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Tannhäuserland


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Rezension von

Daniel Bigalke

Tannhäuserland “Noch das äußerste Bewusstsein vom Verhängnis droht zum Geschwätz zu entarten. Kulturkritik findet sich der letzten Stufe der Dialektik von Kultur und Barbarei gegenüber: nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch, und das frisst auch die Erkenntnis an, die ausspricht, warum es unmöglich ward, heute Gedichte zu schreiben.“ Diese Worte Theodor W. Adornos prägten das Bewusstsein der deutschen Nachkriegsdemokratie. Abgesehen davon, daß Adorno ohnehin keine Gedichte schreiben konnte und viele Versuche, seine Aussage als „wahr“ zu beweisen, gescheitert sind, ist es Uwe Lammla zu verdanken, diesen Irrtum des Philosophen aufgezeigt zu haben: Nach Auschwitz können Gedichte geschrieben werden und zwar dezidiert naturverbundene deutsche Gedichte. Mit dem „Tannhäuserland“ gibt Lammla ein Beispiel dafür ab. Er wendet sich in mehreren Zyklen seiner thüringischen Heimat zu und gibt zu bedenken, daß wenn die Welt noch so verroht ist, man Gott und seinem Gebote folgen solle. Das erste Buch beschreibt das Orlagau und folgt dem Lauf der Saale in Thüringen: „Am Saalestrande stolze Burgen wachen, Daß deutsch der Glaube sei und frei das Feld, Denn nur der freie Bauer nährt die Welt, Die dies vergißt bei spielerischen Sachen.“ Es gibt für den Dichter also eine geistige Kontinuität, eine Fortdauer mentaler Dispositionen und ethnisch-kultureller Prägungen, die auch bei äußerem Wandel der Verhältnisse, trotz aller politischen, wirtschaftlichen und technischen Umwälzungen und ungeachtet tief greifender historischer Verwerfungen wirksam bleiben. Desgleichen werden lyrisch die Rhönberge erwandert sowie der Rennsteig von Hörschel bis Blankenstein. Der triumphale Einstieg „Thuringia“ macht die integrative Kraft des deutschen Anspruchs deutlich, eine Gemeinschaft zu bilden, solange die Sprache eine gemeinsame ist. Diese hegelianische Perspektive bewahrt den Blick für die großen Zusammenhänge und schützt insbesondere den Reichtum der sprachlichen Wirklichkeit vor aushöhlenden Reduktionen – gerade in Deutschland. Im vorliegenden Buch verschmelzen Mythen, Volksglaube, Landschaft und Überlieferung. Es liegt hier ein sehr persönliches Werk des Dichters vor. Aus allen Versen spricht immer wieder die Überzeugung, daß dem Dichter deutsche Dichtung mehr ist, als der bloße Moment preisgibt. Ihre Kraft und Lebenshaltung zeigt sich als rationale Kraft zur Überwindung der Verwerfungen der Gegenwart über den Weg der Konvergenz von Physik und Metaphysik, von Empirie und Idealität. So werden Heimat, Sorgfalt, Gründlichkeit, feste Organisation, Innerlichkeit und Gemüt, inneres Wachstum des Menschen anstelle seiner materialistischen Animalisierung sowie die Liebe zum Gewachsenen, zur Heimat und zur thüringischen Natur zum Mittel der Befreiung der Seele aus der Umgebung und dem Zwang der Mittelmäßigkeit. Es werden die heimatlichen Mythen im „Tannhäuserland“ zur Quelle des Lebens unter Anerkennung von Leiden und Demut. Immer wieder stößt der Leser auf einen höchst anregenden Mikrokosmos eines Dichters, der sowohl die Gabe der Naturbeobachtung als auch die Gabe zur poetischen Verdichtung seiner Eindrücke in hohem Maße besitzt. Die Häufung von Charakterbildern ungewöhnlicher Objekte wird daher kaum einen Leser unberührt lassen. Lammla zeigt sich einmal mehr als Meister einer Poetik „nach Auschwitz“ und er ruft den Menschen, die noch den Wunsch zur geistigen Selbsterhaltung abseits einer reproduzierten Negativ-Folie der Geschichte haben, trefflich zu, nicht hier im Negativen zu verharren, sondern anderswo selbstbewußt und versöhnend zu stehen: „Auf die Warte nimm ein Recht Soll dein Reim nicht ortlos gehn, Geht es deutschen Landen schlecht, Auf der Wartburg musst du stehn.“

