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Return Man


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Rezension von

Thomas Stumpf

Return Man Zombies sind derzeit schwer angesagt. Nachdem sie über Jahre und gar Jahrzehnte nur einer eingefleischten, kleinen Gemeinde etwas hergaben und ein garstiges Schattendasein in Film und Literatur führten, hat man mittlerweile entdeckt, welch intensive und erwachsene Bandbreite das Zombie-Thema aufweist. Zombies haben so viel mehr an Gehalt und Inhalt zu bieten als Vampire und sonstige Untote, wurden aber aufgrund ihres Schmuddel-Images (in Bezug auf Optik und Verhalten) lange gemieden. Die Veröffentlichungen rund um die Zombies haben in den letzten Jahren jedoch einen richtigen Boom erlebt und haben den Mainstream längst erreicht. Den Liebhaber wird es freuen, wenn auch nicht jeder Output von entsprechender Güte ist. „Return Man“ ist der Romanerstling von V.M. Zito, seines Zeichens Creative Director einer Werbeagentur. Heraufbeschworen wird darin die Apokalypse, welche in Form einer Zombie-Epidemie über die Welt – genauer: die Vereinigten Staaten von Amerika - hereinbricht. Der Zombie-Roman als solcher spricht in der Regel grundsätzlich nur einen begrenzten Leserkreis an, nämlich ausgesprochene Genre-Fans. Es gibt eine ganze Reihe wirklich hervorragender Kurzgeschichten und Novellen namhafter Autoren zu diesem Themenkreis. Gute Romane finden sich dagegen eher selten. Auch Return Man gehört leider nicht zu den Gelungeneren seiner Gattung. Dabei ist das Zombie-Motiv so vielseitig und bietet reihenweise Interpretationsmöglichkeiten und Denkansätze, nur auf Romanebene scheint dies aus welchen Gründen auch nicht in jedem Fall zu zünden. Natürlich sind die Geschmäcker verschieden. Man könnte ganze Essays hierzu abfassen, was den Rahmen einer einfachen Rezension sicher sprengen würde (und was auch dem Sinn einer Buchbesprechung nicht gerecht würde). Warum „Return Man“ sogar noch Mühe hat, als durchschnittlicher Zombie-Roman durchzugehen, hat mehrere Gründe: schwache Story, erzählerische Schwächen, wenig Innovatives. Dabei lässt es sich erzählerisch zunächst ganz gut an: Die Apokalypse ist bereits eingetreten und dauert seit vier Jahren schon an als die Handlung einsetzt. Der Plot beginnt also mittendrin, nicht wie bei vielen anderen Vorlagen zu Beginn der Ausbreitung. Aber einzigartig oder aufregend ist das nicht. Protagonist ist Dr. Henry Marco, in seinem früheren Leben, Neurologe. Die USA als solche existieren nicht mehr. Die Überlebenden haben im Osten die Sicheren Staaten von Amerika gegründet, angeführt von den (wenig sympathisch dargestellten) Neo-Republikanern. Im Westen, den Evakuierten Staaten, wüten die Untoten. Henry Marco ist vor den Evakuierungseinheiten geflohen und freiwillig in der zombifizierten Einöde des Westens zurück geblieben, um seine verschollene Ehefrau zu suchen, über deren Schicksal er keine Kenntnis hat, aber davon ausgeht, dass sie ebenfalls als Untote umherstreift. Was mit ihr geschehen ist, soll hier nicht verraten werden (der Leser wird es aber bei der Lektüre ohnehin rechtzeitig genug erahnen). Zugleich hat Henry Marco einen Freund in den Sicheren Staaten, in die er selbst nicht mehr zurückkehren kann, welcher ihn mit besonderen Aufträgen versorgt. Überlebende in den Sicheren Staaten kontaktieren Henry Marco, damit er die in Zombies verwandelte Angehörige und Freunde ausfindig macht und sie endgültig (per Kopfschuss, wie es im Genre üblich ist, um die Steuerungseinheit Gehirn auszuschalten) von ihrem schrecklichen Dasein erlöst und sie „zurückgibt“. Dies erklärt den Titel des Buchs. Das Problem, das hier schon angesiedelt ist: Dr. Henry Marco ist erklärter Atheist und hat nicht die geringste Ahnung, wem er die Untoten zurück gibt. Nicht den Angehörigen, nicht