortgeschrieben wird. Dass man dabei insbesondere in der Bewertung einzelner Befunde nicht immer seiner Meinung sein mag und sein muss, liegt auf der Hand. Aber das Verfahren ist vorbildlich. Solche historischen Sachbücher wünscht man sich mehr.

geschrieben am 18.10.2015 | 405 Wörter | 2537 Zeichen

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