“Noch das äußerste Bewusstsein vom Verhängnis droht zum Geschwätz zu entarten. Kulturkritik findet sich der letzten Stufe der Dialektik von Kultur und Barbarei gegenüber: nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch, und das frisst auch die Erkenntnis an, die ausspricht, warum es unmöglich ward, heute Gedichte zu schreiben.“

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Diese Worte Theodor W. Adornos prägten das Bewusstsein der deutschen Nachkriegsdemokratie. Abgesehen davon, daß Adorno ohnehin keine Gedichte schreiben konnte und viele Versuche, seine Aussage als „wahr“ zu beweisen, gescheitert sind, ist es Uwe Lammla zu verdanken, diesen Irrtum des Philosophen aufgezeigt zu haben: Nach Auschwitz können Gedichte geschrieben werden und zwar dezidiert naturverbundene deutsche Gedichte.

Mit dem „Tannhäuserland“ gibt Lammla ein Beispiel dafür ab. Er wendet sich in mehreren Zyklen seiner thüringischen Heimat zu und gibt zu bedenken, daß wenn die Welt noch so verroht ist, man Gott und seinem Gebote folgen solle. Das erste Buch beschreibt das Orlagau und folgt dem Lauf der Saale in Thüringen:

„Am Saalestrande stolze Burgen wachen,

Daß deutsch der Glaube sei und frei das Feld,

Denn nur der freie Bauer nährt die Welt,

Die dies vergißt bei spielerischen Sachen.“

Es gibt für den Dichter also eine geistige Kontinuität, eine Fortdauer mentaler Dispositionen und ethnisch-kultureller Prägungen, die auch bei äußerem Wandel der Verhältnisse, trotz aller politischen, wirtschaftlichen und technischen Umwälzungen und ungeachtet tief greifender historischer Verwerfungen wirksam bleiben. Desgleichen werden lyrisch die Rhönberge erwandert sowie der Rennsteig von Hörschel bis Blankenstein. Der triumphale Einstieg „Thuringia“ macht die integrative Kraft des deutschen Anspruchs deutlich, eine Gemeinschaft zu bilden, solange die Sprache eine gemeinsame ist. Diese hegelianische Perspektive bewahrt den Blick für die großen Zusammenhänge und schützt insbesondere den Reichtum der sprachlichen Wirklichkeit vor aushöhlenden Reduktionen – gerade in Deutschland.

Im vorliegenden Buch verschmelzen Mythen, Volksglaube, Landschaft und Überlieferung. Es liegt hier ein sehr persönliches Werk des Dichters vor. Aus allen Versen spricht immer wieder die Überzeugung, daß dem Dichter deutsche Dichtung mehr ist, als der bloße Moment preisgibt. Ihre Kraft und Lebenshaltung zeigt sich als rationale Kraft zur Überwindung der Verwerfungen der Gegenwart über den Weg der Konvergenz von Physik und Metaphysik, von Empirie und Idealität. So werden Heimat, Sorgfalt, Gründlichkeit, feste Organisation, Innerlichkeit und Gemüt, inneres Wachstum des Menschen anstelle seiner materialistischen Animalisierung sowie die Liebe zum Gewachsenen, zur Heimat und zur thüringischen Natur zum Mittel der Befreiung der Seele aus der Umgebung und dem Zwang der Mittelmäßigkeit.

Es werden die heimatlichen Mythen im „Tannhäuserland“ zur Quelle des Lebens unter Anerkennung von Leiden und Demut. Immer wieder stößt der Leser auf einen höchst anregenden Mikrokosmos eines Dichters, der sowohl die Gabe der Naturbeobachtung als auch die Gabe zur poetischen Verdichtung seiner Eindrücke in hohem Maße besitzt. Die Häufung von Charakterbildern ungewöhnlicher Objekte wird daher kaum einen Leser unberührt lassen.

Lammla zeigt sich einmal mehr als Meister einer Poetik „nach Auschwitz“ und er ruft den Menschen, die noch den Wunsch zur geistigen Selbsterhaltung abseits einer reproduzierten Negativ-Folie der Geschichte haben, trefflich zu, nicht hier im Negativen zu verharren, sondern anderswo selbstbewußt und versöhnend zu stehen:

„Auf die Warte nimm ein Recht

Soll dein Reim nicht ortlos gehn,

Geht es deutschen Landen schlecht,

Auf der Wartburg musst du stehn.“

geschrieben am 08.03.2009 | 522 Wörter | 3180 Zeichen

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