Gott, nicht dem Leben. Dem planmäßigen Verlauf der Natur, also dem endgültigen Tod bestenfalls. Die Frage wird nur kurz angerissen, bleibt im Roman aber ungelöst. Unlogisch ist in diesem Zusammenhang auch, dass im weiteren Verlauf Zombies niedergemetzelt werden, deren Identität dem Protagonisten reichlich egal ist. So wird dieser gute Ansatz sogleich wieder zunichte gemacht. Die Geschichte beginnt damit, dass Henry Marco nach Wochen der Suche gerade seinen nächsten Ziel-Zombie im Wald an einem See ausfindig gemacht hat und seinen Auftrag ausführt. Henry Marco spürt die Zombies, die er „zurückgeben“ soll, dadurch auf, dass er seine Auftraggeber befragt, was für ein Mensch dieser Zombie einst war, was er mochte, was ihm wichtig war, welche Orte ihm wichtig waren. Er hat nämlich herausgefunden, dass die Zombies über eine Art emotionales geografisches Gedächtnis verfügen, ein letztes Überbleibsel ihres Lebens als Mensch, ein letztes Echo ihrer vormaligen Persönlichkeit, und daher für sie zu Lebzeiten wichtige Plätze als Zombie wieder aufsuchen. Und um es ehrlich zu sagen: dies wäre insgesamt die bessere Geschichte gewesen. Eine Idee mit viel Potential, das aber völlig verschenkt wird zugunsten einer wenig durchdachten Story mit einigen losen Enden. Welch intensive Erzählung hätte man aus dieser Idee heraus holen können: wie hat Henry Marco die letzten vier Jahre unter Millionen Zombies verbracht? Wie ist er mit der Einsamkeit und der Isolation zurecht gekommen, wie hat er gelebt? Wie hat sich der Mensch, der er war, zu dem entwickelt, der er ist? Nichts davon. Ganz anders etwa als in der großartigen Novelle „I am Legend“ von Richard Matheson. Welche Schicksale macht er ausfindig? Auf welche Zombies trifft er? Wie verändert ihn das? Geschenkt. All das findet nicht statt. Dabei hatte sich der Autor zum Ziel gesetzt, mal einen neuen Ansatz zu wählen und den Zombie-Roman zu schreiben, den er selbst schon immer mal lesen wollte. Dazu bietet er aber nichts aufregend Neues. Eigentlich so gut wie gar nichts Neues. Anders ist die Handlung insoweit, dass der klassische Plot nicht eingehalten wird: keine kleine Gruppe Überlebender, die sich unter Mord und Totschlag und widrigsten Umständen zusammenrauft und ums Überleben kämpft, keine gruppendynamischen Prozesse (von denen Zombie-Erzählungen eigentlich leben), kein Infizierter, der sein schreckliches Geheimnis zu verbergen versucht, keine allgegenwärtige Militärpräsenz. Kein Kampf ums tägliche Überleben (sichere Bleibe, Nahrung, Munition). Letzteres wird zwar angesprochen, wird aber nie zum Problem. Dagegen wird Henry Marco vom Anführer der Sicheren Staaten unter Zwang dazu beauftragt, im Westen einen als Zombie gewähnten Wissenschaftler ausfindig zu machen und „zurückzugeben“. Als Belohnung wird ihm die Heimkehr in die Sicheren Staaten in Aussicht gestellt. Eine miese Intrige, die man von Anfang an durchschaut. Natürlich sind genau dieser Wissenschaftler und unser Protagonist persönlich durch ein gemeinsames dunkles Schicksal miteinander verbunden. Unterwegs trifft Henry Marco auf einen Weggefährten: den chinesischen Agenten und Auftragskiller Wu. Dieser hat die Weisung seiner Regierung erhalten, Henry Marco nach Auffinden des Wissenschaftlers zu töten und das aus dem Blut des gesuchten Wissenschaftlers zu gewinnende Heilmittel an sich zu nehmen. China, der Bösewicht, der das Heilmittel für sich alleine will, und damit den Rest der Welt, vor allem Amerika, erpressen will. So entwickelt der Roman eine schwache, ganz vordergründige Geschichte, in der die Rollen klar verteilt sind. Keine Überraschungen, keine Wendungen. Wenn dann am Ende auch noch der Bogen zur Aum-Sekte geschlagen wird, ist die Grenze zum Hanebüchenen und Lächerlichen leider überschritten. Die Erzählung ist nicht im