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Die Wahrheit über die griechischen Mythen – Palaipathos' »Unglaubliche Geschichten«


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Lesefreund

Die Wahrheit über die griechischen Mythen – Palaipathos' »Unglaubliche Geschichten« Wer sich dafür interessiert, was mit den Zentauren „wirklich“ auf sich hatte, und warum der Thraker-Fürst Diomedes nicht nur in einer Hinsicht von seinen Pferden aufgefressen wurde, der findet bei Palaipathos, dem 'Altes Erzählenden', ungewöhnliche und bisweilen erheiternd-spekulative Antworten. Als sogenannter Rationalist unter den Mythendeutern ist Palaipathos angetreten, den sachlichen Kern des Mythos, dessen tatsächliche – alltägliche – „Wirklichkeit“ ans Licht zu bringen. Wie seine vermeintlichen Gegner, die Mythengläubigen, nimmt Palaipathos die Geschichten und Überlieferungen seiner Zeit so ernst, dass er mit philologisch-akribischem Elan ein Deutungsmuster zu entwerfen versucht. Er betreibt Text-Exegese – nur von einem etwas anderen Standpunkt aus. Bei Palaipathos und seiner Weltsicht des Mythos ist die Welt nicht voll von Geheimnissen und göttlich gewollten Unwägbarkeiten. Es herrscht vielmehr der blanke Augenschein vor. Es geht um die Dinge, die man sieht – nicht mehr und nicht weniger. So wurde etwa Diomedes Palaipathos zufolge nicht wie bislang angenommen von seinen Pferden in gefressen, sondern diese fraßen ihm vielmehr mit der Zeit die Haare vom Kopf, so dass er wohl vor Armut starb. Demselben Phänomen erlag nach Palaipathos' Ansicht auch Aktaion, der demnach nicht von seinen Hunden zerfleischt wurde, weil er – versehentlich – Artemis beim Baden erblickte, sondern auch diese Vierbeiner ließen ihn im Laufe der Zeit einfach verarmen, nachdem ihn seine Jagdleidenschaft die täglichen Geschäfte – und damit vor allem seine Einkünfte – hatte vergessen lassen. Palaipathos verfasste seine Schriften wohl im vierten Jahrhundert vor Christus. Sein Werk hatte ursprünglich fünf Bücher, von denen uns heute noch ein Buch mit Auszügen erhalten ist. Brodersen bietet dem Leser mit seinem Band eine zweisprachige Ausgabe in Alt-Griechisch und Deutsch an. Ob man die Vorgehensweise des Palaipathos nun gutheißen mag oder nicht, unterhaltsam ist sein Gang durch die Welt der griechischen Mythen allemal – und zudem sehr informativ. Wie so viele Mythographen und Dichter – man denke etwa an Apollodor und Homer – gestaltet Palaipathos den Mythos letzten Endes auf seine Weise um, wodurch dieser eben nicht rationalisiert und damit aufgelöst wird, sondern schlicht in neuem Gewand erscheint. Das Anders-Erzählen des Mythos hat nicht das Verschwinden des Mythos zur Folge – „Aufklärung schlägt in Mythologie zurück“, wie es in der „Dialektik der Aufklärung“ von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno heißt. So ist die Lektüre von Brodersens Band insgesamt ein heiteres Lese-Vergnügen, dass von beiden Seiten – Mythos und Aufklärung – mit Humor betrachtet werden kann.

Wer sich dafür interessiert, was mit den Zentauren „wirklich“ auf sich hatte, und warum der Thraker-Fürst Diomedes nicht nur in einer Hinsicht von seinen Pferden aufgefressen wurde, der findet bei Palaipathos, dem 'Altes Erzählenden', ungewöhnliche und bisweilen erheiternd-spekulative Antworten.

Als sogenannter Rationalist unter den Mythendeutern ist Palaipathos angetreten, den sachlichen Kern des Mythos, dessen tatsächliche – alltägliche – „Wirklichkeit“ ans Licht zu bringen. Wie seine vermeintlichen Gegner, die Mythengläubigen, nimmt Palaipathos die Geschichten und Überlieferungen seiner Zeit so ernst, dass er mit philologisch-akribischem Elan ein Deutungsmuster zu entwerfen versucht. Er betreibt Text-Exegese – nur von einem etwas anderen Standpunkt aus.

Bei Palaipathos und seiner Weltsicht des Mythos ist die Welt nicht voll von Geheimnissen und göttlich gewollten Unwägbarkeiten. Es herrscht vielmehr der blanke Augenschein vor. Es geht um die Dinge, die man sieht – nicht mehr und nicht weniger. So wurde etwa Diomedes Palaipathos zufolge nicht wie bislang angenommen von seinen Pferden in gefressen, sondern diese fraßen ihm vielmehr mit der Zeit die Haare vom Kopf, so dass er wohl vor Armut starb. Demselben Phänomen erlag nach Palaipathos' Ansicht auch Aktaion, der demnach nicht von seinen Hunden zerfleischt wurde, weil er – versehentlich – Artemis beim Baden erblickte, sondern auch diese Vierbeiner ließen ihn im Laufe der Zeit einfach verarmen, nachdem ihn seine Jagdleidenschaft die täglichen Geschäfte – und damit vor allem seine Einkünfte – hatte vergessen lassen.

Palaipathos verfasste seine Schriften wohl im vierten Jahrhundert vor Christus. Sein Werk hatte ursprünglich fünf Bücher, von denen uns heute noch ein Buch mit Auszügen erhalten ist. Brodersen bietet dem Leser mit seinem Band eine zweisprachige Ausgabe in Alt-Griechisch und Deutsch an. Ob man die Vorgehensweise des Palaipathos nun gutheißen mag oder nicht, unterhaltsam ist sein Gang durch die Welt der griechischen Mythen allemal – und zudem sehr informativ. Wie so viele Mythographen und Dichter – man denke etwa an Apollodor und Homer – gestaltet Palaipathos den Mythos letzten Endes auf seine Weise um, wodurch dieser eben nicht rationalisiert und damit aufgelöst wird, sondern schlicht in neuem Gewand erscheint. Das Anders-Erzählen des Mythos hat nicht das Verschwinden des Mythos zur Folge – „Aufklärung schlägt in Mythologie zurück“, wie es in der „Dialektik der Aufklärung“ von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno heißt.

So ist die Lektüre von Brodersens Band insgesamt ein heiteres Lese-Vergnügen, dass von beiden Seiten – Mythos und Aufklärung – mit Humor betrachtet werden kann.

geschrieben am 15.10.2007 | 395 Wörter | 2292 Zeichen

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