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Lebens-Ansichten des Kater Murr


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Rezension von

Ragan Tanger

Lebens-Ansichten des Kater Murr Der Kater, der Kapellmeister und ihr verrücktes Herrchen Praktische Redundanz wollen wir diesem ausgezeichneten Hörbuch der Literaturedition Winter & Winter als erstes attestieren. Gemeint ist nämlich die anwenderfreundliche und moderne Aufbereitung dieses über 18 Stunden weilenden Hörfestes. Mit den entsprechenden Audio-CDs könnten wir unsere Regale mit nichts anderem mehr auffüllen, wäre der Rücksitz im Auto allein von Hörbüchern besetzt. Stattdessen kommen die Lebensgeschichten des Katers Murr auf zwei mp-3-CDs daher, auf denen der gewaltige Inhalt aufgebrannt wurde, und die man nebst einem schicken und ambitionierten Pappschieber mit integriertem Booklet ganz wunderbar in die Tasche stecken kann. Äußerlich und anwenderfreundlich schon mal Bestnoten, bevor wir uns nun also dem eigentlichen Inhalt zuwenden. Wie bei Klassikern häufig, stellen sich harte Kriterien heutzutage nur noch selten als Gegenargumente. Der große und vielseitige Romantiker Ernst Theodor Amadeus (ein schöner, aber doch recht langer Vornamenzyklus; markant gekürzt zu: E.T.A.) Hoffmann wird bis heute für viele seiner unvergessenen Werke gerühmt; tief berührt vom aufkeimenden Sturm und Drang ließ er sich durch sein Können später selbst in den Literaturolmyp befördern. Sein literarisches Ego, der Kapellmeister Johannes Kreisler, war, wie er selbst, vor allen Dingen ein nicht beachteter Komponist und Musiker. Auch als Theaterdramaturg und Jurist (sein familienhistorisch ihm in die Wiege gelegtes akademisches Studienfach) arbeitete er, doch in Erinnerung sind seine obskuren, mythischen, häufig transzendenten Schriften geblieben. Der Kater Murr, ein kluger Sprecher und der Ich-Erzähler der fiktiven Geschichte, setzt mit der Nacherzählung seines katzischen Werkens und Schaffens eine parodistische Pointe gegenüber dem damaligen biederen Bürgerroman. Hoffmann inszeniert darüber hinaus eine innovative und progressive Melange schriftstellerischer Kunst, indem er in die Lebensansichten des Katers die Biographie des Kapellmeisters Kreisler einbaut, die der Kater als Löschpapier oder Unterlage in seinen eigenen Text mürrisch und gänzlich ohne Intention integriert: was für ein herrliches Arrangement. Auf komplexe Art und Weise sind die beiden Textstücke (des Katers klar und chronologisch, des Kapellmeisters wirr und zeitlos) miteinander verknüpft, ein gedankliches Meisterwerk verschachtelnder Darstellung. Übrigens hat Hoffmann wohl auch beim Kater und nicht nur beim Kapellmeister sein eigenes Leben Pate gestanden. Ein auf den gleichen Namen lautender Kater befand sich in Hoffmanns Besitz, er setzte für diesen, als er während der Arbeiten an diesem Buch starb, sogar eigens eine Traueranzeige in eine Zeitung; das passt zum Witz, zur Groteske, zur mythischen Faszination, die einem bei Hoffmann immer wieder begegnet, und die ihn auch in diesem Werk mehr als auszeichnet. Die hochklassige Parodie durch Hoffmann in der Frühromantik ist lesens- und dank der feinen Übertragung auch sehr hörenswert. Nicht nur äußerlich kann dieses Hörbuch punkten, auch mit der Verpflichtung von Wolfram Berger, einem Österreicher, dem dieser Schalk gut zu Gesicht steht, ist ein perfekter Wurf gelungen. Stark, ein bisschen rauchig und salzig, aber unprätentiös und durch und durch authentisch stellt er Kater Murrs Witz und Johannes Kreislers Wahnsinn dar. Ein rundes, episches Hörvergnügen, dass für viele sonst nicht zu entdeckende Schätze deutscher Kunst offenbart.