geringsten spannend und fesselt auch sonst nicht. Die beiden „Helden“ schlitzen sich durch das zombifizierte Gebiet auf dem Weg zu ihrem Ziel, dem aktuellen Aufenthaltsort des gesuchten Wissenschaftlers in einem alten Hochsicherheitsgefängnis. Interessant ist hierbei nur der Gegensatz der beiden: Henry Marco hat noch nie einen Menschen getötet (aus Gewissensgründen), Wu noch nie einen Zombie (um die Geister seiner Vorfahren nicht zu entehren). So massakriert eben jeder das, was ihm liegt und überlässt das jeweils andere dem Partner. Verfolgt werden sie dabei von einer dritten Gruppe, die an dem Wissenschaftler interessiert ist, den so genannten „Reitern“ (Ex-Militärs im Auftrag von irgendwem). Diese werden nach einer leidlich spannenden „Verfolgungsjagd“ irgendwann von Zombiehorden aufgefressen und verpuffen ohne Effekt oder Einfluss auf die ohnehin dünne Story. Marco und Wu werden dann nach anfänglichem Misstrauen und gegenseitiger Ablehnung irgendwie doch noch zu Gefährten (Überraschung, Überraschung). Der bis zum Ende vorhersehbare Roman bietet überaus wenig Handlung, dafür einen hohen Blut-und-Gedärm-Faktor, wie es sich für einen Zombie-Roman eben gehört, teilweise recht widerlich, aber das muss so. Dennoch: Blut, Gedärm, platzende Schädel und Auffressen von Menschen bei lebendigem Leib gehören zwar ohne wenn und aber zu einem Zombie-Roman, ersetzen aber keine Handlung. Die Zombies heißen einfach „Leichen“ oder „Zombies“, keine Spielereien des Autors auch insoweit. Zum Glück auch keine übernatürlichen Erklärungsversuche. Alles bleibt wissenschaftlich, aber auch das ist ein alter Hut. Das, woran die Zombies leiden, nennt der Autor die „Auferstehung“, hervorgerufen nicht durch Viren, sondern Prionen, einer Art mutierender Proteine. Keine wegweisende Variation des Themas. Auch der interessante und assoziationsträchtige Name der Krankheit („Auferstehung“) bleibt völlig unreflektiert, thematische Anbindungen hierzu werden erneut vergeben. Über die Zombies und ihr Verhalten erfährt man sonst nicht sehr viel mehr. Sie stehen auch nicht wirklich im Mittelpunkt, sondern bilden mehr eine Art Kulisse. Klassisch bleibt das Buch dabei insoweit als die Zombies langsam sind und durch ihre schiere Anzahl erst richtig gefährlich werden. Manchmal „rennen“ sie auch, wobei dies derart unreflektiert erzählt wird, dass es sich auch um einen Übersetzungsfehler handeln könnte. Als weiteres klassisches Zombie-Motiv taucht (rudimentär und wenig spektakulär) ab und zu das Fliehen und Verbarrikadieren auf. Aber auch das hat man schon besser und vor allem spannender gelesen. Negativ fällt weiter die inflationäre Verwendung der Begriffe „Arschloch“, „Scheiße“ und „Gottverdammt“ durch unseren Protagonisten auf. Diese Wörter werden so massiv eingesetzt, beinahe auf jeder Seite, dass sie sich ganz schnell abnutzen, sich selbst entschärfen und dann nur noch müde nerven. Und nicht vergessen, unser Hauptakteur ist promovierter Neurologe. Soll die Verwendung dieser Begriffe die Verwahrlosung des Menschen darstellen, so handelt es sich um einen schwachen, ja geradezu fadenscheinigen Kniff des Autors. Genau diesen Aspekt hätte man erzählerisch hervorragend aufziehen können. Wurde aber nicht gemacht. Wie so vieles nicht. Klar, das Thema ist weitgehend beackert und niemand erwartet die Neuerfindung des Rades. Aber an gute Zombie-Bücher wie „Eden“ von Tony Monchinski oder „28 Days Later“ von Alex Garland reicht „Return Man“ bei weitem nicht heran. Vergleiche zu Meilensteinen wie „The Walking Dead“ von Robert Kirkman oder „World War Z“ von Max Brooks kann man sich gleich ganz sparen. Man liest das Buch dennoch weiter in der Hoffnung, dass da noch irgendeine große Offenbarung auf der nächsten Seite lauert. Leider nicht. Insgesamt ein Zombie-Roman eher der schwächeren Sorte.

