Navigation

Seiten der Rubrik "Bücher"


Google Anzeigen

Anzeigen

Bücher

Geister der Toten


Statistiken
  • 4004 Aufrufe

Informationen zum Buch
  ISBN
  Autoren
  Verlag
  Sprache
  Seiten
  Erscheinungsjahr
  Extras

Rezension von

Frank Drehmel

Geister der Toten Zweifelsohne gehört der 1809 in Boston geborene und 1849 früh verstorbene Edgar Alan Poe zu den bedeutendsten US-amerikanischen Literaten im Allgemeinen und Vertretern der Phantastik im Besonderen. Viele seiner Werke waren so stilprägend und beeinflussten nachgeborene Künstler so stark, dass sie im Kanon der Weltliteratur Eingang gefunden haben und daher an dieser Stelle keiner Erwähnung bedürfen. Dass dieser große Phantast, Poet und Krimiautor auch Generationen von Comic-Künstlern direkt oder indirekt inspirierte, steht ebenso außer Frage. Mit Richard Corben hat sich nun ein Comic-Schaffender der poe'schen Geschichten angenommen, der ob der geradezu obsessiven Darstellung von Nacktheit seiner männlichen wie weiblichen Protagonisten, der z.T. überzogen wirkenden Sexualisierung seiner Storys selbst zu den umstrittensten Kreativen seiner Generation gehört (nicht zuletzt in Deutschland landeten Geschichten Corbens ehedem auf dem „Index“). Doch die Darstellung praller Körper, von archaischer Lust und roher Sexualität sind immer nur eine Facette seines Schaffens gewesen; eine andere ist die Dunkelheit, die Düsternis im Phantastischen - und das sowohl in erzählerischer wie visueller Hinsicht -, sodass man Corben durchaus auch als Meister des grafischen Horrors bezeichnen kann. Im vorliegenden Sammelband präsentiert der Splitter-Verlag fünfzehn Poe-Geschichten in der Adaption Corbens, darunter – selbstverständlich – Klassiker wie „Der Untergang des Hauses Usher“, „Der Doppelmord in der Rue Morgue“, „Die Maske des roten Todes“, „Der Rabe“, „Eroberer Wurm“ und „Das Fass Amontillado“. Zentrale Themen der düsteren phantastischen Geschichten sind wiederholt die unerfüllte, romantische Liebe und der oft damit einhergehende Wahnsinn. Eine gewisse Ausnahme in diesem Kanon schauerlicher Phantastik stellt „Der Doppelmord in der Rue Morgue“ dar, in der Poe mit C. Auguste Dupin den Archetyp eines deduzierenden Detektivs entwickelt. In seiner Adaption nimmt sich Corben einige Freiheiten, um die Geschichten zu straffen und das Geschehen auf nur wenigen Seiten für den Leser begreif- und fühlbarer zu machen, wobei er in der Person einer Hexe, die, ähnlich dem Cryptkeeper aus der TV-Show „Tales from the Crypt“ als Erzählerin fungiert, eine Verbindung zum Leser über das Durchbrechen der „vierten Wand“ herstellt. Das eigentlich Meisterhafte an Corbens Adaptionen sind allerdings nicht der erzählerische Inhalt, die Dramaturgie oder die pointierte Kürze der Storys, sondern es ist – wie generell bei Corben – das markante Artwork. Grundsätzlich bedient sich der Künstler eines weichen, runden, organischen Duktus', wobei die Bildelemente oft starke Konturen ausweisen. Die räumliche Tiefe erwächst zentral aus großzügigen Schatten sowie Schraffierungen mit sehr kurzen Strichen oder Punktierungen. Unverwechselbar ist die Physiognomie von Corbens Figuren: den langen, oft grimassierenden, leicht schiefen oder traurigen Gesichter mit ihren merkwürdig großen Nasen sowie den drallen und prallen Proportionen wohnt auch wegen der zwar dunkel-expressiven, aber dennoch auf starke Farbkontraste setzenden Kolorierung eine düsterere Grundnote inne, die durch explizit makabre Elemente verstärkt wird. Modrige Gruften, wuchernde, knotige Vegetation, verstörend massive Mumien oder Skelette, zerfressene, fleischige Gesichter erzeugen eine Atmosphäre des Verfalls und Grauens, die einen unwillkürlich in ihren Bann zieht. Fazit: Klassische Geschichten des Grauens und des Verfalls, Geschichten voller Wahn und obsessiver Liebe, brillant visualisiert von einem Meister des Phantastischen, der erneut belegt, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört.