Der Kater, der Kapellmeister und ihr verrücktes Herrchen

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Praktische Redundanz wollen wir diesem ausgezeichneten Hörbuch der Literaturedition Winter & Winter als erstes attestieren. Gemeint ist nämlich die anwenderfreundliche und moderne Aufbereitung dieses über 18 Stunden weilenden Hörfestes. Mit den entsprechenden Audio-CDs könnten wir unsere Regale mit nichts anderem mehr auffüllen, wäre der Rücksitz im Auto allein von Hörbüchern besetzt. Stattdessen kommen die Lebensgeschichten des Katers Murr auf zwei mp-3-CDs daher, auf denen der gewaltige Inhalt aufgebrannt wurde, und die man nebst einem schicken und ambitionierten Pappschieber mit integriertem Booklet ganz wunderbar in die Tasche stecken kann.

Äußerlich und anwenderfreundlich schon mal Bestnoten, bevor wir uns nun also dem eigentlichen Inhalt zuwenden. Wie bei Klassikern häufig, stellen sich harte Kriterien heutzutage nur noch selten als Gegenargumente. Der große und vielseitige Romantiker Ernst Theodor Amadeus (ein schöner, aber doch recht langer Vornamenzyklus; markant gekürzt zu: E.T.A.) Hoffmann wird bis heute für viele seiner unvergessenen Werke gerühmt; tief berührt vom aufkeimenden Sturm und Drang ließ er sich durch sein Können später selbst in den Literaturolmyp befördern.

Sein literarisches Ego, der Kapellmeister Johannes Kreisler, war, wie er selbst, vor allen Dingen ein nicht beachteter Komponist und Musiker. Auch als Theaterdramaturg und Jurist (sein familienhistorisch ihm in die Wiege gelegtes akademisches Studienfach) arbeitete er, doch in Erinnerung sind seine obskuren, mythischen, häufig transzendenten Schriften geblieben.

Der Kater Murr, ein kluger Sprecher und der Ich-Erzähler der fiktiven Geschichte, setzt mit der Nacherzählung seines katzischen Werkens und Schaffens eine parodistische Pointe gegenüber dem damaligen biederen Bürgerroman. Hoffmann inszeniert darüber hinaus eine innovative und progressive Melange schriftstellerischer Kunst, indem er in die Lebensansichten des Katers die Biographie des Kapellmeisters Kreisler einbaut, die der Kater als Löschpapier oder Unterlage in seinen eigenen Text mürrisch und gänzlich ohne Intention integriert: was für ein herrliches Arrangement.

Auf komplexe Art und Weise sind die beiden Textstücke (des Katers klar und chronologisch, des Kapellmeisters wirr und zeitlos) miteinander verknüpft, ein gedankliches Meisterwerk verschachtelnder Darstellung. Übrigens hat Hoffmann wohl auch beim Kater und nicht nur beim Kapellmeister sein eigenes Leben Pate gestanden. Ein auf den gleichen Namen lautender Kater befand sich in Hoffmanns Besitz, er setzte für diesen, als er während der Arbeiten an diesem Buch starb, sogar eigens eine Traueranzeige in eine Zeitung; das passt zum Witz, zur Groteske, zur mythischen Faszination, die einem bei Hoffmann immer wieder begegnet, und die ihn auch in diesem Werk mehr als auszeichnet.

Die hochklassige Parodie durch Hoffmann in der Frühromantik ist lesens- und dank der feinen Übertragung auch sehr hörenswert. Nicht nur äußerlich kann dieses Hörbuch punkten, auch mit der Verpflichtung von Wolfram Berger, einem Österreicher, dem dieser Schalk gut zu Gesicht steht, ist ein perfekter Wurf gelungen. Stark, ein bisschen rauchig und salzig, aber unprätentiös und durch und durch authentisch stellt er Kater Murrs Witz und Johannes Kreislers Wahnsinn dar. Ein rundes, episches Hörvergnügen, dass für viele sonst nicht zu entdeckende Schätze deutscher Kunst offenbart.

geschrieben am 20.01.2011 | 479 Wörter | 2976 Zeichen

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