Zombies sind derzeit schwer angesagt. Nachdem sie über Jahre und gar Jahrzehnte nur einer eingefleischten, kleinen Gemeinde etwas hergaben und ein garstiges Schattendasein in Film und Literatur führten, hat man mittlerweile entdeckt, welch intensive und erwachsene Bandbreite das Zombie-Thema aufweist. Zombies haben so viel mehr an Gehalt und Inhalt zu bieten als Vampire und sonstige Untote, wurden aber aufgrund ihres Schmuddel-Images (in Bezug auf Optik und Verhalten) lange gemieden. Die Veröffentlichungen rund um die Zombies haben in den letzten Jahren jedoch einen richtigen Boom erlebt und haben den Mainstream längst erreicht. Den Liebhaber wird es freuen, wenn auch nicht jeder Output von entsprechender Güte ist.

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„Return Man“ ist der Romanerstling von V.M. Zito, seines Zeichens Creative Director einer Werbeagentur. Heraufbeschworen wird darin die Apokalypse, welche in Form einer Zombie-Epidemie über die Welt – genauer: die Vereinigten Staaten von Amerika - hereinbricht. Der Zombie-Roman als solcher spricht in der Regel grundsätzlich nur einen begrenzten Leserkreis an, nämlich ausgesprochene Genre-Fans. Es gibt eine ganze Reihe wirklich hervorragender Kurzgeschichten und Novellen namhafter Autoren zu diesem Themenkreis. Gute Romane finden sich dagegen eher selten. Auch Return Man gehört leider nicht zu den Gelungeneren seiner Gattung. Dabei ist das Zombie-Motiv so vielseitig und bietet reihenweise Interpretationsmöglichkeiten und Denkansätze, nur auf Romanebene scheint dies aus welchen Gründen auch nicht in jedem Fall zu zünden. Natürlich sind die Geschmäcker verschieden. Man könnte ganze Essays hierzu abfassen, was den Rahmen einer einfachen Rezension sicher sprengen würde (und was auch dem Sinn einer Buchbesprechung nicht gerecht würde).

Warum „Return Man“ sogar noch Mühe hat, als durchschnittlicher Zombie-Roman durchzugehen, hat mehrere Gründe: schwache Story, erzählerische Schwächen, wenig Innovatives. Dabei lässt es sich erzählerisch zunächst ganz gut an: Die Apokalypse ist bereits eingetreten und dauert seit vier Jahren schon an als die Handlung einsetzt. Der Plot beginnt also mittendrin, nicht wie bei vielen anderen Vorlagen zu Beginn der Ausbreitung. Aber einzigartig oder aufregend ist das nicht. Protagonist ist Dr. Henry Marco, in seinem früheren Leben, Neurologe. Die USA als solche existieren nicht mehr. Die Überlebenden haben im Osten die Sicheren Staaten von Amerika gegründet, angeführt von den (wenig sympathisch dargestellten) Neo-Republikanern. Im Westen, den Evakuierten Staaten, wüten die Untoten. Henry Marco ist vor den Evakuierungseinheiten geflohen und freiwillig in der zombifizierten Einöde des Westens zurück geblieben, um seine verschollene Ehefrau zu suchen, über deren Schicksal er keine Kenntnis hat, aber davon ausgeht, dass sie ebenfalls als Untote umherstreift. Was mit ihr geschehen ist, soll hier nicht verraten werden (der Leser wird es aber bei der Lektüre ohnehin rechtzeitig genug erahnen). Zugleich hat Henry Marco einen Freund in den Sicheren Staaten, in die er selbst nicht mehr zurückkehren kann, welcher ihn mit besonderen Aufträgen versorgt. Überlebende in den Sicheren Staaten kontaktieren Henry Marco, damit er die in Zombies verwandelte Angehörige und Freunde ausfindig macht und sie endgültig (per Kopfschuss, wie es im Genre