Zweifelsohne gehört der 1809 in Boston geborene und 1849 früh verstorbene Edgar Alan Poe zu den bedeutendsten US-amerikanischen Literaten im Allgemeinen und Vertretern der Phantastik im Besonderen. Viele seiner Werke waren so stilprägend und beeinflussten nachgeborene Künstler so stark, dass sie im Kanon der Weltliteratur Eingang gefunden haben und daher an dieser Stelle keiner Erwähnung bedürfen.

weitere Rezensionen von Frank Drehmel

#
rezensiert seit
Buchtitel
1
18.02.2018
4
18.02.2018
5
18.02.2018

Dass dieser große Phantast, Poet und Krimiautor auch Generationen von Comic-Künstlern direkt oder indirekt inspirierte, steht ebenso außer Frage.

Mit Richard Corben hat sich nun ein Comic-Schaffender der poe'schen Geschichten angenommen, der ob der geradezu obsessiven Darstellung von Nacktheit seiner männlichen wie weiblichen Protagonisten, der z.T. überzogen wirkenden Sexualisierung seiner Storys selbst zu den umstrittensten Kreativen seiner Generation gehört (nicht zuletzt in Deutschland landeten Geschichten Corbens ehedem auf dem „Index“). Doch die Darstellung praller Körper, von archaischer Lust und roher Sexualität sind immer nur eine Facette seines Schaffens gewesen; eine andere ist die Dunkelheit, die Düsternis im Phantastischen - und das sowohl in erzählerischer wie visueller Hinsicht -, sodass man Corben durchaus auch als Meister des grafischen Horrors bezeichnen kann.

Im vorliegenden Sammelband präsentiert der Splitter-Verlag fünfzehn Poe-Geschichten in der Adaption Corbens, darunter – selbstverständlich – Klassiker wie „Der Untergang des Hauses Usher“, „Der Doppelmord in der Rue Morgue“, „Die Maske des roten Todes“, „Der Rabe“, „Eroberer Wurm“ und „Das Fass Amontillado“. Zentrale Themen der düsteren phantastischen Geschichten sind wiederholt die unerfüllte, romantische Liebe und der oft damit einhergehende Wahnsinn. Eine gewisse Ausnahme in diesem Kanon schauerlicher Phantastik stellt „Der Doppelmord in der Rue Morgue“ dar, in der Poe mit C. Auguste Dupin den Archetyp eines deduzierenden Detektivs entwickelt.

In seiner Adaption nimmt sich Corben einige Freiheiten, um die Geschichten zu straffen und das Geschehen auf nur wenigen Seiten für den Leser begreif- und fühlbarer zu machen, wobei er in der Person einer Hexe, die, ähnlich dem Cryptkeeper aus der TV-Show „Tales from the Crypt“ als Erzählerin fungiert, eine Verbindung zum Leser über das Durchbrechen der „vierten Wand“ herstellt.

Das eigentlich Meisterhafte an Corbens Adaptionen sind allerdings nicht der erzählerische Inhalt, die Dramaturgie oder die pointierte Kürze der Storys, sondern es ist – wie generell bei Corben – das markante Artwork. Grundsätzlich bedient sich der Künstler eines weichen, runden, organischen Duktus', wobei die Bildelemente oft starke Konturen ausweisen. Die räumliche Tiefe erwächst zentral aus großzügigen Schatten sowie Schraffierungen mit sehr kurzen Strichen oder Punktierungen. Unverwechselbar ist die Physiognomie von Corbens Figuren: den langen, oft grimassierenden, leicht schiefen oder traurigen Gesichter mit ihren merkwürdig großen Nasen sowie den drallen und prallen Proportionen wohnt auch wegen der zwar dunkel-expressiven, aber dennoch auf starke Farbkontraste setzenden Kolorierung eine düsterere Grundnote inne, die durch explizit makabre Elemente verstärkt wird. Modrige Gruften, wuchernde, knotige Vegetation, verstörend massive Mumien oder Skelette, zerfressene, fleischige Gesichter erzeugen eine Atmosphäre des Verfalls und Grauens, die einen unwillkürlich in ihren Bann zieht.

Fazit: Klassische Geschichten des Grauens und des Verfalls, Geschichten voller Wahn und obsessiver Liebe, brillant visualisiert von einem Meister des Phantastischen, der erneut belegt, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört.

geschrieben am 12.09.2015 | 499 Wörter | 3163 Zeichen

Kommentare lesen Kommentar schreiben

Kommentare zur Rezension (0)

Platz für Anregungen und Ergänzungen