üblich ist, um die Steuerungseinheit Gehirn auszuschalten) von ihrem schrecklichen Dasein erlöst und sie „zurückgibt“. Dies erklärt den Titel des Buchs. Das Problem, das hier schon angesiedelt ist: Dr. Henry Marco ist erklärter Atheist und hat nicht die geringste Ahnung, wem er die Untoten zurück gibt. Nicht den Angehörigen, nicht Gott, nicht dem Leben. Dem planmäßigen Verlauf der Natur, also dem endgültigen Tod bestenfalls. Die Frage wird nur kurz angerissen, bleibt im Roman aber ungelöst. Unlogisch ist in diesem Zusammenhang auch, dass im weiteren Verlauf Zombies niedergemetzelt werden, deren Identität dem Protagonisten reichlich egal ist. So wird dieser gute Ansatz sogleich wieder zunichte gemacht. Die Geschichte beginnt damit, dass Henry Marco nach Wochen der Suche gerade seinen nächsten Ziel-Zombie im Wald an einem See ausfindig gemacht hat und seinen Auftrag ausführt. Henry Marco spürt die Zombies, die er „zurückgeben“ soll, dadurch auf, dass er seine Auftraggeber befragt, was für ein Mensch dieser Zombie einst war, was er mochte, was ihm wichtig war, welche Orte ihm wichtig waren. Er hat nämlich herausgefunden, dass die Zombies über eine Art emotionales geografisches Gedächtnis verfügen, ein letztes Überbleibsel ihres Lebens als Mensch, ein letztes Echo ihrer vormaligen Persönlichkeit, und daher für sie zu Lebzeiten wichtige Plätze als Zombie wieder aufsuchen. Und um es ehrlich zu sagen: dies wäre insgesamt die bessere Geschichte gewesen. Eine Idee mit viel Potential, das aber völlig verschenkt wird zugunsten einer wenig durchdachten Story mit einigen losen Enden. Welch intensive Erzählung hätte man aus dieser Idee heraus holen können: wie hat Henry Marco die letzten vier Jahre unter Millionen Zombies verbracht? Wie ist er mit der Einsamkeit und der Isolation zurecht gekommen, wie hat er gelebt? Wie hat sich der Mensch, der er war, zu dem entwickelt, der er ist? Nichts davon. Ganz anders etwa als in der großartigen Novelle „I am Legend“ von Richard Matheson. Welche Schicksale macht er ausfindig? Auf welche Zombies trifft er? Wie verändert ihn das? Geschenkt. All das findet nicht statt. Dabei hatte sich der Autor zum Ziel gesetzt, mal einen neuen Ansatz zu wählen und den Zombie-Roman zu schreiben, den er selbst schon immer mal lesen wollte. Dazu bietet er aber nichts aufregend Neues. Eigentlich so gut wie gar nichts Neues.

Anders ist die Handlung insoweit, dass der klassische Plot nicht eingehalten wird: keine kleine Gruppe Überlebender, die sich unter Mord und Totschlag und widrigsten Umständen zusammenrauft und ums Überleben kämpft, keine gruppendynamischen Prozesse (von denen Zombie-Erzählungen eigentlich leben), kein Infizierter, der sein schreckliches Geheimnis zu verbergen versucht, keine allgegenwärtige Militärpräsenz. Kein Kampf ums tägliche Überleben (sichere Bleibe, Nahrung, Munition). Letzteres wird zwar angesprochen, wird aber nie zum Problem. Dagegen wird Henry Marco vom Anführer der Sicheren Staaten unter Zwang dazu beauftragt, im Westen einen als Zombie gewähnten Wissenschaftler ausfindig zu machen und „zurückzugeben“. Als Belohnung wird ihm die Heimkehr in die Sicheren Staaten in Aussicht gestellt. Eine miese Intrige, die man von Anfang an durchschaut. Natürlich sind genau dieser Wissenschaftler und unser Protagonist persönlich durch ein gemeinsames dunkles Schicksal miteinander verbunden.

Unterwegs trifft Henry Marco auf einen Weggefährten: den chinesischen Agenten und Auftragskiller Wu. Dieser hat die Weisung seiner Regierung erhalten, Henry Marco nach Auffinden des Wissenschaftlers zu töten und das aus dem Blut des gesuchten Wissenschaftlers zu gewinnende Heilmittel an sich zu nehmen. China, der Bösewicht, der das Heilmittel für sich alleine will, und damit den Rest der Welt, vor allem Amerika, erpressen will. So entwickelt der Roman eine schwache, ganz vordergründige Geschichte, in der die Rollen klar verteilt sind. Keine Überraschungen, keine Wendungen. Wenn dann am Ende auch noch der Bogen zur Aum-Sekte geschlagen wird, ist die Grenze zum Hanebüchenen und Lächerlichen leider überschritten. Die Erzählung ist nicht im geringsten spannend und fesselt auch sonst nicht. Die beiden „Helden“ schlitzen sich durch das zombifizierte Gebiet auf dem Weg zu ihrem Ziel, dem aktuellen Aufenthaltsort des gesuchten Wissenschaftlers in einem alten Hochsicherheitsgefängnis. Interessant ist hierbei nur der Gegensatz der beiden: Henry Marco hat noch nie einen Menschen getötet (aus Gewissensgründen), Wu noch nie einen Zombie (um die Geister seiner Vorfahren nicht zu entehren). So massakriert eben jeder das, was ihm liegt und überlässt das jeweils andere dem Partner. Verfolgt werden sie dabei von einer dritten Gruppe, die an dem Wissenschaftler interessiert ist, den so genannten „Reitern“ (Ex-Militärs im Auftrag von irgendwem). Diese werden nach einer leidlich spannenden „Verfolgungsjagd“ irgendwann von Zombiehorden aufgefressen und verpuffen ohne Effekt oder Einfluss auf die ohnehin dünne Story. Marco und Wu werden dann nach anfänglichem Misstrauen und gegenseitiger Ablehnung irgendwie doch noch zu Gefährten (Überraschung, Überraschung). Der bis zum Ende vorhersehbare Roman bietet überaus wenig Handlung, dafür einen hohen Blut-und-Gedärm-Faktor, wie es sich für einen Zombie-Roman eben gehört, teilweise recht widerlich, aber das muss so. Dennoch: Blut, Gedärm, platzende Schädel und Auffressen von Menschen bei lebendigem Leib gehören zwar ohne wenn und aber zu einem Zombie-Roman, ersetzen aber keine Handlung. Die Zombies heißen einfach „Leichen“ oder „Zombies“, keine Spielereien des Autors auch insoweit. Zum Glück auch keine übernatürlichen Erklärungsversuche. Alles bleibt wissenschaftlich, aber auch das ist ein alter Hut. Das, woran die Zombies leiden, nennt der Autor die „Auferstehung“, hervorgerufen nicht durch Viren, sondern Prionen, einer Art mutierender Proteine. Keine wegweisende Variation des Themas. Auch der interessante und assoziationsträchtige Name der Krankheit („Auferstehung“) bleibt völlig unreflektiert, thematische Anbindungen hierzu werden erneut vergeben. Über die Zombies und ihr Verhalten erfährt man sonst nicht sehr viel mehr. Sie stehen auch nicht wirklich im Mittelpunkt, sondern bilden mehr eine Art Kulisse. Klassisch bleibt das Buch dabei insoweit als die Zombies langsam sind und durch ihre schiere Anzahl erst richtig gefährlich werden. Manchmal „rennen“ sie auch, wobei dies derart unreflektiert erzählt wird, dass es sich auch um einen Übersetzungsfehler handeln könnte. Als weiteres klassisches Zombie-Motiv taucht (rudimentär und wenig spektakulär) ab und zu das Fliehen und Verbarrikadieren auf. Aber auch das hat man schon besser und vor allem spannender gelesen. Negativ fällt weiter die inflationäre Verwendung der Begriffe „Arschloch“, „Scheiße“ und „Gottverdammt“ durch unseren Protagonisten auf. Diese Wörter werden so massiv eingesetzt, beinahe auf jeder Seite, dass sie sich ganz schnell abnutzen, sich selbst entschärfen und dann nur noch müde nerven. Und nicht vergessen, unser Hauptakteur ist promovierter Neurologe. Soll die Verwendung dieser Begriffe die Verwahrlosung des Menschen darstellen, so handelt es sich um einen schwachen, ja geradezu fadenscheinigen Kniff des Autors. Genau diesen Aspekt hätte man erzählerisch hervorragend aufziehen können. Wurde aber nicht gemacht. Wie so vieles nicht. Klar, das Thema ist weitgehend beackert und niemand erwartet die Neuerfindung des Rades. Aber an gute Zombie-Bücher wie „Eden“ von Tony Monchinski oder „28 Days Later“ von Alex Garland reicht „Return Man“ bei weitem nicht heran. Vergleiche zu Meilensteinen wie „The Walking Dead“ von Robert Kirkman oder „World War Z“ von Max Brooks kann man sich gleich ganz sparen. Man liest das Buch dennoch weiter in der Hoffnung, dass da noch irgendeine große Offenbarung auf der nächsten Seite lauert. Leider nicht. Insgesamt ein Zombie-Roman eher der schwächeren Sorte.

geschrieben am 18.06.2013 | 1616 Wörter | 9625 Zeichen

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